Joachim Kroll versetzt zwei Jahrzehnte lang den Raum Duisburg in Angst und Schrecken. Seinem unbefriedigten Trieben folgend, tötet er junge Frauen und Mädchen, vergeht sich an ihnen und bleibt jahrelang unerkannt. Dafür werden andere verdächtigt oder sogar verurteilt. Durch einen – aus seiner Sicht – Fehler, wird er schließlich des Mordes überführt – und gesteht noch acht weitere Taten. Viele bleiben jedoch unentdeckt.
Stephan Harbort hat den Fall unter die Lupe genommen und beschreibt die Morde, den Täter Kroll, sein Denken, sein zerstörtes Inneres, seine Ängste und Sehnsüchte. Bei der Lektüre begleitet man Kroll auf seinem Lebensweg, erlebt die Morde mit, auch wenn grausame Details oftmals nur angedeutet, aber nicht ausgeführt werden. Immer wieder wendet man den Blick aber auch auf die Medien und die Bevölkerung, stellenweise sogar auf die Ermittlungen, die meistens ins Leere laufen. Harbort gibt einen tiefen Einblick in eine dunkle Geschichte und schafft dabei den Spagat zwischen Spannung und Sachlichkeit. „Ich musste sie kaputt machen“ ist kein reißerisches Werk, das um Aufmerksamkeit buhlt. Aber es verliert sich auch nicht in sachlichen Darstellungen, ist nicht gespickt von zig Fachbegriffen, die einem die Lesefreude nehmen. Denn sachliche Berichte über Verbrechen gibt es schon genug.
Auch wenn es wirklich schwere und schwer verdauliche Kost ist, das Buch liest sich gut und flüssig. Man macht sich die Schrecken durchaus bewusst, aber es ist nicht reißerisch, nicht im BILD-Stil und erspart dem Leser die Details. Mit viel Recherche sind aus Zeitungsberichten und Akten alle Informationen herausgearbeitet worden, die eine zusammenhängende Geschichte erstehen lassen. Der Leser hat vielleicht an manchen Stellen Mitleid mit dem Täter, das dürfte sich aber recht bald legen. Auf jeden Fall aber bekommt er einen guten Einblick in das Seelenleben des Krolls, während der Erzählung seiner Lebensgeschichte nicht namentlich genannt wird. Diese Anonymisierung zeigt auch, dass es jeder sein kann. Dass ein Verbrechen, ein Täter für viele steht.
Harbort ist ein erschreckendes, aber lesenswertes Buch gelungen, das ein Stück deutsche Kriminalgeschichte aufrollt und für alle zugänglich macht. Besonders empfehlenswert ist die Lektüre für Krimifans – nur ist es keine fiktive Geschichte.
5/5
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Stephan Harbort – Ich musste sie kaputtmachen
Ullstein Verlag, 2013
384 Seiten
Taschenbuch: 9,99 €
Ebook: 8,99 €
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