Rezension: Tsokos, Guddat – Deutschland misshandelt seine Kinder


 

Jährlich werden über 200.000 Kinder in Deutschland misshandelt. Die Dunkelziffer dabei ist noch erheblich größer. Die beiden Rechtsmediziner Saskia Guddat und Michael Tsokos haben oft mit solchen Fällen zu tun und kämpfen dabei gegen Windmühlen. Viele Richter und Kinderärzte versagen, die Jugendämter sowieso, da sie die Misshandler schützen und ihnen einfach weiterhin die Kinder anvertrauen, die teilweise bis zur Schwerbehinderung oder gar zum Tod gequält werden.

Mit einigen Beispielen erzählen die beiden aus ihrem beruflichen Alltag, wo man den Tod eines Kindes hätte verhindern können, wo Kinderärzte versagt haben, weil es doch einfach nicht sein kann, dass Eltern ihren leiblichen Kindern so etwas antun. Sie erzählen von Jugendämtern, die faul und überfordert in ihren Büros hocken, zu viel auf dem Tisch haben und sich gar nicht um die einzelnen Fälle wirklich kümmern können – das geht so weit, dass einer Sozialarbeiterin über Monate hinweg das falsche Kind vorgeführt wird, während das eigentlich betroffene Mädchen im Nebenzimmer liegt und stirbt. Wie Ämter und Behörden die Augen verschließen ist eines der Themen, mit denen sich Tsokos und Guddat auseinandersetzen.

Dabei wird aber nicht blind verurteilt, denn beide Seiten sind bekannt und so gibt es zahlreiche Lösungsvorschläge, die Deutschland einfach nur mal in Angriff nehmen müsste, aber hier haben die Familienminister der letzten Legislaturperioden klar versagt mit einer Scheinpolitik, die nichts bringt. Man möchte van der Leyen, Schröder und wie sie alle heißen mal für eine Woche mit in diese Familie nehmen, mit zu misshandelten Kindern, in die Gerichtssäle, in denen Eltern, die klar ein Kind misshandelt haben, aber sich gegenseitig in Schutz nehmen, freigesprochen werden.

Es muss etwas geschehen – was genau, das sagen die beiden Berliner Rechtsmediziner auch sehr deutlich. Dennoch hat man das Gefühl, dass ihre Worte, so wichtig und richtig sie auch sind, nur ungehört verhallen werden.

Jedes Kind hat das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Das sehen scheinbar über 200.000 Elternpaare anders.

Das Buch erschüttert, macht wütend, machtlos und ohnmächtig. Teilweise hatte ich Tränen in den Augen und hoffte beinahe, es sei nur ein ganz abscheulicher Thriller, den ich da in der Hand halte. Leider ist es aber grausame Realität. Unverständlich, wie Eltern ihrem eigen Fleisch und Blut diese Dinge antun können. Aber sie geschehen, tagtäglich in unserem Land, unserer Stadt, vielleicht sogar der Nachbarschaft und wir schauen weg.

Eine absolute Empfehlung für jeden.

5/5

Michael Tsokos, Saskia Guddat – Deutschland misshandelt seine Kinder
Droemer-Knaur, 256 Seiten
17,99 €, gebunden
Amazon

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