CD : KADAVAR – Berlin (2015)


Berlin - Cover FrontAller guten Dinge sind drei, heißt es so schön, und genau das dritte reguläre Album der drei Berliner Stonerrocker Kadavar liegt nun vor mir. Eigentlich sind es ja schon fünf LPs, die die Band veröffentlicht hat, aber die Split-LP White Ring zusammen mit Aqua Nebula Oscillator und die 2014er Live in Antwerp wollen wir mal hier außen vor lassen. Vor gut zwei Jahren hat der alte Bassist Philipp „Mammut“ Lippitz die Band verlassen und mit dem Nachfolger Simon „Dragon“ Bouteloup gings seitdem durchgehend auf Tour, was sich im Zusammenwachsen spür- und hörbar niederschlägt. Mit Sänger und Gitarrist Christoph „Lupus“ Lindemann und Drummer Christoph „Tiger“ Bartelt ist das Trio komplett.

Track Eins des neuen Longplayers, „Lord of the Sky“ fängt mit einem Riff an, das nach den ersten Tönen sofort an Lenny Kravitz‚ „Are you gonna go my Way“ erinnert und genau so furios wie das musikalische Vorbild voranprescht. Der nächste Song, „Last living Dinosaur“, beginnt mit einem Manowar-typischen Riff, das man dort auch in „Defender“ so erwarten könnte, und wandelt sich nach kurzer Zeit in ein Black Sabbatheskes Klanggebilde, das den letzten lebenden Dinosauriern des Heavy Metal sehr gut zu Gesicht stehen würde. In bestem 4/4 Takt kann man sich zu wehender Mähne die Seele aus dem Leib hüpfen. Mit einem akustischen Intro beginnt „Thousand Miles away from home“, aber das täuscht. Das ist sozusagen nur die Ruhe vor dem Sturm, denn der bricht kurze Zeit später aus den Lautsprechern. Die zwei Jahre Tournee haben die drei zu einer homogenen Einheit verschweißt, was man wohltuend bemerkt. Track 4, „Filthy Illusion“ würde bestens ins Repertoire der Rollenden Steine um Mick und seine Mannen passen. Das Riff dazu könnte glatt aus der Feder von Keith Richards stammen. Das ist klasse und hebt sich vom üblichen Einheitsbrei so vieler Stonerbands wohltuend ab. Wir bleiben quasi in den 60’s, denn die Licks beim folgenden Song hatten definitiv Jimi Hendrix als Inspiration. Von den „Pale blue Eyes“ geht es fließend über zu den „Stolen Dreams“, welche als Klanggewitter in bester Cowboymanier durchs Wohnzimmer galoppieren. Eine doppelte Leadgitarre war bisher bestens bekannt durch die Mannen von Wishbone Ash und genauso genial wie die Band um Andy Powell seinerzeit beginnt „The old Man“. Als die Stimme einsetzt, meint man fast Jethro Tulls Flöten-Derwisch Ian Anderson zu hören. Welch eine Abwechslung! Mit schönen Harmonien kann der nächste Song aufwarten … „Spanish wild Rose“. Glenn Danzig wäre Kandidat Nummer Eins, der diesen Song bestens covern könnte. Bei „See the World with your Eyes“ hört man gut, wie sauber und differenziert man Stonerrock produzieren kann. Kein ach-so-üblicher Brei, sondern klar abgegrenzt stehen Stimme und Instrumentierung im Raum. Das ist einfach nur Klasse. Zu „Circles in my Mind“ fällt mir nur ein, dass er bestens ins gesamte Gefüge der neuen Scheibe passt. Der letzte reguläre Track auf der LP gibt noch mal richtig Vollgas. „Into the Night“ presst im Vorwärtsgang den letzten Rest Ohrenschmalz aus allen Gehörgängen.

LP… Jaaahaa … es wurde auf Doppel-Vinyl gespresst, was sich auch definitiv besser anhört als diese elenden Plastikschachteln, deren Medium in einem dunklen Loch verschwindet und unsichtbar vor sich hin rotiert. Kadavar wollten eigentlich die gesamte Auflage ausschließlich auf Vinyl pressen, mussten aber einsehen, dass für manche die kleine Silberscheibe passender ist als das Althergebrachte. Als Schmankerl für die Analogfetischisten gibts sogar eine kleine Auflage als Musikcassette. Zu guter Letzt gibts auch noch einen Bonustrack. Christa Päffgen alias Nico hat dieses Lied bereits vor vielen Jahren herausgebracht. „Reich der Träume“ – sicherlich einer der Songs, die man nicht so oft hört, aber wunderschön sind. Kadaver nehmen sogar noch etwas an Tempo heraus und bannen eine traumhafte Coverversion auf die Scheibe. Ein wunderbarer Abschluss eines tollen Albums.

Das dritte Album zählt sehr oft als eine Art Wegkreuzung. Quo vadis? Wo gehts hin? Entweder man gibt Gas und befindet sich auf der Überholspur, oder man verschwindet wieder in der Versenkung, weil man sich eben nicht unterscheidet oder abhebt vom Einheitsgedudel so vieler Bands. Bei Kadavar werden sich diesbezüglich keine Sorgenfalten ins Gesicht ziehen. Die haben rechtzeitig Gas gegeben und ein Album abgeliefert, das mit Sicherheit in vielen Plattenschränken sein Zuhause finden wird. Nicht unbedingt bei den Meilensteinen, aber definitiv im vorderen Drittel.

4/5

Anspieltipps: Fast alles … insbesondere vielleicht „Last living Dinosaur“

___

Kadavar – Berlin
Nuclear Blast ; 2015
CD: 18,99€
Limited Vinyl: 24,99€
Amazon

Tracklist:

01 – Lord of the Sky
02 – Last living Dinosaur
03 – Thousand Miles away from home
04 – Filthy Illusion
05 – Pale blue Eyes
06 – Stolen Dreams
07 – The old Man
08 – Spanish wild Rose
09 – See the World with your own Eyes
10 – Circles in my Mind
11 – Into the Night
12 – Reich der Träume  (Nico Cover)

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