Buch: Petra Hammesfahr – Mit den Augen eines Kindes


Er hat einen weißen Hai in einem Bach gesehen. Er hat gesehen, wie T-Rex einen Kindergarten überfallen hat. Und dann hat er auch noch gesehen, dass Rex eine Frau entführt hat. Der kleine Oliver hat eine lebhafte Fantasie und deshalb nimmt auch erstmal keiner so richtig ernst, was er über die Frau und den Rex erzählt. Auch nicht sein Vater, der Kriminalhauptkommissar, der gerade ganz andere Probleme hat…

Wer Petra Hammesfahr kennt, weiß, dass sie gerne in die Abgründe der menschlichen Psyche eintaucht und ihren Lesern nicht zwingend den knallharten Blutschocker präsentiert. Vielmehr hat sich die Erfolgsautorin auf subtilen Grusel spezialisiert, erzählt eigentlich viel mehr das Drumherum, als die Tat selbst und baut damit eine bedrohliche Spannung auf. Mit den Augen eines Kindes ist irgendwie anders. Das verkorkste Liebesleben des Kommissars steht ihm im Weg, beruflich wie privat, er will seinen Sohn Oliver nicht verlieren, aber als seine Jugendliebe wieder auftaucht und er sie auf einem Klassentreffen wiedersieht, kann er ihr doch nicht widerstehen. Damit gefährdet er erneut seine Familie und sein privates Glück. Auch beruflich hat die blonde Schönheit, die im Bett keine Tabus kennt, großen Einfluss auf den Erfolg des Kriminalers. Und Oliver? Der erzählt trotzdem munter seine Geschichte vom Rex, dass er Angst vor ihm hat und nicht mehr zu seinem besten Freund will deswegen. Aber bei ihm hat er sein Dinobuch vergessen und das muss der Papa bitte abholen.

Es dauert Seiten, bis man als Leser dahinterkommt, was wirklich nicht stimmt, was hinter der Familie des besten Freundes, hinter Ermittlungen, die damit gar nichts zu tun haben und dann irgendwie wieder doch, steckt. Und über allem schwebt die Frage: Hat Oliver den Rex vielleicht wirklich gesehen?

Hammesfahr baut eine irrsinnige Spannung auf. Man will weiterlesen, will wissen, was passiert ist, lässt sich dabei nur teilweise ablenken von der leidenschaftlichen Affäre, die irgendwann nervt, aber genauso in dem fiktiven Leben des Protagonisten stört. Und vielleicht wäre alles anders gewesen, wenn der Sex und die Jugendliebe und die Angst um den Verlust der Familie in den Hintergrund geraten wären und der Kommissar seinem Sohn aufmerksam zugehört hätte. Aber als ihm das klar wird, ist es bereits viel zu spät…

5/5

Petra Hammesfahr – Mit den Augen eines Kindes
Saga Egmont Verlag, 2023
380 Seiten

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