Ein bisschen sparsam gucke ich schon, als ich das Theater betrete, denn der Raum wird allem Anschein nach tatsächlich als solches benutzt. Abfallende Klappsitzreihen, eine kleine, provisorisch anmutende Bühne und schummriges Licht begrüßen mich. Doch nach der ersten Überraschung nehme ich es mit Humor und suche mir einen Platz. Vor der Bühne ist eine freie Fläche, die wohl zum Tanzen genutzt werden soll, denn nach dem Konzert findet hier noch eine Wave-Party mit DJ Johnny statt. Dieser scheint auch schon da zu sein und aufzulegen. Eine Mischung aus Wave, tanzbarem Rock und normaler Discomusik, deren beste Jahre bereits vorbei sind. Nur langsam füllt sich der Raum und „füllen“ ist ein bisschen zu hoch gegriffen. Es sind rund 50 Leute mittleren Alters, man kennt sich, fast scheint es so, als hätten beide Bands ihre Freunde eingeladen, die natürlich gerne erscheinen. Voll wird es nicht und Konzertstimmung kommt auch nicht auf. Die Zeit schreitet voran und nichts passiert. Die Musiker stehen hier und da bei Bekannten und plaudern, die anwesenden Fotografen (fünf oder mehr?) kontrollieren noch einmal ihre Ausrüstung. Man wartet, nein, ich warte, die meisten anderen unterhalten sich.
Es ist unheimlich familiär und ich komme mir wie ein Fremdkörper vor, der nicht dazugehört. Langsam werde ich müde. Um 20 Uhr sollte die Veranstaltung beginnen, aber es passiert nichts. Die obligatorischen schwarzen Klamotten erinnern an eine Beerdigung, ebenso das erst verhaltene Lachen, die leisen Gespräche und dann immer weiter ansteigende gute Laune. Nein, ich bezweifle sehr stark, dass dieser Eindruck entstehen sollte.
Nach 35 Minuten, in denen nichts weiter passiert, wird das Schlagzeug angestrahlt – aber das hat nichts zu bedeuten. Ich setzte mir eine Frist bis 21 Uhr, dann werde ich gehen.
20:45 Uhr: „Wir legen los!“ Der Mann, der das sagt, entpuppt sich als Sänger von REIZSTROM, springt auf die Bühne, das Licht geht aus und eine im Hintergrund wird das Bandlogo an die Leinwand projiziert. Auch wenn es sich eigentlich um ein Duo handelt, scheint die Formation eher ein Ein-Mann-Projekt zu sein. ME steht im Vordergrund, mit dunkel umrandeten Augen singt er seine Texte ins Mikro. Hauptsächlich auf Deutsch leidet er, besingt Herzschmerz und Sehnsucht, aber auch andere Emotionen. Seine Stimme ist tief und recht gut, seine Performance wirkt mit der Zeit zu eintönig und langweilig. Er könnte sicherlich mehr, aber an diesem Abend zeigt er es nicht. Skip Intro, der für die Musik zuständig ist, bleibt im Hintergrund und wirkt eher wie der Techniker, der halt auch dabei ist.
Vielleicht liegt es am spärlichen Publikum, dass die Band nicht richtig aus sich rauskommt, vielleicht liegen ihnen Live-Auftritte nicht. Die Musik hingegen ist gut. Die hat ordentlich rein, ist hörbar, tanzbar – auch wenn kein Mensch es wagt – und definitiv auf jeder Wave-Party ein Muss. Reinhören lohnt sich, die Videos und CDs auch, live muss man REIZSTROM nicht unbedingt haben, auch wenn die beiden Musiker sehr sympathisch rüberkommen. Leider ist nach knapp 30 Minuten auch schon wieder alles vorbei, es gibt Applaus, die Bühne wird geräumt.
Irgendwie verwirrt mich dieser Abend. Hektisches Umbauen, es wird laut, das Publikum steht zusammen, trinkt, redet, lacht, geht zum Rauchen nach draußen.
Es dauert ziemlich lange, bis es weitergeht.
Mandra Gores Stimme ertönt, sie begrüßt die Anwesenden und powert gleich mit einem Song los, der ein Vorgeschmack auf das neue Album ist. Sie gibt alles für eine gute Show und steht eindeutig im Mittelpunkt. Zaghaft versucht sie, die Bühne zu erobern, aber sie nimmt diese dann doch nicht ein. Kollege Bergerac am Keyboard wird lange Zeit geradezu ignoriert. Der macht dafür sein eigenes Ding, schneidet hin und wieder Grimassen, konzentriert sich aber ansonsten auf sein Spiel. Es findet relativ wenig Interaktion statt. Zwar werden die Lieder angekündigt, aber das war’s dann auch. Die Backgroundsängerin geht zu Beginn komplett unter, irgendwann hört man sie dann doch leise. Die Technik macht an diesem Abend so einige Probleme, was sehr schade ist. Da steckt mehr in EYCROMON und auch wenn man Mandra trotz ausgefallenem Mikro hört, ist es eher enttäuschend. Die Musik ist gut, passt ebenfalls auf jede Wave-party und ist wirklich hörbar. Man merkt Mandras Gesangsausbildung und es macht große Freude, ihr beim Singen zuzuhören, wenn sie in die ganz hohen Tonlagen geht. Der Applaus ist gut, als nach 30 Minuten auch hier der Vorhang fällt, gibt es Zugabe-Rufe. Dreimal werden die Musiker zurück auf die Bühne gebeten und legen sich noch einmal voll ins Zeug.
Aber auch hier muss ich feststellen, dass EYCROMON keine Liveband ist. Die Musik ist gut, ta
nzbar, hörbar und auf jeder Party zu haben, aber der Funke beim Auftritt springt nicht so ganz über. Es mag dem mangelnden Publikum anzulasten sein, aber die Performance ist verhalten, fast schüchtern, es bleibt beim Versuch, der leider nicht überzeugen kann.
Fazit des Abends: Zu viel Nebel, zu wenig Publikum, zwei musikalisch sehr gute Bands, die live leider nicht zünden – zumindest nicht an diesem Abend.