CD: Pferd des Gaertners – Poking Dead Things (2014)


Pferd des Gärtners - Poking Dead Things

Da ist er nun – der von den Fans der Münchner Post-Punk-Formation Pferd des Gaertners lang erwartete neue Longplayer. Poking Dead Things heißt das auf 243 Exemplare limitierte neue Werk und das hat es in sich. In einem schönen Digipack, einzeln handnummeriert und mit einem farbigen Booklet versehen, macht der Silberling einen guten ersten Eindruck. Tote Dinge – dead things – sind auch als Fotografien im Booklet zu sehen: Verrottende Gegenstände, von Mike an wahrlichen Lost Places fotografiert, machen einem das Mitlesen der Texte zu einem Vergnügen. Breite Gitarrenwände aus den Instrumenten der beiden Gitarristen Peter und Volker zeichnen sich deutlich in jedem der zwölf Songs ab, wobei von Anfang bis Ende das harmonische Wechselspiel der beiden zwischen Lead und Rhythmus auffällt. Das passt perfekt zusammen, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge, die sich im Falle von Poking Dead Things aufs eindringlichste in die Gehörgänge schraubt. Fundamentiert wird das Ganze von der sehr soliden Basis aus Bass, gezupft von Elmar, und Drums aus den Händen von Mike. Peter und Mike sind auch verantwortlich für die Texte, die in Deutsch und Englisch abgefasst sind.

Los geht’s im Mid-Tempo angesiedelten Titeltrack „Poking Dead Things“, der gleich am Start mit einer Gitarrenwand auffährt, die eigentlich sofort zum Tanzen oder zumindest Haare schütteln animiert. Kontrast im Song bietet das im Refrain fast geschriene „Dead Things“ als Backgroundgesang. Stakkato artig wie eine Maschinengewehrsalve kommt „Der beißt nur“ hinterher, der auch so manchen Metal-Head ins Post-Punk-Lager locken könnte. Fast borduntonartig kommt einem der Gesang von Peter im folgenden „Nightfall“ vor. Eh schon immer in den tieferen Tonlagen angeordnet, sticht die Stimme in diesem Song sehr hervor, aber das passt perfekt. Mit einem eingängigen Gitarrenriff, das bestens in den klassischen Hardrock der Achtziger Jahre passen würde, beginnt der für mich beste Song auf dem Album. „Mittelgroße deutsche Städte“ heißt der Knaller, der sich mit ziemlicher Sicherheit zum Tanzflächenfüller in den einschlägigen Clubs mausern wird. Nicht minder eingängig und ebenfalls auf Undergroundhit gebürstet, folgt „Arsonist“, in dem der sprechartige Gesang von Peter wieder bestens hervorsticht. Basslauf und Schlagzeug läuten „Die Wiederkehr“ ein, in dem besonders das trommelwirbelartige Spiel von Mike auf den Drums hervorsticht. Den folgenden Track, „Pandora“ kennt der eine oder andere Fan der Band mit Sicherheit schon aus der jüngeren Vergangenheit – spielt ihn die Band doch schon seit circa drei Jahren auf den Konzerten live und sogar auf Youtube steht das selbstproduzierte Video seit eben jener Zeit. Auf den Konzerten der Münchner ist der Knaller seit geraumer Zeit einer der Live-Highlights. Mit einem Basslauf, der sich auch sehr gut bei den Red Hot Chili Peppers einfügen würde, beginnt „Sixty Seconds“ etwas ruhiger, aber mit der Ruhe ist‘s bald vorbei, als die bewährte Wand aus Gitarrensound aufgefahren wird. Das ist Punkrock der ersten Güteklasse und die Post geht ab wie Harry. Hier fallen auch wieder die fast schon geschrienen Backgroundvocals im auf. Einfach klasse! Beim folgenden Instrumentaltrack „Strom“ fällt mir der einzige kleine Wermutstropfen auf, der sich eigentlich durch fast das ganze Album zieht. Der Bass könnte durchaus etwas lauter und knackiger sein. Elmar zupft harmonische Bassläufe wie der Gott der vier Saiten, aber sie gehen leider etwas unter in der satten Wand aus den Gitarren. „Gnosis“ schiebt den Geschwindigkeitsregler wieder etwas nach vorne, während gleich darauf beim etwas langsameren „Die Pest“ das fast swingartige Schlagzeugspiel von Mike auffällt. Ein sehr vielschichtiges Intro läutet den finalen Track „Dragons“ ein, bei dem Peters Stimme, als sie nach genau einer Minute Intro einsetzt, ganz klar im Raum steht und dadurch extrem auffällt. Langsame instrumentale Phasen wechseln mit harten gitarrengekränzten Sprachpassagen ab, was dem Song sehr gut steht.

„Unverwechselbar“ würde ich den vier Kerlen vom Pferd des Gaertners auf die Fahne schreiben, denn unverwechselbar sind sie wahrlich. Das ist Post-Punk der ersten Güteklasse, der den Vergleich mit den großen Vorbildern nicht zu scheuen braucht. Man erkennt viele Einflüsse von bekannten Bands aus der Richtung, aber abgekupfert haben die vier Münchner gar nichts. Das ist alles aus eigenem Mist gewachsen, und dieser Mist eignet sich bestens als Dünger, mit dem der Post-Punk auch die nächsten Jahrzehnte überleben wird.

Obwohl mir persönlich der Bass etwas zu leise ist, gibt’s für dieses feine Teil die volle Punktzahl.

5/5

Anspieltipps: Mitteldeutsche große Städte, Arsonist, Pandora, Dragons

Pferd des Gaertners – Poking Dead Things
Eigenproduktion
Erhältlich bei http://pferddesgaertners.de/

Tracklisting:

01 – Poking Dead Things
02 – Der beisst nur
03 – Nightfall
04 – Mittelgroße deutsche Städte
05 – Arsonist
06 – Die Wiederkehr
07 – Pandora
08 – Sixty Seconds
09 – Strom
10 – Gnosis
11 – Die Pest
12 – Dragons

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