Janus – Die etwas andere Band, mit einer gewöhnungsbedürftigen Zeitrechnung – was Konzerte und Veröffentlichungen angeht. Nachdem wir 2015 Janus live in Mannheim anlässlich ihrer 20 Jahre Janus Tour „Ein Aufstand alter Männer“ erleben durften, traute ich meinen Augen kaum, als schon kurz drauf bekannt wurde, dass sich die Janüsse schon wieder auf die Öffentlichkeit loslassen wollten. Hatte es die Band doch in gut 20 Jahren nur 55 mal live auf die Bühne geschafft. Das Ganze sollte wieder in einer Mini-Tournee gipfeln, die ganze vier Konzerte umfassen sollte. Zwei mit dem kompletten Ensemble und zwei als Duo, je einmal komplett unverstärkt und einmal elektrifiziert. Vier unterschiedliche Shows also. Da Janus-Konzerte erwartungsgemäß ziemlich schnell ausverkauft sind, überlegten wir nicht lang und kauften und das komplette Paket im Bundle. Als Zuckerl obendrauf gab’s auch noch eine Lesung in Mannheim, die an das Ensemble-Konzert anschließen sollte. Leider musste die Tour um ein komplettes Jahr nach hinten verschoben werden, was wiederum die Janus-Zeitrechnung bestätigte. Jetzt also, im gegen Ende Oktober 2017 war es dann soweit. Lets go to Leipzig, hieß es für uns. Die beiden Herbstabende standen auf dem Programm.
Herbstabende, Tag 1 – Gewandhaus Leipzig – Diese ehrwürdige Adresse sollte den Rahmen des ersten Konzertes der beiden Janusköpfe bilden. Am Freitag den 27. Oktober 2017 fanden wir uns im Mendelsohnsaal des Gewandhauses ein und fanden auch gleich schöne Plätze. Kein Mikrophon war auf der Bühne zu sehen, komplett unverstärkt sollte uns Janus beglücken. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt und als das Licht erlosch brandete auch sofort Beifall auf, als das Ensemble die Bühne betrat. Erfahrene Janusjünger wussten sofort, wer da mit den beiden Köpfen zusammen auf der Stage stand. Am Schlagzeug ein alter und langjähriger Wegbegleiter, Lothar Weise, welcher von Michael Gambacurta am Vibraphon und den Percussions unterstützt wurde. Mit Oliver Lutz am Bass war die Rhythmussektion komplett. Das Gebläse wurde von Daniel Schröder bedient und Sue Ferrers spielte Violine und Nyckelharpa. Neu in der Formation war Gitarrist Michael Puchala. Bühnenmittig stand ein schwarzer Flügel, hinter dem auch bald Tobias Hahn seinen Platz einnahm. Das Set beinhaltete einen sehr schönen Querschnitt aus alten und neueren Songs. Sozusagen ein Best of ihrer ganzen Jahre. Sehr ungewohnt in der komplett unverstärkten Form mit rein akustischen Instrumenten. Lediglich Puchalas akustische Gitarre musste mit einem kleinen Verstärker abgenommen werden, weil man diese sonst gar nicht gehört hätte. Er fügte sich als Neuling bestens in das Ensemble ein. Lediglich bei einem Song passte sein Gitarreneinsatz nicht, so dass noch mal von vorn begonnen werden musste. Machte aber nichts aus, denn sowohl Janus als auch das Publikum sind es gewohnt, dass Janus manchmal einen Song abbrechen und wiederholen, wenn was nicht passt. Das gehört hier fast dazu. Komplett anders, weil eben unverstärkt und pur war es, Rigs Stimme so zu hören, wie sie ihm von der Natur her gegeben war. Nahezu alle bekannten Lieder aus ihrem Schaffen wurden gebracht. Ein klasse Abend, der alle Besucher zu Beifallsstürmen hinriss.
Herbstabende, Tag 2 – Wieder ins Gewandhaus und wieder volles Haus. Ein einsamer großer Flügel auf der großen Bühne. Spärliches Licht, gedämpfte und angespannte Stimmung die sich sofort in Beifall entlud, als Toby die Bühne betrat und sich an den Flügel setzte. Das neue Album Ein schwacher Trost von Janus stand jetzt auf dem Programm. Atemlos lauschte das Publikum den Darbietungen der beiden Janüsse. Komplett reduziert und intim war das, was man da hören konnte. Man litt förmlich mit, mit dem Hund aus der Kiste, und noch schlimmer mit dem akustischen Anblick des alten Zirkusesels, der noch einmal in der Manege seinen Auftritt hat, einsam, ohne Publikum, ehe er seinen letzten Atemzug macht und in den Sand des Rundes sinkt. Rundum sieht man Tränen in den Augen, noch mehr als bei „Saitenspiel“ einen Tag zuvor. Nach dem aktuellen Album war ein Best of an der Reihe. Songs, die eigentlich am Klavier komponiert wurden, aber bisher eher in der rockigeren Form bekannt waren oder seltener gespielt wurden.
Janus wären aber nicht Janus, wenn es trotz der formellen Stimmung nicht zu kleinen Pannen kommen würde. Text vergessen, Einsatz verpasst und ähnliches. Auch dafür werden die Janüsse von ihren Jüngern geliebt. So lockert sich oft die ernste, den Texten und Themen geschuldete Stimmung in Lachen auf. Mit dem grandiosen „Anita spielt Cello“ beendeten Janus den regulären Set, ehe sie schon nach kurzer Zeit zu den Zugaben zurück auf die Bühne kamen. Was jetzt kam, mit dem hatte so gut wie keiner gerechnet. Rig erzählte von internationalen Künstlern, die sie selber verehrten und selbst hörten. Und davon spielten die beiden jetzt ein paar Nummern. Den Anfang machte „Der Mörder in mir“. Im Original betitelt als „Disarm“ von den Smashin Pumpkins. PJ Harveys „Catherine“, „Hallelujah“ von Leonard Cohen, und „Schieb den Himmel weg“ von Nick Cave. Lieder, die einem Gänsehaut bescherten. Nun war ein Künstler an der Reihe, den die wenigsten als Originalinterpret einer Janus-Coverversion erwarteten. „Sprich nicht mit Fremden“, im Original als „Don’t talk to Strangers“ auf dem Holy Diver Album enthalten , aus der Feder von keinem geringeren als Ronnie James Dio, sollte folgen. Irgendwie war aber der Wurm drin. Nach ein paar erfolglosen Versuchen brach Rig ab mit den Worten: „Das wollen wir dem Herrn Dio nicht antun“. Den letzten Song „Ein Hund, der sich hinlegt wo er will“ schafften die beiden ebenfalls nicht mehr. Unter Jubelstürmen wurden die beiden vom Publikum verabschiedet, ehe sie sich kurz drauf im Foyer am Merchandise-Stand aufhielten, um zu signieren, was gewünscht wurde.
Zwei schöne Tage in Leipzig gingen für uns zu Ende und wir waren gespannt, wie sich das Ganze in Mannheim in der elektrifizierten Version machen würde.
Eine Woche später ging es für uns an den Rhein. Hinein in das altehrwürdige Rund des Capitols, in dem schon der Aufstand alter Männer aufgenommen wurde.
Herbstrevue, Tag 1 – Schon einige Zeit vor Beginn fand sich eine lange Schlange vor dem Eingang des Capitols ein und wartete geduldig auf Einlass. Drin im alten Theater fanden wir wieder zwei schöne Platze und warteten auf den Beginn. Die Setlist war die gleiche, wie in Leipzig eine Woche zuvor. Von „Kleine Ängste“ bis zu „Knochenhaus“ als letzte Zugabe wurden die vielen bekannten Hits abgeliefert. Komplett anders durch die elektrische Instrumentierung wandelte sich die Stimmung beim Hören der Lieder. Viel mehr Wucht durch die härteren E-Bassklänge von Oliver Lutz und dem Schlagzeug von Lothar Weise. Vor allem die E-Gitarre von Michael Puchala passte zu den härteren Songs wie die Faust aufs Auge, obwohl sich dieser sehr zurücknahm. Der Balkon im Capitol blieb diesmal geschlossen, obwohl sich ein paar vereinzelte Zuhörer nach oben schlichen und die Show dort in Ruhe genießen konnten. Rig musste sich beim Singen viel weniger anstrengen, als komplett ohne elektrische Verstärkung wie in Leipzig. Seine Stimme hatte einiges mehr an Punch und passte besser zu den rockigeren Songs. Wie erwartet wurden Janus auch hier in Mannheim vom vollen Saal lange gefeiert und nach den Zugaben verabschiedet. Rig drückte auch etwas auf die Tube, weil ja anschließend noch die Lesung im angrenzenden Casino des Capitols anstand.
Herbstrevue, Lesung – Kleine Ängste, wer von den Janusjüngern kennt nicht das Hörbuch. Und genau aus diesem Hörbuch las Rig jetzt im Casino, bequem in einem Sessel sitzend inmitten seiner Fans daraus vor. Toby war als Sideman mit dabei und warf das eine oder andere dazu ein. Vor allem, als es um den zweiten Teil der Lesung ging. Eines der ersten Themen die Janus in ihren Anfangstagen behandelten, war der „Lenz“. Der Lenz ist eine Erzählung aus der Feder von Georg Büchner und beschreibt den sich immer weiter verschlechternden Geisteszustand des Schriftstellers Jakob Lenz aufgrund einer bipolaren Störung. Janus adaptierten den Text von Georg Büchner mit ihren eigenen Gedanken dazu. Still und andächtig lauschte das voll besetzte Casino den Worten Dirk Riegerts und verabschiedete ihn nach einer guten Stunde mit großem Beifall.
Herbstrevue, Tag 2 – Wieder die große Bühne und wieder nur ein einsamer Flügel, an den Tobias Hahn unter großem Willkommensbeifall Platz nahm. Wie schon eine Woche zuvor in Leipzig kam das neueste Werk der beiden, Ein schwacher Trost zur Aufführung. Obwohl Rigs Stimme durch ein Mikrophon verstärkt wurde, kam es mir persönlich noch etwas intimer und intensiver als in Leipzig vor. Rigs Stimme zitterte, bebte und hauchte die Wörter ins Rund des Capitols. Bei „Ein alter Esel“ waren wieder einige Tränen in den Augen der Besucher zu sehen. Verstohlen wischten sich einige übers Gesicht. Dies ist wirklich eines der traurigsten Lieder von Janus. Man sieht das alte Zirkustier förmlich vor sich in den Staub sinken. Anschließend kamen wieder einige bekannte Werke in der abgespeckten, ursprünglichen Pianoversion zu Gehör. Bei den anschließenden Zugaben
der Coverversionen klappte diesmal sogar der richtige Einsatz zu „Sprich nicht mit Fremden“, so dass der gute alte Ronnie James Dio zu seinen Ehren kam. Als Abschluss wurde „Ein Hund, der sich hinlegt, wo er will“ gespielt und eine kleine aber mehr als feine Tournee fand ihr Ende … für uns zumindest. Die zweite Lesung hatten wir irgendwie nicht rechtzeitig mitbekommen und somit auch keine Tickets dafür.
Sowohl rein akustisch als auch elektrisch kam die Intensität der Janus-Songs voll zum Tragen. Vier Abende, die komplett unterschiedlich waren, von denen aber jeder seine eigene Stimmung hatte und verbreitete. Uns hatten die beiden Wochenenden sehr viel Spaß bereitet und wir freuen uns schon auf die kommenden Werke und Konzerte der beiden Janüsse. Vielleicht ja einmal auch bei uns in Süddeutschland, wie Rig auf der Homepage schon mal sehr vorsichtig angedeutet hat.