„In einer dunklen Winternacht sieht der Journalist Ben Harper das alte Gemeindehaus seiner Heimatstadt in Flammen stehen. Sofort eilt er zu Hilfe und befreit eine im Feuer eingeschlossene Person, die aber umgehend flieht. Schnell kursieren Gerüchte in der Gemeinde, und auch Ben lässt der Vorfall nicht los: Hatte der flüchtige Unbekannte etwas mit dem Feuer zu tun? Dann wird in den Trümmern eine Leiche gefunden, und DI Dani Cash übernimmt die Ermittlungen. Doch als bekannt wird, dass die Tote ihre Mutter ist, wird der Fall für Dani zum absoluten Albtraum. Ihr ist klar: Sie braucht die Hilfe ihres Freundes Ben, denn ihr bisheriges Leben scheint eine einzige Lüge gewesen zu sein …“ (Quelle: Klappentext)
Eleven Liars spielt mit der Idee, dass Lügen sich wie Kreise ausbreiten und dass Wahrheiten oft nur schwer von Fiktion zu unterscheiden sind. Die Erzählung verknüpft persönliche Geschichten von mehreren Figuren zu einem rätselhaften Konstrukt, das Leserinnen und Leser dazu zwingt, Verlässlichkeit neu zu bewerten. Die Struktur nutzt Kapitelebenen, wechselnde Perspektiven und gezielte Enthüllungen, um Spannung schrittweise aufzubauen, ohne die Gesamtlogik zu opfern.
Robert Gold gelingt es, eine klaustrophobische, nahezu filmische Atmosphäre zu schaffen. Die Sprache bleibt zugänglich, doch hinter klaren Formulierungen verbergen sich feine Ironien, subtile Andeutungen und eine unterschwellige Skepsis gegenüber den Protagonistinnen und Protagonisten. Die Spannung ergibt sich weniger aus actionreichen Momenten als aus dem stetigen Abgleiten von Vermutungen, Missverständnissen und dem Druck, die eigenen Lügen rechtzeitig zu entlarven.
Die Figuren wirken multiperspektivisch und vielschichtig. Ihre Beweggründe, Ängste und Geheimnisse verknäulen sich ineinander, sodass jede Enthüllung neue Fragen aufwirft. Die Nähe zu den inneren Konflikten der Charaktere macht das Lesen psychologisch ansprechend. Der Autor lässt die Moralgrenzen der Figuren oft verschwimmen, was die Spannung erhöht.
Im Kern geht es um Wahrheit, Vertrauen und die Macht von Lügen in Beziehungen. Welche Konsequenzen haben Täuschungen, und wie viel Wahrheit braucht es, um eine Handlung fair zu bewerten? Diese Fragen werden sensible, ohne didaktische Lehrmeisterei diskutiert.
Die Hörbuchfassung macht den Stoff besonders hörenswert. Die Interpretation gelingt, indem die Stimmen der Erzähler Charles Rettinghaus und Oliver Brod die wechselnden Perspektiven klar separieren und die Spannung auch auditiv tragen. Die Dramaturgie des Hörbuchs – mit gezielten Pausen, betonten Momenten und einer passenden rhythmischen Gestaltung – verstärkt die psychologische Dichte des Romans. Wer gern in ein Werk eintaucht, während man unterwegs ist oder andere Aufgaben erledigt, wird hier von der Inszenierung getragen.
Eleven Liars bietet eine kompakte, fesselnde Erzählung über Wahrheit und Täuschung mit vielschichtigen Charakteren und einer durchdachten Plotkonstruktion. Die Hörbuchfassung ergänzt das Leseerlebnis durch eine gekonnte Sprecherleistung, die die Spannung nachhaltig hochhält. Perfekt für Leserinnen und Leser, die psychologisch orientierte Romane mit einem konsequenten Spannungsbogen schätzen – und für Hörbuchfans, die Wert auf eine hochwertige Umsetzung legen.
4/5
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Robert Gold – Eleven Liars
Der Hörverlag, 2024
Hörbuch: 9:39h
Taschenbuch: 368 Seiten
