Sara ist schwanger von einem verheirateten Mann, der seine Familie nicht verlassen möchte, auch wenn er Sara über alles liebt. So entscheiden sich die beiden für eine Abtreibung. Doch vor der Klinik wird die junge Frau von religiösen Fanatikern entführt, die ihr die Entscheidung über Leben und Tod nicht geben wollen. Im Keller eingesperrt erlebt sie monatelang Demütigungen und Schmerzen – und schließlich erkennt sie, welches Ziel ihre Entführer verfolgen …
Jack Ketchum ist ein Meister des Horror. Zumindest schien er das immer zu sein. Mit „Lebendig“ bricht er mit seinem Stil. Nach der kurzen Einführung in Saras Leben, wird sie auch schon entführt und mit ihr der Leser. Sie verbringt ihr Dasein in einem Keller, wird geschlagen und gefoltert, nach vielen Regeln des BDSM erzogen und fügt sich schließlich ihrem Schicksal. Ungewollt wächst das Mädchen in ihr heran und ihre Entführer machen Sara mit einer angeblichen Organisation Angst, die sogar die Eltern und Freunde umbringen könnte.
Schnell wird deutlich, dass die Geschichte keine weiteren Höhepunkte mehr zu bieten hat. Seicht und sehr lustlos plätschert die Erzählung wie im Zeitraffer dahin. Mal wird Sara ausgepeitscht, dann muss sie putzen, dann gibt es Zeitsprünge. Was Ketchum dieses Mal überhaupt nicht anbringt, sind die feinen Milieustudien, die detaillierten Beobachtungen der Protagonisten, das Herablassen auf deren Sprache und Niveau, das seinen Stil bisher prägte und seine Bücher von billigen Horrorstories teilweise sogar zu anspruchsvolleren Werken werden ließ. Damit könnte man sich abfinden, wäre da eben genau diese entsprechende Portion Horror und Thrill, die man erwartet. Das Unfassbare, das Gruselige, das wirklich Grausame – aber es bleibt aus. Da ist nichts, was einen das Blut in den Adern gefrieren lässt, was einen mitreißt und packt, so dass man das Buch nicht mehr aus Hand legen möchte. Da ist nur Langeweile, eine ziemlich seichte Story ohne jeglichen Höhepunkt, die abrupt endet und den Leser mit der Frage zurücklässt, ob der Autor einfach keine Lust mehr hat, Bücher zu schreiben. Auch der im Klappentext beschriebene religiöse Fanatismus ist nur in winzigen Spuren vorhanden.
Es folgen zwei Kurzgeschichten, die eher wie ein Brainstorming wirken. Aus beiden Geschichten könnte man etwas machen, sie spannender gestalten, sie ausschmücken und nicht nur vage und langweilige Andeutungen hinterlassen. Es sind Kurzgeschichten, die von der Liebe zu Katzen handeln – welche einige Leser sicherlich teilen können – und von der Gewalt gegen Kinder. Aber es fehlt … der wirklich Plot, der wirkliche Grund, diese Buchstabenreihen zu lesen.
Ketchum hat hier sein – meiner Meinung nach – schlechtestes Werk abgeliefert. Ein fast schon dilettantisches Werk, das seinen Ruf in meinen Augen stark ankratzt. Wäre dies das erste Buch, das ich von ihm läse, ich fasste kein zweites an. Mir tut es sogar um das Geld leid, das ich investiert habe.
Fazit: Fans werden es sicherlich lesen, aber man darf nicht zu viel erwarten. Wer Ketchum nicht kennt, sollte die Finger davon lassen, denn dieses Werk zeigt nicht, was der Autor normalerweise drauf hat.
Jack Ketchum ist das Pseudonym von Dallas Mayr, der bereits als Schauspieler, Lehrer und Holzverkäufer tätig war. Er zählt zu den Meistern des Horrors und wird in einem Atemzug mit Stephen King genannt. Unter anderem von ihm erschienen: „Lost“, „Versteckt“, „Evil“.
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Jack Ketchum – Lebendig
Heyne Hardcore, 2014
224 Seiten
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