Summerbreeze – Dinkelsbühl – 17. – 20.08.2016


Vielleicht sollte ich damit anfangen zu erzählen, wie ich überhaupt auf die Idee kam auf‘s Summerbreeze zu gehen. Ein wichtiger Punkt ist sicherlich, mit weniger als einer Stunde Anfahrtsweg, die räumliche Nähe, so dass ich mir nicht zwingend die Nächte auf dem Campingplatz um die Ohren schlagen muss, ganz zu schweigen von den sanitären Anlagen, die mir aus zurückliegenden Festivalbesuchen noch dunkel in Erinnerung liegen. Den ausschlaggebenden Punkt hat aber sicherlich mein Kollege gesetzt, mit dem ich unbedingt einmal ein Konzert oder Festival besuchen wollte, vor allem nachdem wir festgestellt hatten, dass wir einen ähnlichen Musikgeschmack haben. Also, gesagt, getan, und den 17. – 20. August rot im Kalender markiert. Wir haben uns bereits Wochen vorher auf das Festival vorbereitet und sämtliche Bands per Youtube „vorgehört“, um anschließend zu entscheiden, ob sich ein Live-Auftritt zum Angucken lohnt oder nicht. Auch hier harmonierte unser Musikgeschmack, so dass wir uns schnell einig waren und unsere persönliche Running-Order zusammengestellt hatten. So rückte der erste Festivaltag immer näher und ich überlegte immer öfter, was mich wohl erwarten würde: Nur tätowierte Männer mit langen Haaren und schwarzen Klamotten? Gibt es nur Bier als Grundnahrungsmittel und alle sind betrunken? Ist die Musik nur laut und der „Gesang“ nur unverständliches Gegröle?

Tag 1 – 17.08.2016

Heute ist der große Tag und das Festival beginnt. Mein Begleiter hatte mich bereits vorgewarnt, dass die Anreise ein Weilchen dauern und wir einige Zeit im Anreisestau verbringen würden. Und siehe da, am Ortseingang von Dinkelsbühl reihte sich ein Auto an das andere und wir machten uns auf eine lange Wartezeit gefasst. Doch weit gefehlt, innerhalb kürzester Zeit hatten wir Dinkelsbühl durchquert und befanden uns auf der leeren Zubringerstraße Richtung Festivalgelände. So kam es, dass wir über eine Stunde vor berechneter Ankunftszeit am Parkplatz ankamen und uns auf die Suche nach unserem Fotografen machen konnten. Dieser war dank seines auffälligen Autos schnell gefunden und ich kam das erste Mal in Kontakt mit eingefleischten Summerbreezebesuchern. Und nein, sie hatten keine langen Haare, aber Tattoos und schwarze T-Shirts. Zur Begrüßung gab es gleich ein Bier und das Eis war gebrochen. Nach der ersten Stärkung, in flüssiger Form, machten wir uns auf zum Festivalgelände. Zum Glück war noch nicht allzu viel los, so dass ich mich in aller Ruhe umsehen und akklimatisieren konnte. Dabei sind mir die verschiedensten Menschen aufgefallen: Vom Klischee-Metaler, über Männer in rosa Bademänteln oder Pikatchu-Kostümen war wirklich alles dabei. Es stellte sich auch ziemlich schnell heraus, dass neben Bier auch vielerlei kulinarische Köstlichkeiten aus allen Teilen der Welt zum leiblichen Wohl angeboten wurden. Und alles zu wirklich annehmbaren Preisen. Auch die erste Band Obscure Infinity überzeugte mich rasch mit ihrem musikalischen Talent und Gesang, nicht Gegröle. Im Halbstundentakt wechselten die Bands von der T-Stage zur Camel Stage, das hatte nicht nur den Vorteil, dass man immer in Bewegung blieb, sondern dass man sich gut vor die Camel Stage setzen konnte, um sich etwas auszuruhen, und dass vor der T-Stage eine Leinwand aufgebaut war, die einem einen guten Blick auf die Bühne gewährt hat. Nach nicht einmal einer Stunde kristallisierte sich das erste Problem bei mir heraus, meine volle Blase. Und da ich leider kein Mann bin, musste ich mich wohl oder übel in die Schlange für die Dixi-Klos einreihen. Zu meinem Glück sind diese erst vor kurzem geleert worden, so dass sich der Gestank in Grenzen hielt. Aber eine Tür, die nicht abzuschließen ging, ein fehlendes Waschbecken und der uneingeschränkte Blick auf die Hinterlassenschaften der anderen Festivalbesucher machten diesen Toilettengang zu keinem Festival-Must-Have. Auch die weit über 100 Meter lange Warteschlange am Merchandising-Stand brachte mich etwas aus der Fassung: x Minuten anstehen für ein Festival-T-Shirt? Ohne mich! Im Laufe der nächsten drei Tage wird sich bestimmt eine bessere Gelegenheit zum Andenkenkauf bieten. Nach dem wir dann Aeverium sitzend vor der Camel Stage genossen haben, durften wir den Höhepunkt des heutigen Tages auf der T-Stage erleben Lost Society, gepflegter „Oldschool“-Metal von Musikern, die jedes Klischee bedienten, lange Haare, Tattoos und schwarze Kleidung und dazu Musik, die die Menge toben und abfeiern ließ. Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören, heißt es und das haben wir uns an diesem Abend auch gedacht und sind anschließend gegen 21 Uhr wieder zurück gefahren, es liegen schließlich noch drei lange und aufregende Tage vor uns.

Tag 2 – 18.08.2016

Die Anreise am zweiten Tag verlief ebenso problemlos, wie am ersten Tag, obwohl heute das gesamte Festival-Gelände freigegeben wurde und der Mainact Sabaton auf dem Programm stand. Das hieß für uns auch, dass wir ab heute den V.I.P.-Bereich des Festivals, mit separaten Spültoilettenwägen und einladenden Sitzgelegenheiten zum Essen, Trinken und Ausruhen, nutzen durften. Im Gegensatz zu gestern mussten wir jetzt allerdings auch nicht mehr zwischen zwei Bühnen hin und her pendeln, um unsere Favorit-Acts zu sehen, sondern zwischen vier. Hinzu kamen die Main Stage, als Hauptbühne, und die Pain Stage, deren kleine Schwester. Den Auftakt des heutigen Tages machte Lord of the Lost, die mich persönlich mit einem musikalisch ansprechenden Auftritt sehr überrascht haben.

Die Band Asking Alexandria habe ich mir „alleine“ angehört. Die fünfköpfige Band, die vor allem viele weibliche Fans vor die Pain Stage lockte, hat mit Sänger Denis Stoff, der erst seit circa einem Jahr Teil der Band ist, voll meinen Musikgeschmack getroffen. Denn er überzeugte nicht nur mit einer klaren Singstimme, sondern auch mit kräftigen, ausdrucksstarkem Growling. Aber auch der Rest der britischen Melodic-Metalcore-Band riss das Publikum mit teilweise sehr elektronischen Parts in ihren Bann. So verwunderte es nicht, dass die Zuschauer nach kurzer Zeit mitgeklatscht und -gesungen haben, auch einige Stagediver ließen sich über die begeisterten Massen tragen.

So verging auch der zweite Tag wie im Flug und wir machten uns wieder auf den Heimweg und das zur rechten Zeit, da es anfing zu regnen.

Tag 3 – 19.08.2016

Heute stand uns der längste der vier Tage bevor, der vom Auftritt der Metall-Ikonen Slayer gekrönt werden sollte. Mein Highlight war allerdings die Band Grailknights und das lag nicht nur daran, dass deren Auftritt nicht so überlaufen war wie der von Slayer, sondern vor allem dass sich die Band eine kleine Story überlegt hatte, die wie ein roter Faden durch deren Auftritt ging. Ich hatte auch den Eindruck, dass an diesem Tag die meisten Besucher auf dem Gelände waren, da schon zu den ersten Bands, Versengold und Feuerschwanz, vor der Main Stage richtig viel los war. Trotzdem habe ich an diesem Tag endlich mein heiß ersehntes Festival-T-Shirt ergattert. Der Merchandising-Stand war zwar schon ziemlich leer geräumt, so dass meine Auswahl sehr beschränkt war, aber ich habe wenigstens keine Zeit mit Warten vergeudet. Meinen Festival-Becher habe ich mir schon einen Tag vorher gesichert.

Nachdem im Laufe des Tages immer mehr Besucher das Festival-Gelände gestürmt hatten, war es selbst bei Winterstorm vor der eigentlich sonst relativ leeren kleinsten Bühne richtig voll. Das lag vielleicht auch daran, dass die Band aus dem nahe gelegenen Bayreuth kam, was wegen des fränkischen Dialektes nicht zu überhören war.

Nach einer kurzen Stärkung machten wir uns auf ins Getümmel Richtung Main Stage und Slayer. Unsere Befürchtungen hatten sich leider bewahrheitet und es war rappelvoll auf dem Platz vor der Bühne. Wir stellten uns etwas abseits, da wir nicht den gesamten Auftritt anschauen wollten, sondern nur einen kleinen Eindruck vom Können der wohl einflussreichsten Metal-Band der Welt bekommen wollten. Und ja, sie sind technisch sehr gut, mir hat allerdings die Nähe zum Publikum gefehlt, irgendwie ist auf mich der Funke nicht richtig übergesprungen. Das kann man allerdings vom Rest der Zuschauer nicht unbedingt behaupten, da diese begeistert mitgegangen sind.

Tag 4 – 20.08.2016

Nach drei Tagen Festival, die uns ganz schön geschlaucht hatten, waren wir nur ein bisschen traurig, dass uns heute der letzte Tag bevorstand. Der Blick auf die Running-Order verriet, dass die heutigen Bands die breite Masse an Zuschauern ansprechen sollten und es musikalisch nicht so „hart“ wie in den vergangen Tagen wird.

Beim Überqueren des Festivalgeländes im Laufe des Tages fiel uns einen Gruppe Kinder auf, die mit großen Augen an den vielen, teils verrückt gekleideten und betrunkenen, Festivalbesuchern vorbei geführt wurden. Wir hielten es für eine Art Kinder-Ferienprogramm der Stadt Dinkelsbühl und fanden es doch sehr seltsam und fragwürdig. Als wir dann im V.I.P.-Bereich eine Pause einlegten und eine Schar meist älterer Leute hineingeführt wurde, um dort ein Bier zu trinken, fühlten wir uns wie Tiere im Zoo und verließen fluchtartig den Bereich. Beim Herausgehen befragten wir die Security-Dame am Ausgang nach der Menschengruppe und diese meinte, dass es sich dabei um Anwohner handelte, denen die Vorurteile und Ängste gegenüber des Summerbreeze-Festivals genommen werden sollen. Eigentlich eine gute Idee, schließlich sind die Festival-Besucher auch nur Menschen, die ihren Spaß haben wollen.

Da am frühen Abend leider teilweise sehr starker Regen einsetzte, haben wir uns dazu entschlossen, die restlichen Bands von der überdachten Bühne aus anzuschauen. Die Wartezeit auf Steel Panther verkürzte nicht nur Pain auf der Pain Stage sondern ein „Kampf“ zwischen einem kleinen Jungen mit aufblasbaren Schwert und einem Mann im Minions-Kostüm mit aufblasbarer Banane. Die beiden lieferten sich eine wilde Verfolgungsjagd mit anschließendem Duell, das die Blicke der umstehenden Personen und die der Leute auf der Tribüne auf sich zog und mit tosendem Applaus honoriert wurde. Das zeigt mal wieder, dass es alles andere als böse auf einem Metal-Festival zugeht.

Mein Fazit nach vier Tagen Festival: Ich habe viele neue und vor allem sehr gute Bands kennengelernt (von vielen habe ich mir auch gleich das eine oder andere Album geholt). Die Atmosphäre war wirklich sehr entspannt und angenehm und das ein oder andere Vorurteil wurde auch bestätigt.

Ich freue mich auf jeden Fall schon auf das nächste Jahr, wenn das Summerbreeze-Festival seinen zwanzigsten Geburtstag feiert und wir wieder mit dabei sind.

Vielen Dank an Lydia Klemm.

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