Reise: Lille, Brighton & London – Tour de G Flip


„From Soho down to Brighton … I must’ve played ‚em all“

Nachdem wir schon im Februar in Manchester auf einem intimen Akustikauftritt von G Flip im lokalen HMV Store waren und total begeistert von der Livequalität, ekstatisch mit unser unterschriebenen Drummer LP heimgeflogen sind, war ein Besuch der Drummer-Tour im September natürlich Pflicht. Dadurch, dass sich diese auf UK beschränkte, mussten wir halt wieder auf die Insel. Wir ergatterten Karten für Brighton und einen Tag drauf in der Hauptstadt London und planten den Familientrip. Samstag machten wir uns auf den Weg quer durch Belgien in die nördlichste Großstadt Frankreichs, damit wir es am nächsten Tag nicht mehr so weit zur Fähre haben. Das stellte sich als tolle Entscheidung heraus, da Lille sehr viel Flair aufwies und man einen schönen Einblick in die lokale Ausgeh-Kultur erhielt. Die Restaurants, Cafés und Bars waren bis oben hin voll und es herrschte heitere Stimmung. Zusätzlich dazu war auch die Architektur ein echter Hingucker und auch das zentral, aber dennoch fern vom Trubel liegende, Moxy Hotel war von außen eine Augenweide. Nach herzhaften Crêpe in einer Creperie und französischen Rühreiern zum Frühstück ging es morgens weiter nach Calais mit dem Fazit – hier müssen wir noch einmal hin. Die Fahrt nach Dover fand unter blauem Himmel statt und war sehr schön so dass wir die ganze Zeit an Deck waren und aufs Meer schauten bis uns dann aus der Ferne die White Cliffs der Insel begrüßten. Drei Stunden später durch den Stau im Londoner Einzugsgebiet kamen wir im englischen Seebad Brighton an. 

Wir waren beide mit der Schule schon dort und haben auch schon Urlaube hier verbracht, weil es uns so toll gefällt. Mit seinem Pier hat die Stadt sehr viel Charme und ist zudem auch bekannt als Musik und Kulturhochburg. So hat eine Woche nach unserem Aufenthalt David Gilmour hier mit seiner Tochter einen Überraschungssauftritt bei einer Open-Mic-Night in einem Pub gespielt… naja man kann nicht alles haben.

Die englische Küche wird ja immer ein wenig belächelt und ist umstritten. Daher haben wir in Brighton einen Lieblingsitaliener mit herausragenden Pizzen und Pasta. Auch sechs Jahre nach unserem letzten Aufenthalt ist bei V.I.P Very Italian Pizza die Qualität top, sodass wir bei zwei Übernachtungen gleich drei mal dort waren. Besonders am ersten Abend und nach einem schönen Sonnenuntergang am Pier ein Hochgenuss. Am Montag den 02.09 ging es für mich den Berg hoch in ein cooles In-Viertel der Stadt mit bunten Häusern, Buchläden, Boutiquen, Restaurants und Cafés. Genau hier fühle ich mich wohl, denn hier sind auch immer Plattenläden ansässig und ich wurde direkt auch fündig und ging mit drei Platten aus den 60s,70s und 80s nach Hause oder besser gesagt in die Buchläden, wo man auch für einen schmalen Taler fündig wird. Von dieser Auswahl und auch den Preisen kann man in Deutschland nur träumen. Klassiker für 4£ Biografien 5£. Schnell weiter bevor man allzu sehr übertreibt. Abends gab es wieder sehr leckere Pasta und danach war es Zeit für die G Flip Night – Part One. 

Das Konzert fand in einer Disko unweit vom Pier statt und war restlos ausverkauft. Die ca. 1000 glücklichen Fans sahen für umgerechnet 28€ ein wahnsinnig intimes und intensives Konzert. G Flip spielt wie der Albumtitel verrät Drums, aber auch Gitarre und Keyboard. Der Sound von G Flip lässt sich als harter Poprock mit Punkelementen beschreiben und reißt einem von Sekunde Eins mit. Nach circa 40 Minuten Mercer Henderson, die ganz nett war und besonders durch die coole Gitarristin Rosie Botterill herausstach, gab es kurze Umbauarbeiten und dann wurden die Felle gehörig verprügelt. G Flip gibt alles und hat einen genialen Drumsound, der besonders in der kleinen Location sehr kräftig ist. Zudem sind auch Gimmicks wie bei „Rough“ vorne stehend auf einer Standtom den eingängigen hypnotischen Rhythmus reinzuballern sehr toll anzusehen. Auch ihre Stimme war zu 100% da und von tief bis ganz hoch war alles dabei, so dass man beim Anblick der Bauchmuskeln und der Bandana auch meinen könnte, man hätte den Axl Rose von 1987 wieder aus der Trickkiste hervorgeholt – sehr stark. Und nun zum absoluten Highlight. Wir standen genau mittig auf der Tanzfläche des Clubs, als auf einmal bei „Drink Too Much“ G Flip die Bühne verlässt und den Weg durchs Publikum macht. Genau zwischen uns Vieren blieb G Flip stehen und hat da performt. Wir schauten uns völlig fassungslos an. Es war einfach nur genial. Das schöne war auch niemand hat G Flip angepackt, sondern alle haben genug Abstand gelassen und trotzdem rundherum gefeiert. Generell war das englische Publikum bei beiden Gigs wirklich stark. Sehr textsicher und emotional. Abschließend wurde noch im Einzugsgebiet unseres Air-B’n’Bs ein Pub ausfindig gemacht und während eines frisch gezapften Guinness versucht zu verarbeiten was da gerade überhaupt passiert ist. 

Der nächste Morgen stand Glücksspiels auf dem Programm, und wir warfen auf dem Pier den Geldschiebern unsere 2 Pence Stücke in den Rachen. Wir wurden zwar keine Millionäre, hatten abergroßen Spaß und waren um vier Schlüsselanhänger reicher. Noch ein schnelle Pizza und dann ging es ab auf die Straße und in Richtung London. 

Dort angekommen nach einer Odyssee quer durch die Suburbs hatten wir ein traumhaftes Appartement in Islington unweit des Stadions von Arsenal London und dem bekannten Camden Market. Abends ging es wieder zu G Flip diesmal ganz raus in den Londoner Westen, der uns besonders gut gefällt, insbesondere Kensington. Wir mussten noch etwas weiter nach Shepherds Bush ins legendäre Shepherds Bush Empire in dem neben Charlie Chaplin auch schon die Rolling Stones, King Crimson und Oasis auftraten.

Die Location hat eine ganz besondere Atmosphäre als über 100 Jahre altes Theater mit drei Balkonen. Überall gibt es Stuck zu sehen. Die Wände sind rot und alles wirkt very British and sophisticated. Wir kamen auf dem ersten Balkon unter;  direkt oberhalb der VIP Sektion, wo sich im Laufe der Show auch die Vorband hinplatzierte, die wir ja schon am Vorabend gesehen haben. Mit 2000 Plätzen war die ganze Geschichte schon deutlich größer als das intime Konzert in Brighton, aber dennoch hatte der Auftritt genauso viel Flair, aber auf eine andere Art und Weise. Die Londoner sind besonders auf den Stehplätzen unten total abgegangen. Und es gab einmal in Anlehnung an Taylor Swift bestimmt zwei Minuten am Stück ohrenbetäubenden Applaus worauf hin G Flip in Tränen ausbrach – Emotion pur. G Flips Performance und die der Band war genauso genial wie in Brighton. Besonders der Drummer und Gitarrist Ben Ellingworth ist herausgestochen als absoluter Könner, egal ob Saiten oder Felle. Sehr beeindruckend die Energie. Aber auch die anderen Jungs waren top. Abermals sind wir nach dem Hit „Worst Person Alive“ nahezu schwebend nach Hause gefahren und waren total begeistert. 

Unser letzter Tag begann mit einem British Breakfast und einem Abstecher in Camden um dort dem bekannten Street Food zu frönen. Auch wenn Camden bei weitem kein Geheimtipp ist hat es hier besonders Charme spazieren zu gehen und zu schauen was es interessantes an den kleinen Ständen gibt. Zudem konnten wir auch beobachten, wie händisch die Schleusen für ein Hausboot geöffnet wurden; auch mal was Neues. Im Anschluss an unser Mittagessen nahmen wir die U-Bahn nach Knightsbridge zum Victoria and Albert Museum. Dort war passenderweise eine Taylor Swift Ausstellung. Da besonders Lov aber auch ich große Swifties sind, war das natürlich ein genialer Zufall. Dort war quer durch die normale Ausstellung eine Führung durch Taylor’s Äras anhand ihrer Bühnenkostüme und Coverkleider. Eine tolle Idee der Veranstalter, denn so hatte man neben der sehr gelungenen Swift Ausstellung auch die Möglichkeit einen Eindruck vom Museum gewinnen. Und wie in England gewohnt alles kostenlos! Einfach nur genial. Lucky us!

Nun stand etwas auf dem Tagesprogramm, was für mich zu jedem London Trip gehört – Soho. Der Mittelpunkt der späten 60er. Eine Kombination zwischen shabby-chic und Sex Shops gepaart mit Street Wear, Plattenläden, Pubs und Restaurants sowie diversen Musik Hotspots. Stussy, Palace und Supreme wurden abgearbeitet und Lov und ich haben das Cover von Oasis Klassiker What’s the Story (Morning Glory) auf der Brewer Street nachgestellt. Die auf dieser Straße ansässigen Plattenläden in London waren gegen die in Brighton jedoch leider enttäuschend. Kaum Erstpressungen und nur Kopien der Cover in Plastikhüllen, sodass das Flair nahezu nonexistent ist. Gut, dass ich trotzdem fündig geworden bin. Als krönenden Abschluss gab es Tacos auf Empfehlung (aus der Instagram Story, leider nicht privat) meines Snookeridols Stephen Hendry. El Pastor Tacos war ein kulinarischer Hochgenuss mit ausgewählten Belegen und tollen Geschmäckern. Das Ganze fand bei circa 100 Dezibel Gesprächslautstärke statt, und es war wirklich ein spannendes Erlebnis, in die Londoner After Work Welt einzutauchen. Nicht nur am grünen Tisch sondern auch am Esstisch ein absoluter Profi. 

Anders als The Whos Tommy haben wir nicht jede Pinball Machine von Soho bis Brighton gespielt, sondern von Brighton bis Soho einen traumhaften Trip erlebt mit kulinarischem und kulturellem Hochgenuss. 

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