Unzucht haben ihr zweites Album „Venus Luzifer“ veröffentlicht. Mit großer Spannung wurde es von den Fans erwartet, die auch alle brav begeistert sind von „ihrer“ Band. Aber kann die Dark Rock-Formation wirklich halten, was sie verspricht, und an das erste Album anknüpfen?
Bereits der erste Song zeigt, dass sich etwas verändert hat. Sind die Unzüchtigen nun erwachsen geworden, weg von dem stark elektro-lastigen Sound, von Schnelligkeit, einem einfachen, aber sehr effektiven Schlagzeug? „Wir sind das Feuer“ hat hymnenhafte Parts und wirkt im Vergleich zu alten Songs sehr langsam und ruhig. Dieser Eindruck zieht sich durch das gesamte Album. Die Unzucht ist ruhiger geworden, nur selten blitzen die wirklich schnellen und harten Elektro-Klänge auf, die ins Ohr gehen und wirklich richtig reinpressen. Es fehlt der tanzbare Discostil, der auch die EBMler hinterm Ofen hervorgeholt hatte. Natürlich gibt es das, was Unzucht „früher“ ausgemacht hat auch. Songs, die richtig mitziehen, in denen einem die Beats um die Ohren geschlagen werden. Dennoch fällt auf: Unzucht scheinen ruhiger geworden zu sein – ohne dabei ins Langweilige abzudriften. Wie immer war anscheinend der Songwriting-Prozess sehr intensiv, haben sich die beiden Daniels ihre Gedanken gemacht, um nicht nur triviale Texte hinzukotzen, sondern sich und ihre Meinung wirklich auszudrücken, Gefühle weiterzugeben und den Fans und der Welt zu sagen, um was es ihnen wirklich geht. Für einen ersten Eindruck reicht schon der Blick auf die Playlist. „Unendlich“, „Neugeboren“, „Nimm mich mit“ und „Mein Grab“ beispielsweise erzählen bereits eigene kleine Geschichte, ohne dass man sich die Lieder angehört hat.
Unzucht schaffen es, ihren Weg weiterzugehen, manches zu ändern, sich selbst stärker zu definieren, ohne sich dabei in eine einzige Schublade stecken zu lassen. Die Mischung aus den ruhigen Songs, den Balladen, den hymnenartigen Parts, den traurigen Texten und dem Wilden, teilweise fast schon Aggressiven macht es eben aus. Wer Unzucht nicht kennt, könnte sie kurzweilig in eine schnöde Pop-Richtung drängen, muss sich dann aber doch durch die kraftvollen Elektroschläge eines Besseren belehren lassen und erkennen: Unzucht sind einfach mehr, als nur eine Band mit einer Richtung.
„Venus Luzifer“ ist zumindest für mich ein Album, das man mehrfach hören muss. Nur so entdeckt man die Feinheiten, manche Eleganz und auch manche Heftigkeit in den einzelnen Stücken. Vor allem aber stellt man erst dann fest, ob einem das Album gefällt. Das erste Mal hören war für mich eher ein Entsetzen, warum Unzucht ihren eigentlichen Stil geändert haben und das Album hat mir nicht gefallen – auch so etwas muss man mal ganz deutlich sagen. Jedoch lege ich jedem ans Herz, durchzuhalten und noch mal reinzuhören, um Unzucht darin wiederzuerkennen. Gut trotz alledem: Die Band entwickelt sich weiter und bleibt nicht auf dem Stand des letztjährigen Debütalbums, zeigt also, dass sie nicht nur kritikfähig ist, sondern stark an sich und der Musik arbeitet, um den Fans ein neues, abwechslungsreiches Album zu bieten. Für dieses Werk muss man sich aber Zeit nehmen. Es ist keine CD, die man einfach als Hintergrundgeräusch in den Player packen sollte.
Wer Unzucht mit dem neuen Album „Venus Luzifer“ live erleben möchte, kann Anfang 2015 bei der Deutschlandtour dabei sein. Weitere Informationen dazu unter http://www.extratix.de oder auf der Facebookseite der Band.
Etwas fürs Auge hat das Quartett bereits im Vorfeld der Albumveröffentlichung präsentiert: Einen neuen Videoclip zur ersten Singleauskopplung „Unendlich„.
4/5
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Unzucht – Venus Luzifer
Nocut 2014
14,99 €