CD: America – Harbor


America ist eine der Profi-Gruppen par excellence. Da sitzt selbstverständlich jeder Ton, jede dynamische Schattierung und jede Klangfarbe des oft eingesetzten Orchesters. Good Time Music, die man sich an allen Tagen zu Gemüte führen kann, vom Aufwachen bis zum Einschlafen, und Harbor fällt absolut niemals aus diesem Rahmen.

Perfekt arrangiert und voller schöner Melodien, die einem schon beim ersten Anhören wie Öl runtergehen und trotzdem so sparsam eingesetzt sind, dass auch noch der letzte Titel auf dem Album davon etwas abbekommt. Man muss schon den Hut ziehen. (Ich zumindest, vor so viel Konzept und Ausgewogenheit.) Was allerdings auch nicht weiter verwundert, denn außer den drei America-Members, Dan Peek, Dewey Bunnel und Gerry Beckley, die scheinbar aus einem riesigen Pool von musikalischen Ideen schöpfen, ist auch noch einer mit von der Partie, der ganz unzweifelhaft seine Finger tief in die Melodie-Suppe getaucht hat und diese fetten Brocken an die Oberfläche befördert hat. George Martin, Altmeister im Arrangieren und einst Produzent der Beatles.

Unüberhörbar geht’s auch gleich beim ersten Stück „God of the Sun“ los. Ein dream-away Song mit einem ausgewogenen Verhältnis von Sologesang, Harmoniestimmen und einem melodisch eingesetzten Synthesizer. Aufwachen tut man bei „Slow Down“, das von einer verzerrten Gitarre getragen, flott über die Runden hoppelt und mit einem obligaten „Brown Sugar“ Chorus versehen ist. „Don’t You Cry“ ist ein ruhiges Liebeslied mit schöner Melodie und einem stark von Violinen unterlegtem Refrain. „She’s Gone“ ist natürlich wieder rockig und erinnert durch die Backup Vocals sehr stark an vergangenen Beatles Tage. „Sarah“ wiederum ist ein langsames, vielleicht etwas schmalziges Liebeslied im alten Stil, mit allen Attributen versehen, wie triefende Geigen und jubilierende Klarinetten. Man träumt so langsam weg, müsste man nicht die Platte umdrehen, gleich weiter ins nächste Stück „Sergeant Darkness“. In dessen melodischem Gitarrensolo man sich so richtig räkeln kann. „Are You There“ ist ein Loszieher mit sprechgesangsartigen Vocals, die sich auflösen und in eine gebändigte, aggressive Melodie münden. Ich habe da allerdings immer an „Tin Man“ denken müssen. Danach geht’s medium weiter mit „These Brown Eyes“. Das orchestral abflippt und quasi nach einem schlichten Nachfolger sucht. Dem wird natürlich mit „Monster“ genüge getan. Nur mit akustischer Gitarre begleitet, glänzt es allein durch die Schönheit des Gesangs. Selbstverständlich können America auch Rock’n Roll spielen, was sie bei einem perfekt arrangierten „Hurricane“ unter Beweis stellen. Mein Lieblingsstück „Down To The Water“ kommt auch sehr rockig daher und ist mit sauberen Stimmen und gehörig singenden Gitarren ausgestattet. Vielleicht habt ihr es gemerkt, ich kann sie irgendwie nicht ganz ernst nehmen, die Americas. Diese Ausgewogenheit, dieser todsicher vorhersehbare Ablauf von langsamen und schnellen Stücken, diese leicht verdauliche Mischung von Orchester-Arrangements. All dies ist mir irgendwie zu schön und glatt gelungen, um noch große Messages rüberkommen zu lassen. Aber das ist Geschmacksache. Und zum Reinschlüpfen und Wohlfühlen ist Harbor schon recht gut geeignet.

4 / 5

America – Harbor (1977)
01 – God of the sun
02 – Slow down
03 – Don’t you cry
04 – She’s gone
05 – Political Poachers
06 – Sarah
07 – Sergeant Darkness
08 – Are you there
09 – These brown Eyes
10 – Monster
11 – Hurricane
12 – Down to the Water

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