Eine Rezension über ein Buch aus dem Jahre 1969 ? Warum ?
In einer Zeit, in der sich junge Mädchen mit Postern und Memorabilias ihrer Lieblings-DSDS-Germany-Next-Voice-Superheldenpopstars eindecken, soll diese Buchbesprechung einen kleinen Einblick über das Verhalten der damaligen jungen Leute der Swinging Sixties bringen … sozusagen als Gegenpol oder Vergleich.
Erzählt wird das ganze vom ehemaligen Groupie Jenny Fabian im Stile eines Tagebuchs. Sie beschreibt in ihrem kurzweilig zu lesenden Stil einen fiktiven Ablauf ihres Lebens während einiger Monate um 1966/1967. Sie nimmt dabei kein Blatt vor den Mund und wenn man liest, mit wem sie wann ins Bett steigt oder wer wann ihr zeitweiliger Lebensgefährte war, ist das keineswegs verwunderlich. Ist man doch während des Lesens psychisch eingetaucht in die psychedelische Welt des Swinging Londons der Sechziger. Ganz normal erscheint einem das, was Fabian da vorbringt. Man versteht irgendwie die Motivation hinter dem damaligen Groupietum ohne es anstössig zu finden. Man meint in den Namen der erwähnten Bands Parallelen zu bekannten Größen zu finden und das ist trotz der Fiktivität der wahre Kern von Fabians Erlebnissen. Man erkennt in den beteiligten Personen „Ben“ (= Syd Barrett), „Davey“ (= Andy Summers), „Andy“ (= David O`List), „Sam“ (= Mitch Mitchell), „Joe“ (= Rick Grech) und vor allem „Grant“ (= Tony Gourvish) sofort die realen Abbilder der Protagonisten wenn man die erwähnten Bands den jeweiligen damaligen Gruppen zuordnet. Nicht während des erstmaligen Lesens … zu kurzweilig ist das Geschriebene. Sinnvoll wäre, die Listen der fiktiven Bands mit den ehemaligen Größen vorher gegenüber zu stellen. Sofern man die Musik oder das Lebensgefühl seiner musikalischen Heroen einigermaßen nachvollziehen kann und will, fühlt man sich unweigerlich mittendrin in der Szene. Man kann sich hineinversetzen in die Clubs, Bars und Klamottenläden … zu real erscheint einem das Ganze.
Folgend die Vergleichsliste der fiktiven mit den realen Bands:
Satin Odyssey = Pink Floyd
Big Sound Bank = Zoot Money´s Big Roll Band
The Transfer Project = Dantalion´s Chariot
The Savage = Eric Burdon and the Animals
The Dream Battery = The Soft Machine
Jubal Early Blowback = Aynsley Dunbar´s Retaliation
Relation = Family
The Elevation = The Nice
The Shadow Cabinet = Spooky Tooth
The New York Sound and Touch = The Fugs
The Jacklin H. Event = Jimi Hendrix Experience
Heutigen Eltern, die sich über das Fan- und Verehrertum ihren Sprösslinge wundern und am Verstand ihrer Kinder zweifeln, sei dieses Buch ans Herz gelegt. Wie würden sich so manche Mutter oder Vater die Haare raufen, wenn sich ihre Kinder so benehmen würden wie Fabian es in Groupie beschreibt! Zeter und Mordio würden sie schreien, sämtliche Behörden alarmieren, Polizei und Staatsgewalt wäre dauernder Zaungast. Lass den spinnerten Jugendlichen ihre „Vorbilder“! Zu harmlos ist das doch im Vergleich zu damals.
Ein sehr kurzweilig zu lesender Spaß, der einen zurückbringt in eine Zeit, in der doch vieles besser war … wirklich besser? … Vielleicht.
4/5
—
Jenny Fabian / Johnny Byrne – Groupie
Bärmeier u. Nikel, 1969
316 Seiten
Gebraucht ca. 8 €
Amazon