CD: Feeding Fingers – I won’t eat the Horror


Feeding Fingers existieren seit 2006. Damals in den USA entstanden, verschlug es Bandleader Justin Curfman 2010 nach Europa, genauer gesagt nach Italien. Ihr Stil wird gerne mit experimentellem Post-Punk beschrieben. Pünktlich zum 15-Jährigen gibt es ein neues Album: I won’t eat the horror.

Bisher habe ich mir ein bisschen schwer getan mit der Musik. Das Sphärische hat mir nicht so gefallen, aber der Geschmack verändert sich ja auch. Los geht es mit „Barely two“, einer ruhigen Nummer, die in die Scheibe einführt. Der Song baut sich langsam auf, es gibt ziemlich gezogenen Gesang, bei dem man sehr genau hinhören muss, um den Text zu verstehen. Mit „Eat my eyes or please them“ geht es weiter. Der Gesang ist ziemlich ähnlich, aber das ganze Gebilde nimmt langsam an Fahrt auf. Trotzdem gibt es auch hier noch nichts, woran man hängenbleibt. Dieses Sphärische muss man einfach mögen und mir ist es zu viel. Titelsong „I won’t eat the horror“ klingt nach einer Popnummer. Typischer Takt, triviales Schlagzeug, der Gesang bleibt immer im Hintergrund. Ganz so schlecht ist das nicht, gute Musik für nebenbei, wenn man sich nicht komplett drauf konzentrieren will. „I am embracing birds“. Der Titel hat ja was an sich und die Musik gibt dieses Gefühl wieder, zu fliegen oder zumindest den Vögeln dabei zuzusehen, wie sie über den Himmel ziehen. Da kommt man schon ein bisschen ins Träumen und dazu passt die Nummer dann auch recht gut. „Each smiling someone“ hat einen seltsamen Anfang, der ist nicht gerade, nicht durchgängig, sondern leicht zerhackt, als liefen verschiedene Tonspuren übereinander, die gar nicht zusammengehörten – das hört auch nicht so richtig auf, irgendwas passt nicht zusammen. Manche mögen das total toll finden, mich nervt das, es macht nervös, ein bisschen aggressiv. „Life sized mornings“ könnte dem Titel nach wieder recht vielversprechend sein. Der Song ist etwas schneller, legt an Tempo noch mal zu und man wippt recht bald im Takt mit. Aber das Highlight fehlt dann im weiteren Verlauf. Das scheint öfter ein Problem zu sein, dass eben genauso diese Höhepunkte fehlen, dieser Knackpunkt im Song, auf den sich alles zuspitzt. „Chalk and this“ beginnt laut, wird dann wieder ein bisschen sphärisch und schließlich fast schon leiernd. „Procedures followed“, ein ganz annehmbarer Rhythmus, leicht, trivial, Gitarrengezupfe. Es klingt alles immer so leidend, so schrecklich gequält, der Gesang ist immer gleich, gleicher Stil, gleiches Tempo, nicht ausbrechend, nicht mal irgendeine Abwechslung einbringend. „Strangled little else“ – man fragt sich langsam, wie lange das noch so weitergeht, ist aber erst der neunte von insgesamt 14 Songs. Da wird sogar mal versucht, in den Gesang sowas wie Gefühl und Nachdruck reinzubringen, aber das hilft auch nicht. „I can’t be beautiful“, da muss doch jetzt was kommen bei so einem Titel. Es wird ein bisschen dunkler, das lässt hoffen – doch dann haut das Schlagzeug so unmotiviert unrhythmisch rein. Ich kenne Leute, denen das gefallen würde, ich kann damit einfach nichts anfangen. Da catcht nichts, da zieht nichts mit, da spricht mich nichts an. Alles scheint gleich, keine Abwechslung, kein Plan, Hooklines sind sowieso keine dabei. Song Nummer 10 ist erfrischend anders. „Smile at us and suffer“ hat endlich mal nicht diesen hohen, leidenden Gesang, sondern geht etwas tiefer, etwas klarer ran. Das macht schon Spaß, da steckt was drinnen, das wäre eine gute Nummer, wenn es mehr in der Richtung gäbe. Aber um ganz ehrlich zu sein, wäre ich gar nicht bis zu diesem Track gekommen, wenn ich die Scheibe nicht rezensieren würde; ich hätte vorher einfach die CD rausgenommen und nie wieder in den Player gelegt, weil sie so langweilig ist. „Stapled to your house“ nimmt dann aber alle zwischenzeitliche Euphorie. Dazu fällt mir auch einfach nichts mehr ein, viel scheint Feeding Fingers allerdings auch nicht eingefallen zu sein. Alles gleich, alles lahm, langweilig, eintönig. „The question is cruel“, tieferer Gesang, zwar sehr langsam, etwas angestrengt, aber es fällt sofort auf, dass man ein bisschen was anderes gespielt wird. Und dann wieder abdriftend ins Heulende. „Goodbyes that last for years“ kam ja bereits 2020 als Single raus, ist also nichts Neues mehr, drängt nur noch mal die Erkrankung von Drummer Christopher Fall ins Gedächtnis zurück.

Vorbei. Bei manchen Alben ist man ganz froh, wenn der letzte Ton verklungen ist – und so geht es mir hier. Zu Beginn war es noch nette Musik für nebenbei, wenn man sich nicht auf die Musik oder die Texte konzentrieren wollte und eigentlich anderweitig beschäftigt war. Von Song zu Song stieg allerdings der Genervtheitsgrad und man hatte keine Lust mehr, den nächsten Track überhaupt anzuspielen. Man schleppt sich durch die Nummern wie an einem Hochsommertag auf einen Berg hinauf. Hinter so einem Album steckt Arbeit, da steckt irgendwo auch Leidenschaft drin, leider höre ich sie nicht heraus, da ist es schade, wenn man einen Silberling schlecht bewerten muss, aber ich finde einfach nichts Positives. Es ist zu gleich, zu wenig abwechslungsreich, stellenweise mag man schon von sinnbefreit sprechen. Keine Power, nichts Besonderes, das einen zwischendrin erwartet und aufhorchen lässt. Stattdessen fragt man sich, ob man den Player falsch eingestellt hat und das gleiche Lied in Endlosschleife durchläuft. Schade. Es lohnt sich, mal reinzuhören, wenn man auf ganz ruhige Musik steht.

1/5

Feeding Fingers – I won’t eat the Horror
Tephramedia, 2021
MP3: 9,99 €

Tracklist:
Barely two
Eat my eyes or please them
I won’t eat the horror
I am embracing birds
Each smiling someone
Life sized mornings
Chalk and this
Procedures followed
Strangled little else
I can’t be beautiful
Smile at us and suffer
Stapled to you house
This question is cruel
Goodbyes that last for years

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