Portrait: The Byrds (2) – Ein Flug durch die Zeit – High Altitude


Teil 1 – Lift Off

Im Oktober 1967 gab es erneut Stress bei den Byrds. Der Konflikt zwischen David Crosby und den anderen Byrds brach beim Monterey Pop Festival im Juni 1967 wieder auf. Nicht genug, dass Crosby auch zusammen mit Buffalo Springfield auftrat, nein er übertrieb nach Ansicht vieler auch mit seinen Kommentaren zwischen den Songs. Im Mojo Navigator Rock’n’Roll News stand zu lesen: „Die Byrds habe ich auch schon besser gehört. Crosbys Kommentare und Selbstgespräche über Drogen und die Tatsache, dass auch Paul McCartney welche nimmt, oder seine Ausführungen über die Ermordung Kennedys klangen wie die üblichen Deklamationen junger Studenten. Auch der Aufkleber STP auf seiner Gitarre war nicht ideal.“ Der Kommentar zum Warren Report gehörte zur Standard-Einleitung zu „He Was A Friend Of Mine“, aber Monterey und einige andere Ereignisse häuften sich. Crosby gab nun bei Live-Auftritten immer häufiger politische Kommentare ab und blieb den Aufnahmen für einige Songs der nächsten LP The Notorious Byrd Brothers mehrere Male fern, da er dagegen war, Pop-Liedchen wie „Going Back“ aufzunehmen. Er selbst tendierte mehr zu problematischen Themen wie in seiner eigenen Komposition „Triad“ oder zu mehr fernöstlich angehauchter Musik mit Sitar-Klängen. McGuinn und Hillman waren da anderer Ansicht – wenngleich sie mit David Hemmings ins Studio gingen und eine LP aufnahmen, die den fernöstlichen Kompositionen Crosbys in nichts nachstand, die Songs waren teilweise recht lang, und so kam es immer häufiger zu Auseinandersetzungen. Das führte am Ende dazu, dass McGuinn und Hillman beschlossen, David Crosby abzufinden und ohne ihn weiterzumachen. Crosby investierte die Abfindung in eine große Segel-Yacht, mit der er zunächst auf einen mehrwöchigen Segel-Trip ging. Später tauchte er dann mit Crosby, Stills & Nash wieder auf… Das ist aber eine eigene Geschichte.

Jim McGuinn, Chris Hillman und Michael Clarke stellten die LP The Notorious Byrd Brothers mit Studiomusikern fertig. Auf dem Cover vermuteten einige Kritiker einen Seitenhieb auf Crosby zu entdecken, denn aus den vier Fenstern eines Hauses schaut neben McGuinn, Hillman und Clarke ein Pferd. Das Pferd sollte – so die Kritiker – andeuten, dass Crosby wegen seines Dickkopfes auch durch ein Pferd habe ersetzt werden können…

Man konnte meinen, dass nun Ruhe in die Reihen der Rest-Byrds einkehre, aber noch war das nicht der Fall. Zunächst kam Gene Clark für einen Monat zurück, aber seine Angst vor dem Fliegen hatte sich noch nicht gelegt, so dass er den Byrds erneut den Rücken kehrte. Schließlich zog sich auch Michael Clarke nach Hawaii zurück, so dass von den Ur-Byrds nur noch Roger (er hatte sich inzwischen von Jim in Roger umbenannt) McGuinn und Chris Hillman übrigblieben. Die Gruppe benötigte nun dringend frisches Blut. Den Stuhl hinter dem Schlagzeug nahm nach kurzer Zeit Kevin Kelley ein, ein Vetter von Chris Hillman. Er hatte zuvor bei Taj Mahals Rising Sons getrommelt. Für Live-Auftritte brauchten die Byrds aber noch wenigstens einen zusätzlichen Musiker. Der jetzt gesucht wurde.

FLYING CROSS-COUNTRY
1968 antwortete Gram Parsons, dessen Erfolg mit seiner International Submarine Band nicht das war, was er sich erhofft hatte, auf eine Anzeige in einem Musikmagazin, wonach eine bekannte Rock-Gruppe einen Gitarristen, Pianisten und Sänger suchte. Er bewarb sich und bekam den Job. Die bekannte Rock-Gruppe war natürlich die Byrds. Ganz so märchenhaft war das Zusammentreffen der Byrds mit Gram Parsons aber nicht. McGuinn, Hillman und Parsons hatten sich während der turbulenten Zeit der Aufnahmen zu The Notorious Byrd Brothers kennengelernt. McGuinn gefiel der Name Flying Burrito Brothers, die Band in der Gram Parsons und lan Dunlop spielten, so gut, dass er ihn als Titel der LP übernehmen wollte. Dunlop fand das aber nicht so gut, so änderten McGuinn und Hillman den Namen zu The Notorious Byrd Brothers.

Eine weitere Verbindung zwischen Parsons und den Byrds gab es durch den Manager von Peter Fonda. Gram Parson: „Ich hatte Kontakt zu dem gleichen Manager wie die Byrds durch einen Song, den ich für eine Single von Peter Fonda geschrieben hatte.“ (Fonda nahm eine Single mit Parsons‘ Song „November Night“ auf der A-Seite und einen Donovan Song auf der B-Seite auf.) Nach wenigen Augenblicken schon verstanden sich Hillman und Parsons blendend, da sie den gleichen musikalischen Background hatten.

Kaum war Gram Parsons bei der Gruppe, als er Roger McGuinn und Chris Hillman überzeugen wollte, dass der Musikstil der Zukunft eine Mischung aus Elementen der Countrymusik und der Rockmusik sei. Es wurde beschlossen, ein Album aufzunehmen, dass diese Entwicklung der Musik widerspiegeln sollte. Dieses Album sollte bei der Folk-/Bluegrass-Musik beginnen, dann die Entstehung der Rockmusik vom Rockabilly bis hin zum Rock’n’Roll aufzeigen. Als weitere Entwicklungsstufen waren Folk-Rock, Raga-Rock (eine weitere Entwicklung der Byrds) und schließlich Country-Rock (Gram Parsons‚ Idee einer kosmischen, amerikanischen Musik) geplant.

Den Abschluss des als ein Doppelalbum geplanten Werkes sollte Synthesizer-orientierte Musik sein, die Roger McGuinns große Vorliebe für dieses neuentdeckte elektronische Instrument widerspiegelte. Das Gesamtkonzept fand bei der Plattenfirma nur wenig Gegenliebe, und so wurde das ganze Projekt auf eine einzelne LP zusammengestrichen und die Byrds einigten sich auf den Country-Rock.

Die meisten der Country-Rock-Stücke wurden zunächst von Gram Parsons gesungen. Als seine ehemalige Plattenfirma, mit der er nach wie vor einen Vertrag besaß, davon erfuhr, erhob sie Einspruch gegen das Plattenprojekt der Byrds. Um trotzdem eine Langspielplatte veröffentlichen zu können, mussten einige Songs neu eingespielt, beziehungsweise neu bearbeitet werden. Die Gesangsparts bei den meisten Stücken übernahmen nun Roger McGuinn und Chris Hillman, lediglich „Hickory Wind“ gelangte in der ursprünglichen Version auf die LP Sweetheart Of The Rodeo. Bei drei Songs “The Christian Life“, „You Don’t Miss Your Water“, und „One Hundred Years from Now“ wurde Gram Parsons Stimme aus dem Mix entfernt. Die Masteraufnahmen der drei Songs, bei denen der Originalgesang von Parsons wiederhergestellt wurde, wurden schließlich 1990 als Teil der The Byrds-Box veröffentlicht. Dieselben Masteraufnahmen mit Parsons‘ Hauptgesang waren auch als Bonustracks auf CD eins der Legacy Edition von Sweetheart of the Rodeo aus dem Jahr 2003 enthalten.

Die veröffentlichte LP war nach Aussage nahezu aller beteiligten Musiker nicht so gut wie die Originalaufnahmen. Kommerziell war die LP ein Flop. Bei Live-Auftritten zeigte sich aber, dass den Byrds mit dieser neuen Musik-Fusion erneut ein großer Streich gelungen war. Nach den Aufnahmen von Sweetheart Of The Rodeo beschlossen die Byrds, Nägel mit Köpfen zu machen und 100% Countrymusik zu spielen. Sie besaßen den Ehrgeiz, in der Grand Ole Opry in Nashville aufzutreten. Sie hielten es daher für besser, einen Pedal-Steel Gitarristen einzustellen.
Dies geschah im April 1968. Die Wahl fiel verständlicherweise zunächst auf einen der beiden Pedal Steel Player, die an den Aufnahmen der LP mitgewirkt hatten, auf JayDee Maness. Maness war aber ein gefragter Session-Musiker und so konnte er nicht lange mit den Jungs auf Tournee gehen. Aus diesem Grund kam er auch nicht mit den Byrds auf die Europa-Tournee im Mai 1968. Auf dieser Tournee verstärkte sich die Gruppe durch Douglas Dillard, der sich nach seiner Rückkehr in die USA mit Gene Clark zusammenschloss zu Dillard & Clark. In London schrieben Gram Parsons und Roger McGuinn gemeinsam einen Song über ihre negativen Erfahrungen mit den DJ’s in Nashville: „Drug Store Truck Driving Man“. Den Song wollten die Byrds nach ihrer Rückkehr in die USA für das nächste Album aufnehmen. Als die Gruppe dann wieder in den Staaten war, verfolgten Roger McGuinn, Chris Hillman und Gram Parsons zunächst ihre Idee, einen Pedal Steel Gitarristen als permanenten Gast-Musiker in die Gruppe aufzunehmen. Ihre Wahl fiel auf den noch gänzlich unbekannten lokalen Musiker Peter Kleinow aus Los Angeles. „Sneaky“ Pete Kleinow bestätigte in einem Gespräch mit J.P. Morisset, dass er für sechs Auftritte mit den Byrds gespielt hatte.

TURBULENCES AHEAD
Für den Juli 1968 waren noch Auftritte in Südafrika geplant. Beim Abflug nach London war die Stimmung in der Band noch ausgezeichnet. Doch die Harmonie in der Gruppe trübte sich schon bald. Die Tournee sollte nach Südafrika noch fortgesetzt werden, jedoch am Vorabend des geplanten Abfluges nach Südafrika gibt Gram Parsons seine schockierende Entscheidung bekannt, die Byrds wegen dieser Südafrika-Tournee zu verlassen. (Parsons Entscheidung gegen den Südafrika Trip war weniger der „Political Correctness“ zuzuschreiben, sondern eher der Tatsache, dass er in London mit den Rolling Stones abhing und Keith Richards Gram nach Südfrankreich in seine Villa Nell Cóte eingeladen hatte.) Ratlosigkeit machte sich breit. McGuinn und Hillman überlegten, die Band komplett aufzulösen. Aus finanziellen Gründen beschlossen sie dann, die Südafrika-Tournee doch noch durchzuführen. Da es unmöglich war, Gram Parsons so kurzfristig durch einen anderen Musiker zu ersetzen, sprang der Roadie Carlos Bernal für ihn ein. Die Auftritte waren ein einziges Fiasko, und auch finanziell war der Trip ein riesiges Desaster.

NEW FLYTE PLAN
Nach dem Ende der Südafrika-Katastrophe begann der allmähliche Neuaufbau der Byrds. Für Carlos Bernal kam nun der „Wonder-Boy-Gitarrist“ Clarence White, der schon bei einigen Studiosessions der Gruppe mitgespielt hatte, zu den Byrds. Als dann Kevin Kelley nur wenige Wochen später die Band verließ, schlug Clarence White Gene Parsons als Nachfolger vor. Clarence White und Gene Parsons hatten gemeinsam mit Gib Guilbeau und Wayne Moore die Country-Rock Gruppe Nashville West gegründet. Die beiden neuen Byrds brachten aber noch nicht die gewünschte Ruhe in die Gruppe. Im Oktober des Jahres beschloss Chris Hillman, den Byrds den Rücken zu kehren und mit Gram Parsons und „Sneaky“ Pete Kleinow die Flying Burrito Brothers wieder aufleben zu lassen. Für Chris Hillman kam John York und mit ihm ein produktives, von personeller Harmonie gezeichnetes Jahr. Es wurden zwei Alben eingespielt – Dr. Byrds And Mr. Hyde und Ballad Of Easy Rider – und insbesondere mit der zweiten LP begann der Wiederaufstieg der Byrds.

Vielleicht sollte man den Beginn dieses Wiederaufstiegs mit den Worten von Roger McGuinn so schildern: „Mich fragte einmal ein Freund, ob ich nicht einen Song schreiben wolle, für einen Film den er gerade drehte. Ich sagte ihm zu und so entstand dieser Song.“ Der Song, den McGuinn heute noch mit den oben genannten Worten ansagt, war „The Ballad Of Easy Rider“. Mit dem Film und dem darin gespielten Song erstanden die Byrds wie ein Phoenix aus der Asche. John York war zwar immer ein großer Anhänger der Band gewesen, konnte sich aber nicht so richtig in der Rolle eines Byrds-Mitgliedes zurechtfinden. Er zog daraus seine Konsequenzen und verließ die Gruppe Ende September 1969.

CRUISING ALTITUDE
Ein Nachfolger fand sich schnell in der Person von Clyde „Skip“ Battin, der seine Gruppe Evergreen Bluesshoes auflöste, um sich den Byrds anschließen zu können. Mit Skip Battin kam endlich Ruhe in die Besetzung und damit auch der verdiente Erfolg. Seinen Einstand auf Vinyl gab Skip Battin auf einer der besten Veröffentlichungen der Byrds überhaupt, auf dem Doppel-Album Untitled, welches 1970 veröffentlicht wurde und eine Live- und eine Studio-LP enthielt.

Es zeigte sich, dass die Byrds nun eine der musikalisch vielseitigsten Bands waren. Bluegrass, Folk-Rock, Country-Rock, Country, Hardrock, Psychedelic-Rock, Rock’n’Roll, jazzorientierte Improvisationen – all dies fand sich im Repertoire der Gruppe wieder. Instrumental veranstalteten die vier ein wahres Feuerwerk. McGuinn spielte Gitarre und gelegentlich seinen Synthesizer, Clarence White überzeugte durch sein Spiel auf der akustischen ebenso wie auf der elektrischen Gitarre, nennenswert auch sein mit Gene Parsons entwickelter B-Bender-Mechanismus, mit der man die H-Saite der E-Gitarre um bis zu einem ganzen Ton erhöhen konnte und sich wie eine Pedal Steel Gitarre anhörte, daneben griff er auch öfter zur Mandoline. Gene Parsons war der Multiinstrumentalist, denn er spielte nicht nur Schlagzeug, sondern er war auch am Bass, an der Gitarre, am Banjo, an der Pedal Steel Gitarre und an der Mundharmonika zu hören. Skip Battin schließlich spielte neben dem Bass auch Klavier. Gesanglich standen die neuen Byrds den Originalen in nichts nach, da alle vier Musiker auch als Sänger zu überzeugen wussten. Diese Formation war das langlebigste Byrds Line-Up (von Oktober 1969 bis September 1972) und die Byrds unternahmen in der Zeit ihres Zusammenspiels ausgedehnte Welttourneen und nahmen 1971 zwei weitere LPs namens Byrdmaniax und Farther Along auf.

Teil 3 – Crash Landing

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