myApollo – Sicherheit im Sozialen Netzwerk?


LogoHaben wir nicht schon genug Social Networks, genug Plattformen, auf denen wir uns auskotzen können, unser Leben ausbreiten, unsere Meinung sagen und Einkaufstipps weitergeben können? Reicht nicht die Flut an Empörung über den Datenklau, das Meer von Werbung und Spam, das Wissen um Wildfremde?

Ich bin jeden Tag auf Facebook. Was mich vor vielen Jahren, als ich mich angemeldet habe, abgestoßen hatte, habe ich mittlerweile sehr verinnerlicht und in meinen Tagesablauf integriert – und da sind ja auch noch die regelmäßigen Updates, die vieles verändert haben. Facebook gehört zu mir und wenn ich meine Chronik – ein Profil gibt es ja nicht mehr – betrachte, dann frage ich mich schon, wie das ein oder andere posten konnte. Plötzlich merke ich selbst, dass und wie sehr ich mich in den zehn Jahren verändert habe. Manche lösche ich und weiß gleichzeitig, dass es immer noch da ist und alle Welt es sehen kann. Die freudige Nachricht, dass ich Tante werde, brachte mir eine Flut an Werbung für Babyklamotten und Kinderwägen ein. Ich habe noch nie Stramplern gesucht, aber Facebook bietet mir gleich eine Auswahl an bunten Kleidungsstücken für die Kleinen.

Mittlerweile gibt es Leute, die ich noch nicht mal kenne und mit denen ich nicht befreundet bin, über die ich aber eine ganze Menge weiß. Wie die Katze heißt, wann das letzte Tattoo weggelasert wurde, wer der derzeitige Lover ist und warum die Freundin doch betrogen wird. Will ich das wissen? Die voyeuristische Seite in mir sagt ganz verstohlen „Ja!“, schweigt aber genauso schnell wieder, denn nein, eigentlich ist nicht einmal mehr diese Seite interessiert an den privaten Infos von unzähligen Personen. Wer weiß eigentlich Dinge von mir, die ich ungerne mit fremden Menschen teilen möchte?

Das ist doch der Punkt: Wer hat meine Daten und von wem weiß ich es – und von wem eben nicht? Wo schwirren meine Adresse, die Telefonnummern und meine Gewohnheiten herum? Was machen Firmen mit all den Daten, die ich ihnen nie gegeben habe, die ihnen aber dennoch vorliegen? Und woher kommt denn jetzt das Prospekt über Umstandskleidung im Briefkasten?

Mit Daten wird gehandelt. Ganz sichtbar und offen, genauso auch unsichtbar und versteckt. Jeder weiß es, alle beschweren sich, keiner tut etwas dagegen. Wenn es um das Thema Sicherheit geht, sagt die Generation nach mir: „Hä?“ Meine Generation und die Älteren, die ein Leben ohne Social Media und Internet erlebt haben, sind daran aber sehr stark interessiert.

Natürlich kann man ein bisschen was gegen tun. Nicht online einkaufen, keine Daten irgendwo weitergeben, nicht bei Facebook und Co angemeldet sein. Doch wer sich nun in Sicherheit wiegt, der irrt. Trotzdem sind die Daten bei Dritten angelangt. Das funktioniert übrigens auch ganz ohne Internet durch Strom- und TV-Anbieter zum Beispiel.

Ein junger Mann aus Kanada möchte etwas ändern. Er störte sich daran, dass er immer alles online stellen und kommentieren sollte, ohne zu wissen, was danach mit den Inhalten geschehen würde. Als Facebook-Verweigerer, der sich aber dennoch gerne mit Freunden austauschen und Inhalte teilen möchte, brauchte er eine Idee – und hat diese in die Tat umgesetzt.

Harvey Medcalf ist 27 Jahre alt und Gründer und CEO von Arroware Industries inc. Die Firma hat das erste Peer-to-peer Social Network entwickelt, das nicht mit Daten handelt. Musik, Video, Fotos und Co zu teilen, geht plötzlich ganz einfach und die Daten werden nicht auf den Servern des Anbieters gespeichert. Nicht mal die Anmeldeinformationen. Das wiederum wird den faulen User sehr schnell zur Verzweiflung treiben, denn wenn man myApollo startet und kurz etwas anderes macht, muss man sich wieder neu einloggen.

Hinter dem Namen steckt keine tolle Geschichte über griechische Gottheiten. Stattdessen kam er durch ein Brainstorming zustande und die schlichte Tatsache, dass dieser Name nicht geschützt war. Nun ist er es und myApollo kann man seit 3. März dieses Jahres als kostenlose APP für iOS und Android auf sein Smartphone laden. Noch fehlen einige Features, aber die Techniker arbeiten mit Hochdruck an einer deutschen Version, der Gruppierungs-Funktion und vielem mehr. Medcalf hat große Ziele und eine Vision: Social Media, Sicherheit und Privatsphäre unter einen Hut zu bringen. Mit myApollo scheint ihm das zu gelingen. Bereits nach einem Monat sind mehrere zehntausend User online und hochzufrieden mit Angebot des Kanadiers. Dabei ist auch das Feedback sehr wichtig und wird ernst genommen. Gibt es Kritik, passt etwas nicht? Kein Problem, wir kümmern uns! Das ist Service, den man von Facebook nicht kennt, aber Zuckerberg steckt mit seinem Projekt ja nun auch nicht mehr in den Kinderschuhen. Was nie passieren wird, so Medcalf, dass myApollo an Zuckerberg verkauft wird! Schauen wir mal, wie das in einigen Jahren aussieht, wenn myApollo gewachsen ist.

Beim Testen der APP vermisse ich schnell die Desktopversion, die aber in den kommenden Monaten verfügbar sein wird. Ansonsten muss man sich erst ein bisschen reinfinden und dann natürlich schauen, dass man seine Freunde ebenfalls zu myApollo bringt – sonst hat das Netzwerk ja keinen Sinn. Die fehlende Werbung ist eine absolute Erholung in Zeiten, in denen man in Reklame ertrinkt. Kostenlos wird die App dennoch bleiben – bis es dann eine kostengünstige Premiummitgliedschaft geben wird. Momentan finanziert man sich durch Sponsoren, sie großes Potential in der Idee sehen.

Ist da wirklich Potential drin oder ist es nur eine weitere Form, sich darzustellen und exhibitionistisch zu präsentieren? Ja und nein. Der Sicherheitsaspekt steht hier ganz klar im Mittelpunkt und macht myApollo wahnsinnig attraktiv, weshalb ich jedem nur raten kann, sich die APP zu holen und das Netzwerk auszuprobieren. Dabei muss man ein bisschen Geduld haben und nicht alles mit Facebook vergleichen. Es wird noch viel mehr Features geben, die nach und nach kommen werden – wartet auf sie, entdeckt sie! myApollo ist nicht Facebook, es ist rot, manches funktioniert anders, das Grundprinzip ist jedoch gleich. Schön ist auch, dass nicht jeder einfach irgendwas teilen kann, was er irgendwo gesehen hat. Man kann freischalten, was andere von meinen Inhalten teilen dürfen und was nicht. Unpraktisch ist, dass zu Beginn natürlich noch wenige Freunde das Netzwerk belagern und man erst ein bisschen warten muss, bis man den Freundeskreis von Facebook aufgebaut hat – andererseits hat man hier die große Chance, dem Begriff „Freund“ wieder seine alte Bedeutung zurückzugeben. Man muss wohl auf sich zukommen lassen, wie sich myApollo entwickelt, aber Potential ist da.

Und wie sagt Harvey Medcalf auf seiner Pressetour durch Europa in diesen Tagen? „WE use social media. It is NOT using us!“ Es wäre schön, wenn wir wieder an diesen Punkt kommen würden.

myApollo
 

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