


Die ursprüngliche Besetzung der Beach Boys bestand aus: Brian Wilson(geb. 20. Juni 1942), Carl Wilson(geb. 21. Dezember 1946), Dennis Wilson(geb. 4. Dezember 1944, Hawthorne, Kalifornien), Al Jardine (geb. 3. September 1942, Lima, Ohio) und Mike Love (geb. 15. März 1941, Baldwin Hills, Kalifornien). Als die oben Genannten – drei Brüder, ein Cousin und ein Schulfreund – 1961 eine lockere Gesangsgruppe gründeten, erschufen sie unbewusst eine der am längsten bestehenden, zwanghaft faszinierenden und zutiefst tragischen Sagas der populären Musik. Als Carl And The Passions, die Pendletones und Kenny And The Cadets probten sie und spielten auf Highschool-Hops, während der älteste Bruder Brian begann, sein Talent im Songwriting zu zeigen. Er war schon früh von Harmonie und Melodie besessen und hörte stundenlang Close-Harmony-Gruppen, insbesondere die Four Freshmen und die Hi-Lo’s. Einer seiner frühesten Songs, „Surfin‘“, geschrieben auf Anregung seines surfbegeisterten Bruders Dennis, wurde auf einem lokalen Label veröffentlicht und der thematische Name Beach Boys wurde übernommen. Der herrische Vater der Brüder, Murray Wilson, erkannte sofort ihr Potenzial und ernannte sich selbst zum Manager, Publizisten und Produzenten. Nach eigenen gescheiterten Versuchen in der Musikbranche begann er, seine unerfüllten Karrierewünsche durch seine Söhne auszuleben.



Durch Brians Bemühungen wurde ihr Song ein Lokaler Hit und erreichte in den Billboard Hot 100 Platz 75. Das führte zu einem Plattenvertrag mit Capitol Records im Sommer 1962. Die Arbeitsbelastung begann jedoch an Hauptsongwriter Brian zu zehren. Ihr Erfolg wuchs weiter; sie hatten binnen zwei Jahren zehn US-Hits und veröffentlichten acht Alben, sechs davon arrangiert und produziert von Brian Wilson. Da die Beatles Amerika dominierten, stellten sie die Beach Boys und besonders Brian vor eine Herausforderung, die ihn dazu brachte, mit ihnen zu konkurrieren. 1966 erreichten sie – laut UK-Musikpresse – die Nummer eins der Welt unter den Musikgruppen, und verwiesen die Beatles auf Platz zwei. Brian entwickelte sich rasant als Komponist, etwa mit Hits wie „I Get Around“, „California Girls“, „God Only Knows“ und hochwertigen Alben wie Summer Days (And Summer Nights!!) und The Beach Boys Today!. Besonders das Album Pet Sounds vom August 1966 wurde von Kritikern überschwänglich gefeiert, obwohl die Verkäufe enttäuschten. Brian war jedoch von Misserfolg niedergeschlagen. Nach zwei Nervenzusammenbrüchen sowie Konflikten mit dem Vater zog er sich aus Band-Auftritten zurück und wurde von Glen Campbell und anschließend Bruce Johnston vertreten. Trotz Turbulenzen erreichte die Band mit „Good Vibrations“ Ende 1966 ihren künstlerischen Höhepunkt und unternahm eine erfolgreiche Europatournee mit dem neuen Song „Heroes And Villains“ welcher von Van Dyke Parks getextet wurde.



Ab Mitte der 1960er Jahre war, alles in allem, keine gute Zeit für Brian Wilson und die Beach Boys. Der lauwarme Charterfolg von Pet Sounds im Jahr 1966 war ein herber Schlag für Wilsons Selbstvertrauen. Brian versuchte, mit dem nie offiziell veröffentlichten Smile-Projekt, einen Gegenangriff gegenüber den Beatles zu starten, doch dieses wurde zum „Albatros“ der Band. Ende 1967 wurde Smile, ihr sagenumwobenes Meisterwerk, offiziell auf Eis gelegt, während Sgt. Pepper’s das meistverkaufte Rockalbum der Geschichte wurde. Teile des Materials erschienen auf späteren Alben und Sammlungen bis 1971. Der Konflikt zwischen Brian Wilson und der Band begann sich zu verfestigen. Mike Love bevorzugte weiterhin perfekten Pop und warf Brian vor, sich zu sehr zu isolieren und zu viele Drogen zu nehmen. Seine psychische Gesundheit verschlechterte sich rapide; ein verwirrender Drogenschleier hatte sich über ihn gelegt, und es war um diese Zeit, dass seine paranoide Besessenheit von Phil Spector am fiebrigsten wurde. Er nannte Spector einen „Gedankengangster“, und er glaubte fest daran, dass Spector extreme Anstrengungen unternahm, ihn in seinem kreativen Schaffen zu stören. Viele glauben heute, Brian hätte sich ganz absondern und seine symphonischen Ideen allein verfolgen sollen. Die Boys erschienen nicht beim Monterey Pop Festival, aus Angst, ihre passenden Hemden und süßen Harmonien würden bei einem Publikum bekiffter Hippies, die Jimi Hendrix sehen wollten, nicht gut ankommen. Fairerweise ist es nicht schwer zu erkennen, wovor sie Angst hatten. Dies war eine Gruppe, die mit Four Freshmen-Platten aufgewachsen war, deren größte Hits von Surfen, Autos und Highschool-Mädchen handelten und deren Ruf entschieden un-groovy war. Sie hießen um Himmels willen – The Beach Boys. Selbst die kritische Bewunderung für Pet Sounds schien eine Ewigkeit her: In einem brutal vernichtenden Artikel nannte der Rolling Stone-Gründer Jann Wenner sie „nur ein prominentes Beispiel für eine Gruppe, die sich daran aufgehängt hat, die Beatles einzuholen“. Sie stiegen von einem NME-Popularitätspoll im Jahr 1966 zu einem hoffnungslos uncoolen Relikt im Jahr 1967 ab. Die Welt hatte sich weiterentwickelt. Der Rest der Sechzigerjahre verging damit, dass die Beach Boys auf der Stelle traten. Brian Wilson war für alle außer “Mary Jane” so gut wie unerreichbar, also veröffentlichte die Band in Abwesenheit von Smile ein paar Platzhalter-Alben: Smiley Smile, Wild Honey und Friends, die in seinem Haus aufgenommen wurden, einfach um seine Beteiligung zu zeigen, da er zu diesem Zeitpunkt kaum noch sein Bett verließ. Diese Alben waren im Vergleich zum bisherigen Erfolg komplette Misserfolge. In Europa blieben sie erfolgreich, z.B. mit „Do It Again“. Und dann gab es 20/20, das hauptsächlich aus Überresten eines Durcheinanders turbulenter Sessions bestand.



Verstreut auf diesen Alben finden sich Einblicke in das, was die Beach Boys hätten schaffen können, wenn sie nicht unter psychischen Erkrankungen gelitten, in Drogenmissbrauch versunken, inmitten gewalttätiger interner Politik und umgeben von dominierenden Plattenfirmenbossen gewesen wären. Solche Einblicke umfassen die psychedelischen Oszillationen des Titeltracks von Wild Honey; den nervösen, entrückten Hawaiian Pop von „Diamond Head“ aus Friends; oder die multi-harmony Schönheit von „Our Prayer“ aus 20/20. Es ist wie beim Goldwaschen – hier und da ein glänzendes Nugget, aber oft steckt man einfach bis zum Ellbogen in der Scheiße. Und während dieser ganzen Zeit zeigten die Boys ihr bemerkenswertes Talent, schreckliche Freunde zu wählen. 1968 hatte sich Frontmann Mike Love für die Transzendentale Meditation begeistert und beschlossen, dass das Beste für die Band wäre, mit Maharishi Mahesh Yogi im Schlepptau auf Tour zu gehen. Sie spielten ein Set, gefolgt von obskuren Vorträgen des Maharishi, die die spirituellen Vorteile von TM anpriesen (zu einem einmalig Tour-Discount hier sofort erhältlich!). Die Tour wurde organisiert, kurz nachdem die Beatles den Maharishi öffentlich denunziert hatten. Die resultierende Tour war wahrscheinlich die desaströseste in der Popgeschichte, wobei 19 von 24 Terminen abgesagt wurden, was Kosten von 250.000 Dollar verursachte, was fast zwei Millionen Dollar in heutigem Geld wären. Die Beach Boys waren beinahe ruiniert, schlimmer noch, sie waren zum Gespött geworden. Irgendwie wurde es vor dem Ende des Jahrzehnts noch schlimmer. 1969 öffnete Dennis Wilson sein Haus einer neuen Gruppe von Freunden, deren Interessen LSD, Gruppen-Sexrituale, bewaffneter Raubüberfall und Massenmord umfassten – so begann die Verstrickung der Beach Boys mit Charles Manson. Brian und Carl produzierten eine Reihe von Manson-Liedern, 20/20 enthielt „Never Learn Not To Love“, basierend auf Mansons Komposition „Cease To Exist“. Und durch Dennis traf Manson den Plattenproduzenten Terry Melcher, Sohn von Doris Day, der durch seine Weigerung, Mansons Lieder aufzunehmen, den Auslöser für die tragischen Tate-Morde lieferte. Sharon Tate wohnte in Melchers altem Haus, weshalb sie versehentlich zum Ziel der mörderischen Gelüste wurde. Die Beach Boys waren nun mit dem berüchtigtsten mörderischen Kult der modernen Geschichte verbunden. Einige ihrer nächsten Singles, „Bluebirds Over The Mountain“ und „Cottonfields“ waren Fremdkompositionen, was ihre Unzufriedenheit spiegelte. Währenddessen war Carl Wilson als faktischer Bandleader tätig. 1969 trennten sich die Beach Boys im Streit von Capitol, Es gab einen Rechtsstreit mit dem Label, der Bankrott der Band drohte; sie hatten Schwierigkeiten, eine neue Plattenfirma zu finden, der Vater der Wilsons verkaufte ihre Verlagsrechte für einen relativen Spottpreis, was die Moral der Söhne zerschmetterte, Brian entdeckte Kokain. So begannen die 1970er Jahre für das, was einst Amerikas größte Band gewesen war.



