Die Story um eine der einflussreichsten Garagen-Punk Bands aus den Vereinigten Staaten beginnt Anfang/Mitte der 60er im Westen der USA, genauer gesagt in Portland/Oregon. Der Schüler Greg Sage, noch ohne musikalische Kenntnisse eines Instrumentes hatte das große Glück, über eine eigene professionelle Schallplattenschneidemaschine zu verfügen, da sein Vater in der Rundfunkbranche tätig war. Er hat für Freunde in der Schule Schallplatten geschnitten, die Materie des Prinzips und der Technik des Plattenmachens autodidaktisch zu Hause studiert. Stunden über Stunden verbrachte der junge Sage an seiner Maschine und betrachtete die Rillen und Flanken im Vinyl durch sein Mikroskop. Mitte der 60er Jahre brach dann Jimi Hendrix über die Welt herein. Inspiriert von Hendrix lernte Greg Sage bald ein Instrument und wählte den Bass, da die Bassmodulationen grössere Rillen in den Schallplatten erzeugten. Bässe waren in diesen Tagen teuer und schwer zu finden, so daß Sage zur Gitarre wechselte. Zur gleichen Zeit zupfte der junge Dave Koupal gegen Ende der 60er Jahre die vier dicken Saiten in der Band The Phantoms. Beat war vorbei, Hard-Rock gab es noch nicht und die Flower-Power-Kids trugen ihre Blumen im Haar erst später nach San Francisco. Angestaute Wut und Agression entlud sich musikalisch im ungezügelten Garagenrock, und The Phantoms waren eine der vielen jungen Bands die dieses Feld abdeckten. Einige Musiker der Gruppe begleiteten den amerikanischen Wrestler Beauregarde als Backing Band seines (einzigen) Albums welches 1971 auf dem lokalen Independent Label F-Empire erschien. Bei diesen Sessions traf der Bassist Koupal das erste Mal auf den 17-jährigen Greg Sage der die Gitarre spielte. Sie freundeten sich an und die nächsten Jahre hörte man nicht viel von den beiden. Sie beschränkten sich auf die einheimische Szene. Der ganze Kommerz der Branche ging Sage gehörig gegen den Strich. Er war der Meinung, dass Musik für den Hörer etwas Persönliches und keine Ware sei. Im Zuge der aufkeimenden Punkszene formierten sich die beiden Freunde Sage und Koupal 1977 als Wipers. Der Dritte im Bunde war Schlagzeuger Sam Henry. Der Name Wipers wurde von einem Job inspiriert, den Greg Sage als Fensterputzer in einem Kino übernommen hatte. Sage wollte die kristallklare Transparenz des Glases mit seiner Musik nachahmen. Als Konzept schwebte ihnen ein reines Recording-Projekt vor, welches vorsah, in den nächsten zehn Jahren 15 Platten einzuspielen und komplett auf Promotion oder Live Konzerte zu verzichten. Sage glaubte, dass der Zustand, der aus dem Fehlen des Spielens von traditioneller Musik entsteht, dazu führen würde, dass die Leute ihre Aufnahmen viel intensiver anhören und sich dabei nur auf ihre Vorstellungskraft verlassen. Er dachte allen Ernstes, er könnte Konzerte, Bilder, Presse und Interviews vermeiden. Plattenverträge waren damals schwer zu bekommen also gründete Greg Sage mit Trap Records sein eigenes Label. Mit einer Auflage von circa 50 – 60 Stück brachten die Wipers gegen Ende 1978 ihre erste Single „Better Off Dead“ auf dem Trap Label heraus. Gleichzeitig überredete er seine Freunde aus der lokalen Punk-Szene in Portland, ihre Platten auf seinem Trap-Label heraus zu bringen. Die Bands Sado-Nation, Stiphnoyds und die Neo-Boys veröffentlichten auf Trap ihre Scheiben. 1980 brachte Sage das Compilation-Album ‚10-29-79‚ mit Aufnahmen aus deren LPs heraus. Mit Songs von den Bands Lo Tek, Smegma, Rubbers, Cleavers, den Bop Zombies und seinen Wipers bereitete er das Fundament für die Punk-Szene aus Portland auf Platte. Mit dem ersten Erfolg wuchsen auch die Ansprüche in Richtung auf ein komplettes Album. Da Trap Records dafür zu klein war, erschien das Debut Album ‚Is This Real?‘ 1980 auf dem Park Avenue Label. Mit „Return of the Rat“ als Startnummer bliess ein krachiger Punk Sound den Hörern auch sofort das Schmalz aus den Ohren. Das komplette Album besticht durch eine einfache ungezügelte und direkte Roheit. Nicht nur bei den reinen Punk Songs sondern auch auch bei den etwas langsameren Liedern die sich aber urplötzlich wieder in eine Lärmorgie verwandeln konnten. Den Mix erledigte Greg Sage selbst. Herausragend war immer der Sound von Gregs Gitarre auf dem Grundgerüst von Bass und Drums. Das Label schob dem Album direkt die EP ‚Alien Boy‚ hinterher – ohne sich das Einverständnis der Band zu holen. Schlagwerker Sam Henry verliess die Wipers direkt nach dem Erstling und schloß sich noch 1981 der Gruppe The Rats zu derem zweiten Album ‚Intermitted Signals‚ und der Gruppe Napalm Beach an. Sage produzierte deren erste Aufnahmen, half ihnen bei derer Karriere, brachte zwei Cassetten raus und produzierte ihr erstes Album ‚Rock & Roll Hell‚ auf Trap. Eine fertig produzierte EP ist nie erschienen. Das Wipers-Debut kam an, und durch den ursprünglichen Gedanken von 15 Platten in einer Dekade im Zugzwang stand knapp ein Jahr später auch schon der LP-Nachfolger ‚Youth of America‚ in den Regalen der Händler. Drummer Henry wurde durch Brad Naish ersetzt und auch Spezl Dave Koupal hatte andere Pläne. Er steuerte für ‚Youth Of America‚ lediglich nur ein paar Bassspuren zu einigen Songs bei, den Rest erledigte Neuzugang Brad Davidson. Koupal siedelte anschliessend nach Ohio um und spielte Jahre später unter anderem für Morgan Grace und seinem alten Bandkumpel Sam Henry. Die Besetzung Sage–Davidson–Naish blieb für die nächsten vier Jahre stabil, brachte 1983 mit ‚Over The Edge‚ auf Brain Eater Records ihr drittes Album raus und ging sogar 1984 auf Tour welche mitgeschnitten wurde und zunächst nur auf Musikcassette auf Trap Records veröffentlicht wurde. Aufnahmen für das Nachfolgealbum standen noch nicht an, so daß Sage einiges an bisher unveröffentlichtem Material welches nicht ganz so zu den Wipers passte auf seine erste Solo-LP ‚Straight Ahead‚ packte, die 1985 auf Enigma Records erschien. Im Zuge der Solo-LP veröffentlichten Enigma auch die Liveaufnahmen der Cassette auf Vinyl, allerdingt mit einem anderen Cover. Brad Naish verliess die Wipers im gleichen Jahr und wurde durch Steve Plouf ersetzt der bis auf weiteres der Fixpunkt neben Greg Sage im Wipers Universum wurde. Mittlerweile waren die Wipers bei Restless Records gelandet und brachten in Jahresfrist bis 1988 die Alben ‚Land Of The Lost‚, ‚Follow Blind‚ und ‚The Circle‚ heraus. Der Song „Let me know“ vom 1986er ‚Land Of The Lost‚ wurde im Film ‚Das Messer am Ufer‘ (River’s Edge) mit Keanu Reeves verwendet was die Platte zu einem mittlerweile gesuchten Sammlerstück macht. Eigentlich wollte Greg Sage mit ‚The Circle‚ einen Schlußpunkt unter die Wipers setzen. Ein Jahr in dem Steve Plouf durch Travis McNabb ersetzt wurde hielt er noch durch bis er 1989 endgültig Schluß mit seiner Band machte. Zwei Jahre später brachte Sage mit ‚Sacrifice (For Love)‚ sein zweites Soloalbum auf den Markt.
Gegen Ende der 80er brach die Grunge-Welle, ausgehend aus dem Westen der USA über die Welt herein. Eine ihrer Gallionsfiguren waren ohne Frage die Band Nirvana mit ihrem charismatischen Sänger und Gitarristen Kurt Cobain. Cobain berief sich in seiner Karriere immer wieder auf die Wipers als seinen größten musikalischen Einfluss. Auch für dessen Frau Frau Courtney Love mit ihrer Band Hole und weiteren Grunge- und Rock- Acts wie Mudhoney, den Melvins oder Dinosaur Jr. dienten die Wipers immer als Blaupause und Inspiration. Greg Sage war mittlerweile nach Phoenix in Arizona umgezogen wo er Zeno Records gründete, das Label mit er das musikalische Erbe der Wipers und anderer ehemaliger Weggefährten verwaltete. Sowohl Nirvana als auch einige andere Grungebands unterbreiteten Sage immer wieder Angebote deren Shows mit den Wipers zu eröffnen was Sage aber rigoros ablehnte – das Kapitel Wipers sei vorbei. Tribute-Veröffentlichungen mit Wipers Songs kamen von den Bands auf den Markt. Was niemand mehr glauben konnte passierte vier Jahre später. 1993 erstieg der totgeglaubte Phoenix mit dem Album ‚Silver Sail‚ wieder aus der Asche. Neben Sage war der reaktivierte Steve Plouf der einzige musikalische Begleiter. 1996 erschienen ‚The Herd‚ und 1999 ‚The Power In One‚ als letzte Studioalben der Wipers. Live traten die beiden auf ein Duo geschrumpften erst gar nicht mehr auf.
Greg Sage kümmert sich nur noch um Zeno Records. Im Jahr 2000 legte er den alten Trap-Sampler ‚10-29-79‚ auf Zeno Records unter dem neuen Namen ‚History of Portland Punk – Vol.1‚ mit ein paar zusätzlichen Songs der beteiligten Bands neu auf. Der Track „Jimmy Carter“ von den Stiphnoyds ist aber nur auf der alten Version enthalten. Sam Henry ist immer noch in Portland als aktiver Musiker unterwegs. Er begleitet beliebte Acts wie Pete Krebs, Morgan Grace oder Jimmy Boyer und spielt immer noch mit seinen Spezln von Napalm Beach, der Band, die er Anfang der 80er Jahre zusammen mit Chris Newman gründete. Steve Plouf betreibt in Portland einen Second Hand/Zeno Records-Laden mit dem sehr passenden Namen ‚Zeno Oddities‘. Über Dave Koupal ist leider nichts weiteres bekannt.
Alles in Allem ist festzustellen, das Greg Sage mit seinen Wipers eine Inspiration für eine ganze Musikrichtung war und ist. Mit dem Sound der Wipers können sich auch Musikfans anfreunden, die mit Punk nicht so viel am Hut haben. Während die Gitarren beim Punk durch die Songs schreddern, fräst sich der klare agressive Sound von Sage’s Gitarre durch die Gehörgänge wie eine laut rotierende Kreissäge durch weiches Holz. Die Namen Wipers und Greg Sage sind in der Allgemeinheit leider nicht so bekannt wie sie es verdient hätten. In ihrer Sparte aber geniessen sie zurecht einen ehrenvollen, legendären Ruf.
