Live: Placebo … oder das furchtbarste Konzert der letzten 40 Jahre … München – 26.10.2022


Seit fast zwei Monaten überlege ich mir, ob ich über diesen unsäglichen Abend einen Bericht schreibe oder nicht. Wenn ich genau das schreiben würde, was ich ich denke, wären zig Beleidigungsklagen ruck zuck hier im Hause. Schreiben wir halt mal mit etwas gebremsten Schaum.

Placebo … eigentlich mag oder mochte ich die Londoner Band bisher ganz gern und freute mich, wenn ich deren Songs im Radio hörte. Als dann der Münchner Livetermin anstand, besorgten wir uns Tickets und ich freute mich aufs Konzert. Erstaunt stellten wir fest, dass die Olympiahalle nur zu gut der Hälfte gefüllt war. Placebo live in München war anscheinend jetzt nicht so der Bringer.

Schon vor dem Beginn fiel uns die äußerst nervös scheinende Security vor der Bühne auf. Während die Sicherheitsleute am Oly-Eingang mehr als lasch ihre Kontrollen durchführten, meinten die Jungs im Bühnengraben, einen auf dicke Hose machen zu müssen. Außer wichtig noch wichtiger, und wenn man teilweise aussieht wie der nette unbedarfte Bankangestellte, so muss man wenigsten ernst schauen, um wahrgenommen zu werden.

Als Support hatten Placebo Deadlletter aus London dabei. Eine Rockband, die jetzt nicht unbedingt das Gelbe vom Ei war, aber von den Münchnern nett mit Applaus versorgt wurde. Blickfang war die in glänzenden grünen Glitzerhosen gewandete Saxofonistin. Der Sänger hampelte nervös hinter seinem Mikro rum und zappelte wie seinerzeit Ian Curtis in besten Tagen – sogar in ähnlichen epileptisch anmutenden Gesten. Als er sich auch noch mit nacktem Oberkörper rücklings auf dem Boden wandt, war der Ian-Curtis-für-Arme endgültig unten durch. Da riss auch das Glitzer-Blasehasi nichts mehr raus.

Während der Umbaupause wurden die Securities sichtlich nervöser. Auf den Monitoren rundum in der Halle und bald auch die Leinwand auf der Bühne füllend, prangte die Aufforderung, doch bitte das Filmen mit den Handys zu unterlassen, weil das doch die Vorstellung für die Band schwierig und verspannt machen würde. Dadurch würde sowohl die Verbindung zum Publikum als auch die emotionale Kommunikation durch die Songs erschwert…. Häää???? Ich hab selten so einen geschwurbelten Bockmist auf einem Konzert gelesen. Aber na gut … ist halt der Wunsch der Band. Ein Security Mitarbeiter ratschte zufällig mit einer Dame neben uns und als diese ein Selfie mit ihm machte, sagte er wörtlich zu ihr: „Jetzt darfst du noch, aber nachher muss ich dir das Handy aus der Hand schlagen“ … Das versprach ja spannend zu werden. Noch bevor der Hauptact überhaupt die Bühne betrat, begannen die Sicherheitsleute bereits, das in den ersten Reihen stehende Publikum lautstark anzupöbeln und zum Einstecken der Handys aufzufordern, da durfte nicht mal mein Selfie gemacht oder eine Kurzmittelung getippt werden. Das Licht ging aus und immer mehr hektische Securities fanden sich mit Taschenlampen vor der Bühne ein. Das störte die Verbindung des Publikums zur Band gewaltig und machte eine emotionale Kommunikation der Songs unmöglich – in meiner Erinnerunge könnte ich nicht mal mehr sagen, was überhaupt gespielt wurde, weil die Sicherheitswichtel zu sehr damit beschäftigt waren, das Publikum zu beleidigen, beschimpfen, tätlich anzugehen und mit den Taschenlampen herumzuwedeln. Sobald irgendwo ein Handy zu sehen war, fiel sofort ein starker Lichtstrahl drauf und es erfolgte schreiend die Ansage, das gefälligst zu unterlassen. Auf meine Frage, was diese Grobheit soll, meinte einer der Vorarbeiter/Einsatzleiter (?) „Wenn dir was nicht passt, kannst du ja gehen“. Als Antwort auf eine ganz normale Frage, weil das Gebaren unverständlich ist? Security kann eben jeder werden, der muss auch nichts leisten, nur ein sauberes Führungszeugnis haben. Um den Strahl seiner Maglite gut einzustellen, fand er es anscheinend passend, den Lichtstrahl testweise länger auf seine Hose zu richten und sein Gemächt gut auszuleuchten – direkt vor dem Publikum. Das muss wirklich keiner sehen und einige Mädels wandten sich bei diesem Anblick auch angewidert ab. [Anmerkung Kyra: Kennt ihr den Witz mit dem Hasen, dem Fuchs und dem iPhone? Naja, dieser Security hatte halt eine Maglite stattdessen.] Als ein Zuhörer (für mich deutlich sichtbar) eine WhatsApp checkte, kam sofort ein Security angerauscht und haute von oben auf das Handy. Der Mann konnte sein Handy Gott sei Dank noch festhalten. Auf den Rängen wurde deutlich sichtbar gefilmt. Ich fragte, warum auf dort nichts ähnliches passierte, sondern nur in der Arena, da meinte er nur lapidar, „dass das nicht ihr Bereich wäre“. Dass der Pseudoanführer aber über Handy und Funk verfügte, und so eine Kommunikation zur oben befindlichen Security möglich gewesen wäre – und bei Notfällen auf zwingend notwendig -, war ihm wohl kurzzeitig über die Beleuchtung seiner Nichtigkeit und den verbalen Entgleisungen gegenüber dem zahlenden Publikum entfallen. Dafür war Aggroman bereit, uns tätlich anzugreifen, was wir noch abwenden konnten. Namaste, Placebo? Das reichte dann, um noch während des zweiten Songs die Halle zu verlassen. Diesen unsäglichen Mist wollten wir uns nicht weiter antun, da wir eigentlich ein Konzert, für das wir bezahlt hatten, genießen wollten und uns nicht von Personen angreifen lassen wollten, die absolut ungeeignet für den Job sind, den sie bekleiden.

Werte Security Mitarbeiter … was soll dieser unsägliche Scheiß, den ihr an diesem Abend da fabriziert habt? Hatten einige von euch nur gequirlte Scheiße unter der Schädeldecke, um so brutal auf ZAHLENDES Publikum los zu gehen? Zahlendes Publikum, das euch eure Jobs sichert! Ich kann mich noch sehr gut an den Aufschrei während der Pandämie erinnern wegen all der armen Mitarbeiter bei den Sicherheitsfirmen, die aufgrund fehlender Konzerte um ihre Existenz fürchten müssen. Dann findet wieder was statt und ihr geht sowas von brutal auf die Leute los, durch die ihr überhaupt eure Jobs habt.

Wieviel Profi steckt in einer Band, um sich von Handys in eine schwierige und verspannte Situation bringen zu lassen? Emotionale Kommunikation durch die Songs? Diese erfolgt normalerweise durch Musik und Text und hat mit einem sichtbaren Handy nichts zu tun. Die Fotografen im Graben haben euch ja auch nicht gestört, aber da hat man ja PR-mäßig was von, gell?
Denkt ihr eigentlich auch mal daran, wer euch bezahlt und finanziert? Ist es der Fotograf der Zeitung, der ja so wohlwollend fotografieren darf, oder ist es doch der zahlende Fan, der ein paar Bilder als Erinnerung mit heim nehmen will? Die Dauerfilmer will und braucht wirklich keiner, aber gegen einige Handyfotos so vorzugehen, zeugt von äußerster Missachtung derer, die euch als Band überhaupt erst ermöglichen, live spielen zu können. Wer sein Publikum so mit den Füßen tritt, darf sich nicht wundern, wenn sich beim nächsten Mal niemand mehr dieses unmögliche Gebaren antun will.
Geniesst diesen Moment, denn dieser wird so nicht wieder zurück kommen“ stand auch noch groß auf der Leinwand geschrieben. STIMMT! – denn das war das erste und letzte Konzert mit einer Band, die sich sowas von unmöglich ihren Fans gegenüber gibt.

Ich persönlich bin seit Ende der 70er Jahre Musikfan, gehe seit 1980 auf Konzerte, hab auf hunderten von Konzerten sowohl als Stagehand als auch als Security gearbeitet oder es als Fan oder Musikliebhaber besucht, aber dieses Konzert war in meinen circa 1.500 Konzerten der absolute Tiefpunkt. Schlimmer gehts wirklich nicht mehr. Ein unsägliches Gebaren einer Band gegenüber seinen Fans und ein absolutes Arschlochverhalten von Sicherheitsleuten den Leuten gegenüber, die ihnen ihre Jobs erst ermöglichen. Unterste Schublade und mit Sicherheit mein schlimmstes Konzert der letzten 40 Jahre!

Anmerkung Kyra: Laut Website des Olympiaparks München ist die Munich Security Services GmbH immer noch der für die Sicherheit zuständige Dienstleister. Die Firma hatte sich mächtig was drauf eingebildet, als sie vor knapp sechs Jahren den Zuschlag dafür bekommen hat und machte seit jeher einen desorganisierten und überforderten Eindruck. Von einem Sicherheitskonzept konnte bei diversen Veranstaltungen nicht die Rede sein. Verbale Entgleisungen und grundlose Tätlichkeiten seitens der Mitarbeiter:innen kamen bereits öfter vor. Dafür wird man am Eingang entweder schlimmer gefilzt als in einem amerikanischen Gefängnis und nicht viel besser behandelt, oder kann sogar mit Stichwaffen durch die „Kontrolle“. Ein Aushängeschild für den Olympiapark und die Sicherheitsfirma ist das Verhalten der Mitarbeiter:innen nicht. Beschwerden werden übrigens (schon lange vor dem Placebo-Konzert) ignoriert. Namaste.

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