CD: Krayenzeit – Staub und Tränen. Teil 1: Aus der Asche…


Krayenzeit aus Ludwigsburg wollen es einmal mehr wissen. Mit Staub & Tränen präsentiert uns die Formation ihr bereits fünftes Studioalbum innerhalb von fünfeinhalb Jahren. Die Band kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, musizierten einige von ihnen bereits seit Ende der 1990er Jahre als Feanor gemeinsam. 2011 wollte man eine bessere Qualität der bestehenden Aufnahmen, erweiterte die Gruppe und brachte vier Jahre später den ersten Silberling auf den Markt. Das Sextett hatte in der Vergangenheit einige personelle Wechsel zu verzeichnen, die hauptsächlich fehlender Zeit geschuldet waren. 2014 gewann man eine Ausschreibung des Mittelalterspektakels St. Pölten und trat dort mit den Größen des Genres auf: Corvus Corax, Omnia, In Extremo und Versengold. Auftritte auf Wacken oder dem WGT kamen hinzu, eine gemeinsame Tour mit Schandmaul. Im Grunde haben Krayenzeit alles richtig gemacht und müssten bekannter sein, als sie es scheinbar sind.

Mit ihrem neuen Album könnte sich der Bekanntheitsgrad weiterhin steigern. Der Zusatz: „Teil 1“ lässt vermuten, dass bald ein weiterer Silberling veröffentlicht werden wird, der das Werk fortsetzt. Staub und Tränen beginnt derweil ruhig, mit leichter Musik und einer angenehmen Stimme, die in die Scheibe hineinführt. Es geht um Geschichten und das Leben, darum, dass wir unsere Geschichte selbst schreiben. Etwas tragisch, traurig, tragend. Könnte auch der Anfang eines Films sein, sofort muss ich da an die Fluch der Karibik-Reihe denken. Mal sehen, was noch kommt. Der Gesang und die Art des Songs „Wir sind Geschichte“ erinnern unweigerlich an InEx und Schandmaul, geht dann spielerisch in etwas Eigenes über, das recht tanzbar ist. Überraschend ist aber auch nichts. „Neue Helden“ hat ein ziemlich hartes Riff im Hintergrund und natürlich einen Schlachtruf nach neuen Helden. Ein bisschen abgedroschen ist es schon. „Die Rabenfänger“ heißt der nächste Song. Da kommt ein ganz netter instrumentaler Part, der durchaus was kann. Ansonsten bin ich sehr unsicher, wie ich das Ganze finden und einschätzen soll. Der Gesang kommt ein bisschen aus dem Hintergrund, der müsste etwas mehr nach vorne in meinen Ohren. Es folgt der Titeltrack. Der Anfang erinnert gleich mal an „Only Time“ von Enya. Sehr monumentales Werk, ein bisschen zu groß und wuchtig, würde ich sagen, passt nicht zum Vorangegangen und wirkt wie ein Fremdkörper. Wäre eine gute Filmmusik – und da ist es vielleicht hinderlich, dass Filmmusikerfahrung bei einzelnen Mitgliedern von Krayenzeit vorhanden ist. Das Opus ist fast sieben Minuten lang. Nach zwei Minuten setzt leiser Gesang ein. Das hätte man sich sparen können. Viel zu leise, zu nichtssagend, man überhört das, das catcht auch gar nicht. Die Nummer will man skippen, was der Arbeit nicht gerecht wird, die drinnen steckt. Ab Minute sechs singen dann mehrere Stimmen, allerspätestens jetzt ist das Ding absolut zerstört, brutal, mit einem Vorschlaghammer. Warum macht man sowas? Warum meint man, man müsste alles in einen einzigen Song packen? Ich hab jetzt schon keine Lust mehr, weiterzuhören, Nullpunkt erreicht, dabei waren die ersten vier Nummern ganz okay. „Unsterblich“. Man setzt sich mit der Klampfe ans Lagerfeuer, dann kommen halt Streicher dazu. Der Gesang klingt angestrengt, das Lied balladesk traurig. Au weh und dann wollen sie es wissen, es wird lauter, eine weibliche Stimme klinkt sich ein. Das kann man machen, man kann es aber auch lassen. Nach der Ruhe muss mal wieder Power rein, also „Im Bund der Krähe“, E-Gitarre, schnellerer Rhythmus, wieder ein längeres Intro, Schlagzeug. Warum denkt eigentlich jede Band, dass man da so weiblichen Backgroundgesang braucht, der irgendwas mitsingt oder wiederholt? In den meisten Fällen ist das einfach scheiße, hier auch. Muss man auch mal so deutlich sagen. Es passt einfach nicht, es wirkt, als wolle man die Dame einfach nicht benachteiligen, dabei singt sie so gerne unter der Dusche. Und so fies es auch klingt, man kann die Stimme sicherlich anders und besser einsetzen als hier. „Durch den Sturm“ fängt auch wieder ganz gut an, manchmal überdeckt die Gitarre den Gesang, das ist mit der Zeit anstrengend. Hier gibt es ein Duett und hier gefällt mir die weibliche Stimme als Pendant ziemlich gut. Das ist stimmiger als beim Song davor. „Je länger umso lauter“ kommt mir bekannt vor. Ja, klar, da gab es ein Video aus der Home Session. Das ist so ein Mittelalterpartyding, kann man feiern, tanzen, schnell mitsingen, das macht Laune. Ob man den Gesangspart um Minute drei rum gebraucht hätte, weiß ich nicht. Erinnert mich an Schlager und Mallehits, aber kann man machen. Lied zehn, „Willkommen im Nichts“, greift wieder das Thema der Scheibe auf. Weg, Scheitern, Leben, da sind die Schlagworte wieder vereint. Ein bisschen tragisch. Nach drei Minuten reichts es dann aber eigentlich, doch etwas geht nochmal genauso lang weiter, hätte man kürzen können und vielleicht auch sollen, der Gesang wird fragwürdig, dann noch mal rausgepowert mit allem, was man hat. Man übertreibt gerne. Wenn es ein Erstling wäre, würde ich sagen, euch fehlt noch ein bisschen das Gefühl für die Songlänge und für den Songaufbau, aber hier sind ja erfahrene Musiker dran. Von diesem Mittelaltermetal spüre ich auch weniger als erhofft. Es ist ein unschöner Mix, der eher missfällt und vor allem mit der Zeit wahnsinnig anstrengend ist. „Küss den Frosch“ macht wieder mehr Spaß, man kann gut mitsingen und dazu abgehen, passt auf die Bühne. „Mein Bruder“ erinnert mich an Schandmaul, könnte auch eine Saltatio Mortis Nummer sein. Sie sticht nicht heraus, aber schlecht ist sie auch nicht. Letzter Song „Schwerelos“. Hier dominiert das Klavier, das Ding ist schön, guter Abschluss, manchmal gesanglich ein bisschen drüber. Aber wenn Disney wieder was braucht, hier ist das Ding.

Man ist schon froh, wenn es vorbei ist. Ein bisschen zu viel gewollt, zu viel vermischt, ein bisschen zu wenig Einheitlichkeit, sei es thematisch, sei es vom Stil her. Die Erwartungen waren hoch, die Enttäuschung groß. Von einer Band mit dem Background und der Geschichte erwartet man dann doch etwas anderes. Ich glaube aber, dass Krayenzeit etwas drauf haben und wirklich was können, sich nur selbst ein bisschen verzetteln. Abwechslung auf einem Album ist gut und wünschenswert, aber ist eben auch nicht alles. Hier fehlt mir der rote Faden, ich hätte den Auftakt einer Reihe erwartet, die thematisch aus der Dunkelheit des Lebens ins Licht führt. War wohl nichts.

2/5

Krayenzeit: Staub & Tränen. Teil 1: Aus der Asche…
Trisol Music Group / Soulfood, 2021
CD: 16,49 €

Tracklist
1.    Intro
2.    Wir sind Geschichte
3.    Neue Helden
4.    Die Rabenfänger
5.    Staub und Tränen
6.    Unsterblich
7.    Im Bund der Krähe
8.    Durch den Sturm
9.    Je länger, umso lauter
10.    Willkommen im Nichts
11.    Küss den Frosch
12.    Mein Bruder
13.    Schwerelos

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