Unter den belebten Straßen von Paris, wohnt der Tod. In einem Labyrinth aus Tunneln sind mehrere Millionen Tote vergraben. Die Knochen zum Teil aufgeschichtet oder wild auf Haufen geworfen. Die Katakomben von Paris faszinieren Urban Explorer und feierwütige Jugendliche, die hinabsteigen, um die Tunnel zu erforschen oder das Gefühl des Verbotenen zu erleben. Will möchte eigentlich gar nicht mit, aber er lässt sich schließlich doch überreden. Eine Entscheidung, die er schon bald bereut…
Jeremy Bates führt mit seiner Reihe an die beängstigendsten Orte der Welt. Dieses Mal ist es Paris mit seinen Katakomben – und die sorgen für genug Stoff für Horrorgeschichten. Bates setzt aber meistens woanders an, nicht unbedingt an dem Ort, an den er seine Leser führt, sondern in der Gruppe, die sich auf das Abenteuer begibt. Die Gruppendynamik ist nämlich nicht gerade harmonisch. Verletzte Gefühle, unerwiderte Liebe, Eifersucht und auch ein bisschen Ablehnung der Franzosen gegen die Amerikaner und umgekehrt. Das alles spielt sich in der Vierergruppe ab, die in die Katakomben klettert. Zwei sind erfahrene Kataphile, zwei totale Neulinge.
Wie es sich für einen Horrorroman gehört, gibt es eine Vorgeschichte, einen Grund, warum man ausgerechnet an einen bestimmten Ort in den Katakomben möchte. Es wurde eine Videokamera gefunden und auf der sieht man eine panische junge Frau, die eben diese Kamera fallen lässt und dann schreiend wegrennt. Was hat sie gesehen? Wer hat sie erschreckt? Und vor allem: Lebt sie noch? Das Quartett möchte das herausfinden und begibt sich in das Tunnelsystem.
Hier beginnen leichte Unstimmigkeiten. Die beiden Kataphilen, die dorthin wollen, wo die Kamera gefunden würden, kennen sich da unten bestens aus und wissen, dass es einen besseren und näher am Fundort befindlichen Eingang gibt. Sie nutzen aber einen anderen Einstieg, so dass sie Stunden brauchen, um überhaupt an diese Stelle zu kommen. Trotz aller Erklärungsversuche macht das wenig Sinn. Genauso wie zwischenzeitliches Schlafen, denn die Gruppe steht unter Zeitdruck, unternimmt sie die Tour doch mitten unter der Woche und alle müssen am nächsten Morgen wieder in ihren Jobs brillieren. Warum nicht am Wochenende mit mehr Zeit? Genauso unverständlich ist, dass zwar immer wieder betont wird, wie gefährlich alles ist, weil man steckenbleiben, sich verirren oder von herabstürzenden Tunneldecken eingesperrt oder gar unter ihnen begraben werden kann. Aber man ist weder sonderlich vorsichtig, noch vernünftig, bekifft und besäuft sich lieber, was allerdings zum richtigen Zeitpunkt unter den Tisch fällt und keine Auswirkungen hat. Die Charaktere sollen eine gewisse Tiefe darstellen, bleiben aber derart in ihrer Rolle verhaftet, dass es weder eine Entwicklung, noch irgendeine fühlbare Menschlichkeit gibt. Eigentlich möchte man dem Protagonisten Will mal eine schallende Ohrfeige geben und ihm sagen, er solle endlich aufhören, wie ein kleines Kind zu sein. Und seinen drei Begleitern gleich mit. Es sind Kindergartenprobleme, die aufgebauscht werden und das mag ja durchaus im realen Leben auch mal vorkommen, aber nicht so konstruiert und so auf einem Haufen.
Die Auflösung allerdings ist dann wiederum ganz cool. Man bleibt schon dabei, taucht in die Geschichte ein, ja, wenn man nicht viel über Logik nachdenkt und den Kindergarten etwas überspringt, dann ist es sogar ein richtig mitreißender Roman. Als zweiter Teil der Reihe von Jeremy Bates – die man nicht in der Reihenfolge lesen muss, weil es eigenständige Bücher sind -, muss man ihm allerdings zugestehen, dass er aus dem ein oder anderen Fehler aus dem ersten Band um den Selbstmordwald in Japan gelernt hat. Es wird ein bisschen weniger auf die privaten Mimimis der Haupthandelnden eingegangen und sich mehr auf den eigentlichen Plot konzentriert. Alles in allem dennoch eine Empfehlung für Freunde des Urban Horror.
3/5
—
Jeremy Bates – Die Katakomben (Die beängstigendsten Orte der Welt. Band 2)
Luzifer Verlag, 2019
356 Seiten
Taschenbuch: 14,95 €
