Was wurde unser deutscher Volksbarde Nummer Eins nicht angefeindet nach seinem 2013er Überraschungscoup Mit freundlichen Grüßen auf der Heinz Georg Kramm, namentlich bekannt unter Heino, deutsches Rock- und Popliedgut aus den Federn von Rammstein, Peter Fox, den Ärzten, Nena und Konsorten aufs frechste coverte. Die Schlagzeilen der einschlägigen Tageszeitungen waren tagelang belegt vom angeblichen Krieg zwischen Heino und den Urhebern. Dahinter steckte aber lediglich eine der genialsten Marketingstrategien der letzten Zeit. Zweck erfüllt und Ziel erreicht… Platz Eins der Charts war die logische Konsequenz. Geadelt wurde Heino dann, als ihn die Jungs von Rammstein beim weltgrößten Metalfestival Wacken zu Sonne mit auf die Bühne holten, und Heino von den Massen gefeiert wurde.
Wer jetzt allerdings vermutete, das wärs dann auch gewesen, der wurde vor Tagen von der Ankündigung in den gleichen Blättern überrascht, dass Heino jetzt gedenke, ein Metalalbum rauszubringen, auf dem er seine eigenen Schlagerhits in schwermetallischen Interpretationen aufs Neue unter die Leute zu bringen. Der erste Videoschnipsel von Schwarzbraun ist die Haselnuss machte einerseits Lust auf mehr, aber schon meldeten sich die üblichen Schwarzmaler, die vermeldeten, dass die Idee doch ausgelutscht sei.
Am 12. Dezember liegt nun der neueste Silberling im Player und dreht auf Dauerschleife. Dass die Scheibe gut sei, wäre jetzt das falsche Attribut. Schlecht trifft´s auch nicht so recht. Sie ist schlichtweg genial, gesetzt den Fall, der Hörer kann mit metallenen Klängen etwas anfangen, die sich unweigerlich ins Innenohr schrauben. War Mit freundlichen Grüßen der Punkt auf dem „I“, so setzt sein neuestes Werk das Ausrufezeichen dahinter: Das Motto „Jetzt erst recht“ trifft´s perfekt.
Los geht’s mit dem eigenwilligen Intro erst recht, welches dem geneigten Hörer sofort ein Grinsen ins Gesicht treibt, wenn sich Heino selber auf die Schippe nimmt, was ihm doch einfalle, sowas zu machen. Bei Schwarz blüht der Enzian meint man seine neuen Freunde Rammstein am Instrumentarium zu hören. Track drei, Ja, ja, die Katja, die hats ja fängt etwas verhalten mit einem Wolle Petry- oder Helene Fischer-Beat an, aber schon gleich klingen verzerrte Gitarren aus den Speakern und es passt sehr gut ins Gefüge. Ein Basssolo läutet den alten Faschings-Schunkler Rosamunde ein, von dem man eigentlichen glauben mochte, dass der sich nie covern lassen würde. Beim nächsten Intro zu Wir lagen vor Madagaskar hört man eindeutig das Riff von Rammsteins Links 2-3-4 raus und es würde keinen wundern, wenn Landers und Co. selber dahinter steckten. Jenseits des Tales war seinerzeit die Debutsingle von Heino und kommt im Heute im schönsten Indierockgewand daher. Schlager ja, aber genial umverpackt. Hört man die ersten Takte von Einer von uns so möchte man sofort den Text von Engel von eben wiederum Rammstein mitsingen, denn das Riff wurde eins zu eins übernommen, aber anstelle der himmlischen Flugwesen dreht sich der Song um den Kohlenpott. Ehrlich, geradeaus, erdig und heimatverbunden kommt das rüber. Die schwarze Barbara kennt mit Sicherheit jeder Deutsche über 50, aber diese Version trägt bestens dazu bei, um eine Brücke mit altem deutschen Liedgut und der jungen Generation von heute zu schlagen. Den alten Seemannskracher La Paloma braucht man weiter nicht groß vorstellen, den kennt man in zig Ausführungen, aber hier wird die neue deutsche Härte mit Santiano gekreuzt, was sich sehr genial anhört. Vor allem der Anfang würde sich bestens als Live-Intro eignen… Bamm Bamm, Bamm Bamm – und mit nach oben gereckter Faust schreien die Massen ein kraftvolles „Heeyyy“ zurück. Bei den ersten Sekunden von Komm in meinen Wigwam grüßt Marilyn Mansons Beautiful People aus den Boxen. Schwarzbraun ist die Haselnuss fängt lieblich mit Schlagergedudel an, aber schon nach ein paar Sekunden wird der Klang abgewürgt und ein Brett an satten Gitarrenriffs trifft die Trommelfelle. „Spielt U2´s The Edge jetzt bei Heino in der Band?“, meint man fast beim Hören der Gitarrenakkorde der nächsten genialen Version eines deutschen Volkslieds. Unser damaliger Bundespräsident Walter Scheel hatte 1974 damit seinen Hit, Heino eben heute – namentlich mit Hoch auf dem gelben Wagen. Dylanesk kommt die Vollversion des Eingangs-Intros Jetzt erst recht rüber. Textlich eine sensationelle Abrechnung mit den ganzen Spöttern aus deutschen Landen, hält Heino der kompletten Nation den Spiegel vor. „Am Anfang war das Volkslied, die Rockmusik ist heute, es hören mir die Alten zu und auch die jungen Leute. Ich lass mich nicht beirren, pfeif drauf wenn manche sagen, was fällt denn diesem Heino ein, wie kann er es bloss wagen.“ Das ist schlichtweg sowas von genial und ich hoffe, so manche Spottdrossel schämt sich seiner damaligen Worte. Das ist altes deutsches Liedgut mit moderner Umverpackung unters Volk gebracht. Massenkompatibel für die Jugend von heute im Stromgitarrengewand. Welch wohlklingende Abwechslung vom üblichen Schlagereinheitsbrei a la Silbereisen, Fischer und Konsorten aus dem Mutantenstadl.
Die Deluxeversion kann noch mit einem 14. Track aufwarten. Karamba, Karacho, ein Whiskey ist der Bonustrack, der ein rundum gut gelungenes Album abschließt.
5/5
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Heino – Schwarz blüht der Enzian
Starwatch Entertainment (Sony Music), 2014
15,99 €
Amazon
Tracklist:
01 – Intro erst recht
02 – Schwarz blüht der Enzian
03 – Ja, ja, die Katja, die hats ja
04 – Rosamunde
05 – Wir lagen vor Madagaskar
06 – Jenseits des Tales
07 – Einer von uns
08 – Die schwarze Barbara
09 – La Paloma
10 – Komm in meinen Wigwam
11 – Schwarzbraun ist die Haselnuss
12 – Hoch auf dem gelben Wagen
13 – Jetzt erst recht
14 – Karamba, Karacho, ein Whiskey (Bonus Track)
P.S. – Den braundumpfen Vogel des Tages schießt ein gewisser Jan Freitag ab. „Bockgesang rechtsaußen“ heißt es in einem Artikel, der u.a. bei Focus- und Zeit-Online erschienen ist. „Leni Riefenstahl und Ernst Jünger würden sich freuen“, titelt der Schreiberling. Muss denn alles, was mit harten Gitarren im Gleichschritttakt und deutschen Texten rüberkommt, sofort in die braune Ecke abgeschoben werden? Ich habe selten so einen Bockmist gelesen, wie das abstruse Geschmiere des Herrn Freitag.