Mary Daisy Dinkle ist ein einsames Mädchen aus Melbourne. Ihre Mutter ist Alkoholikerin und stiehlt, ihr Vater hat Besseres zu tun, als sich um die Tochter zu kümmern. Sie wird gemobbt in der Schule und ihr einziger Freund ist ein abgetakelter Hahn, der irgendwann von einem Laster gefallen ist. Sie sammelt Noblets, Figuren aus ihrer Lieblingsserie, aber nur nachgemachte, da sie sich die echten nicht leisten kann. Sie glaubt, dass Kinder aus Biergläsern kommen und möchte wissen, ob das überall auf der Welt so ist. Also schnappt sie sich ein Telefonbuch von New York und sucht willkürlich jemanden aus, dem sie einen Brief schreibt, um nachzufragen. So lernt Mary Max Jerry Horowitz kennen, einen Sozialphobiker mit zahlreichen Neurosen, der einsam in seiner Wohnung sitzt und isst. Eine unglaubliche Freundschaft entsteht.
In Knetanimation und tristen Farben beginnt eine skurrile, traurige Geschichte. Zwei Außenseiter schreiben sich Briefe. Klingt langweilig, ist es aber nicht. Nachdem Marys Lieblingsfarben Grau und Braun sind, sind ihre Szenen in diesen Farben gehalten. Max hingegen ist schwarz weiß, trist, trostlos, farblos. Er ist alleine, depressiv und als Marys Briefe eintrudeln, kommt zwar Farbe in sein Leben – dargestellt durch eine rote Bommel -, aber gleichzeitig werden dadurch auch immense psychische Probleme bei Max ausgelöst, die ihn schließlich in eine Klinik bringen. Auch wenn es immer wieder kleine, schwarzhumorige und unfreiwillig komische Szenen gibt, ist die Grundstimmung traurig. Später erfährt man, dass Max das Asperger-Syndrom hat und Mary möchte alles daran setzen, ihn zu heilen. Sie wird erfolgreiche Psychologin und während der Zuschauer denkt, dass nun alles gut wird, kommt der nächste Schlag, denn Max ist wütend, dass Mary ihn als Fallstudie in einem ihrer Bücher verwendet hat und bricht mit ihr. Mary wird daraufhin depressiv und zum Ebenbild ihrer Mutter.
Immer wieder kommen kurze Zitate und Sinnsprüche, die jeder auf sein Leben anwenden kann, und die den Zuschauer zum Nachdenken bringen. So sagt der Psychiater von Max einmal zu ihm: „Freundschaft erkennt man mit dem Herzen, nicht mit den Augen.“ Neben dem Filmvergnügen, kann man für sich selbst aus dem Animationsfilm viel ziehen. Es wird deutlich, worauf es ankommt im Leben, und das ist nicht das Geld, das beide nicht haben, und nicht der Erfolg, der schwindet, als die Depressionen die Oberhand gewinnen. Es sind Freunde, die man nicht zwingend jeden Tag sehen muss, die auch weit entfernt sein können, die aber da sind. Es ist Aufmerksamkeit, die man bekommt, kleine Gesten, Zuhören, das wohl Wichtigste.
Mary & Max wurde hochkarätig besetzt. Unter den Sprechern befinden sich Toni Collette, Philip Seymore Hoffman, Eric Bana und Barry Humphries. Dass der Film erst ab 12 Jahren ist, ist absolut gerechtfertigt, denn es ist kein lustiger Knetanimationsfilm, sondern ein Film für Erwachsene mit der Erinnerung daran, sich viel mehr auf das Wesentliche zu besinnen. Und am Ende geht es darum, glücklich zu sterben.
5/5
—
Mary & Max – oder: Schrumpfen Schafe, wenn es regnet?
Australien, 2009
Regie: Adam Elliot
FSK: 12 Jahre
Animationsfilm
Sprecher: Toni Colette, Philip Seymore Hoffman, Eric Bana, Barry Humphries u.a.
