Nach zwei Jahren Ruhepause kommen die Göttinger Stahlmann zurück in die Plattenläden mit einem neuen Album. Bastard soll an die alten Erfolge von Quecksilber, Adamant und CO2 anknüpfen. Hier merkt man bereits einen Unterschied, denn mit Bastard ist die Chemie erstmal raus aus den Titeln.
„Leitwolf“ führt drastisch elektronisch in den Longplayer. Der Song hat einen Mittelaltertouch und Martin Soer singt gewohnt tief und rau in das Mikro. Irgendwie fehlt etwas und das ist die Power der vorangehenden Alben. „Judas“, der in Literatur und Musik immer wieder bemüht wird, ist Thema des nächsten Stücks. Naja, immerhin ist Mitsingpotential da, denn man kann ein herrliches „Fick Dich“ gegen alle Lügner brüllen. Titeltrack „Bastard“ hat einen satteren Sound und die Gitarren kommen mehr zur Geltung. Dafür ist der Song eher ein billiger Abklatsch von Eisbrecher, selbst stimmlich könnte man hin und wieder Alex Wesselsky vermuten, der allerdings etwas mehr Kraft in seine Stimme legt. Vielleicht wird „Nichts spricht wahre Liebe frei“ besser? Ein ruhiger Anfang, ein paar Streicher und sowas, fast schon romantisch. Ruhig bleibt es, auch wenn es etwas kraftvoller wird durch das klassische Trio. Passt in dunkle Gothicschuppen mit zahlreichen Emos, die dazu heulen. „Wächter“ haut dann wieder etwas mehr rein, ist aber dennoch langsam und nach zwei Minuten ziemlich langweilig. Da fehlt der Höhepunkt des Songs. Ähnlich geht es bei „Von Glut zu Asche“ zu. Zwar wird hier teilweise ausgebrochen, sehr schön ist das Gitarrensolo im letzten Drittel, das könnte aber bitte etwas länger sein. „Alptraum“, das Lied wird es jetzt retten, denkt man. Aber es beginnt noch recht lieblos mit Elektronik, wandelt sich dann in einen satten E-Gitarrensound, lässt wieder nach und stellt wie immer Martins Stimme in den Mittelpunkt. Bei „Dein Gott“ gefällt mir der Sänger etwas besser. Er bringt ein ganzes zartes Pflänzchen der Abwechslung in den Gesang, das zwar nicht lange sprießt, aber immerhin zu Beginn mal aufhorchen lässt. Kann man live sicherlich ganz fein mitsingen und gefällt den Stahlmann-Fans, die danach freudig bekunden, wie sehr sie doch abgegangen sind. Lauernd, langsam, langweilig ist „Schwarz und Weiß“ – Fuck! Warum powert ihr hier nicht rein und macht eine verfickte Hymne draus, die man abfeiern kann, die einem Gänsehaut beschert, wenn man den Song live hört, wenn man das Feuerzeug in den Nachthimmel reckt und mitsingt? Warum lasst ihr den Hörer nicht einfach fliegen? „Supernova“ ist der gleiche Trott, in dem das gesamte Album aufgenommen wird. Auch der (endlich) letzte Song „Military Lapdance“ ist ein bisschen misslungen.
Es scheint, als wüssten Stahlmann nicht mehr, wo sie hingehören möchten. Neue Deutsche Härte sind sie mit dem Album Bastard nicht mehr. Elektronik schon eher, wobei es hierzu an der Vollendung fehlt. Klar, man muss niemanden in ein Genre pressen, aber so gar nicht richtig reinzupassen, ist auch schlecht. Der Vorgänger CO2 hatte mehr Power, war schneller, tanzbarer, hatte mehr Songs, die man gut auflegen und abfeiern konnte. Nun ist Stahlmann langweilig geworden und sorgt weder für einen Ohrwurm, noch für ein Verweilen bei einem Song. Wo ist die alte Kraft hin, die live auf einen übersprang? Für mich das schlechteste Stahlmannalbum, bei dem ich jeden Cent nachtrauere. Das könnt ihr so viel besser, Jungs!
1/5
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Stahlmann – Bastard
AFM Records, 2017
CD: 17,99 €
Tracklisting:
Leitwolf
Judas
Bastard
Nichts spricht wahre Liebe frei
Wächter
Von Glut zu Asche
Alptraum
Dein Gott
Schwarz und Weiß
Supernova
Military Lapdance