CD: Club des Belugas – Nine


belugaSollte jemand, der davon (noch) keine Ahnung hat, über Jazz oder Nu Jazz schreiben? Diese Frage könnt ihr nach dem Lesen dieses Artikels für euch beantworten.

Der Club des Belugas gleitet nun schon seit über 14 Jahren durch die Klangmeere und ist dabei sehr erfolgreich. Sie werden nicht nur in Clubs oder auf sonstigen Feiern gespielt, sondern werten mit ihrer Musik auch Fernsehsendungen, Serien, Werbespots und Kinofilme auf. Die Reichweite geht über Europa hinaus. Insbesondere auf der anderen Seite des großen Teichs werden sie oft gehört und tourten 2007 sogar durch China.

In der deutschen Musiklandschaft sind sie mit ihrer Mischung aus Jazz, Soul, Swing, Funk, Latin, Lounge und elektronischen Mitteln eigentlich einzigartig und auch weltweit lässt sich nur schwer etwas finden, das vollkommen vergleichbar wäre.

Die Fahrt durch die Stile wirkt manchmal wie eine Zeitreise in die 50er, 60er oder 70er und so mancher Song könnte der Titelsong eines vergessenen Bondstreifens sein.

Die Menge an Mitwirkenden ist ebenfalls bemerkenswert. Der Einfachheit halber hier alle Musiker, die auf den beiden Scheiben zu hören sind: Kitty the Bill (Keyboard, Programmierung), Mickey Neher (Schlagzeug), Kay Vester (Perkussion), Matze Bangert (Bass), Detlef Höller (Gitarre), Roman Babik (Klavier, Keyboard), Karlos Boes (Saxofon, Flöte), Lars Kuklinski (Trompete) und Philipp Schug (Posaune).

Dazu kommt eine Reihe an Sängerinnen und Sängern: Anna-Luca (SE), Anne Schnell (D), Antoine Villoutreix (FR), Arema Arega (CU), Ashley Slater (UK), Brenda Boykin (USA), Dean Bowman (USA), Ester Rada (IL), Iain Mackenzie (UK), Nelly Simon (D), Raphael Hurwitz (UK), Saskia Jonker (NL) und Veronika Harcsa (HU). Wobei Anna-Luca und Brenda Boykin die Hauptakteurinnen, insbesondere bei den Liveauftritten, sind.

Nicht zu vergessen, Gründer, Bandleader, Produzent, Keyboarder und Programmierer der Band: Maxim Illion.

Mit Nine kommt das, wer kann es erraten, neunte Studioalbum auf den Markt und es ist wieder eine Mischung aus allem, was die Band ausmacht und etwas mehr. Trotzdem scheint sich eine Veränderung abzuzeichnen. Schon mit der Singleauskopplung „Bye-Bye Baby I Won’t Come Back“ verbreitete sich die Nachricht von einer Schaffenspause, die sich leider bewahrheitete. Es hieß zwar, es würde noch Auftritte geben, aber die Website weist nur zwei private Events für 2017 auf. Natürlich kann sich das noch ändern, aber die Tatsache, dass Nine bisher noch nicht auf der Seite mit den releasten CDs erschienen ist, lässt vermuten, dass die Seite nicht mehr besonders gut gepflegt wird. Meist ein deutliches Zeichen für den stattfindenden Untergang.

Die fehlende Kreativität bei der Gestaltung des Covers ebenfalls auf eine gewisse Endzeitstimmung zu schieben, wäre sicher zu spekulativ. Es fällt allerdings auf, dass nur die vier Worte Club des Belugas und Nine auf weißem Grund nicht zu dem passen, was sonst an Mühe bei der Gestaltung der Hüllen zu sehen ist.

Wichtiger ist selbstverständlich der Inhalt und der hat nicht an Qualität eingebüßt.

Zu Beginn eine Liebeserklärung an die Musik, die gekonnt an einem vorbeischlendert. Ein langsamer Beat, eine smoothe Stimme, die gegen Ende etwas prägnanter wird und erklärt, „It’s Only Music“ trifft es eben nicht ganz.

Der folgende, von den Blechbläsern umrahmte, Takt geht schon fast in Richtung Techno und passend gradlinig wird der „Pogo Porn“ mit ein paar jazzigen Abweichungen durchgezogen.

„What the Butler Heard“ hat leider nichts mit zu erwartendem Klatsch zu tun. Wie es sich für einen loyalen Angestellten gehört, sagt er nichts. Wenn den Noten geglaubt werden kann, arbeitet er für eine fröhliche und ständig aktive Herrschaft, die nur selten leise Töne anschlägt. Diverses Schlagwerk, Flöten und anderes mehr sorgen für viel Bewegung, die, vielleicht aus Gewohnheit, leicht zu fallen scheint.

In „Full Crazy“ geht es Brenda Boykin die meiste Zeit sehr ruhig an. Erst gegen Ende, wenn auch die Musik etwas schneller wird, erhebt sie ein wenig ihre beeindruckende Stimme. Bis dahin bleibt alles ganz cool, wie das mit wirklich Verrückten durchaus laufen kann. Auf echten Wahnsinn wartet der geneigte Hörer allerdings vergebens.

Mit „Hip Hip Chin Chin“ wurde ein Erfolgssong in ein neues Gewand gesteckt, der 2003 erschien und die Top Ten der Deutschen Club-Charts erreichte. Die anfängliche Botschaft ist geblieben: „the subject for tonights lecture is rhythm, the beat“ und wird deutlicher, um einiges elektronischer, hervorgehoben.

Zur „Animal Parade“ schleichen sich ein paar Kleintiere auf Klavier- und Flötentönen herein. Drohend erhebt ein Raubtier sein Haupt und schlägt einige in die Flucht. Ihnen wird gefolgt, sie beruhigen sich und gehen ihrem Tagwerk nach. Achtung, Spoileralarm, es endet tragisch.

Die zweite CD beginnt beschwingt. Brenda Boykin besingt den „Hard Swing Travellin‘ Man“. Ein paar Eindrücke aus dem Musikerleben, unterstützt von verschiedenen Teilen des Orchesters, ohne dass der eindringliche Gesang zu sehr in den Hintergrund gerät.

Ähnlich geht es weiter. Nun behauptet sie eine „Serious Woman“ zu sein. Trotz des funkigen Sounds und dem einen oder anderen Abstecher ihrer Stimme in moderate Höhen, wirkt die Aussage zu meist glaubhaft.

Mit „Moon Lagoon“ befindet sich ein weiteres Stück, das zuvor schon veröffentlicht wurde, auf dem Tonträger. Nur, dass es diesmal von einem Musiker und nicht wie eigentlich üblich, von einer der Stimmen, stammt. Keyboarder Kitty The Bill schlägt hier sehr sanfte Töne an und bleibt dabei.

Den Abschluss bildet das schon erwähnte, von Anna-Luca interpretierte „Bye-Bye Baby I Won’t Come Back“. Zu sich wiegender Musik macht sie mühelos, deutlich und fast ohne Schnörkel Schluss.

Ergänzt werden die Scheiben durch allerlei Remixes, die natürlich von gleicher Güte sind, aber da sich immer der Vergleich aufdrängt und es dadurch noch subjektiver wird, wurden nur wenige näher betrachtet.

Fast durchgehend beschwingt ist es gute Musik, um zu tanzen oder sich berieseln zu lassen. Nicht ohne Grund werden die CDs unter „Dance & Elektronic“ gelistet. Die Menge an Stilen und vor allem Gesangstalenten sorgt für Abwechslung und Begeisterung auf den Scheiben. Wenn sich allerdings der Verstand eines Hörers gerne auch innerhalb eines Liedes mit Tempowechseln, Stilbrüchen oder ähnlichem beschäftigt, dürfte es gerne etwas mehr sein.

3 von 5

Anspieltipp:  What the Butler Heard
(ein rein instrumentales Stück, weil es unmöglich ist, sich für eine der grandiosen Stimmen zu entscheiden)

Club des Belugas – Nine
Label: Glamjazz Records
CD: 20,99 €
Amazon

CD 1

  1. Club des Belugas feat Ashley Slater – It’s Only Music 03:44
    2. Club des Belugas feat Karlos Boes – Pogo Porn 04:04
    3. Mo‘ Horizons – Ai Mi Morena (Club des Belugas Remix)   04:39
    4. The Cosmic Surf Club – Quiet Dawn (Club des Belugas Remix)   05:44
    5. Club des Belugas – What the Butler Heard   03:28
    6. Club des Belugas feat Brenda Boykin – I Just Want to Make Love to You   03:14
    7. Antoine Villoutreix – Les Boulevards de Paris (Club des Belugas Remix)   03:46
    8. Club des Belugas feat Brenda Boykin – Full Crazy   04:09
    9. Bahama Soul Club – Mirando Al Mar (Club des Belugas Remix)   04:32
    10. WDR Big Band & Arturo Sandoval – Manteca (Club des Belugas)   03:39
    11. Club des Belugas – Some Like It Hot (Jojo Effect & GoD Remix)   05:28
    12. Jojo Effect – The Beat Goes On (Club des Belugas Remix)   04:18
    13. Los Cuatro de la Sala – Wheelspin (Club des Belugas Remix)   04:30
    14. Club des Belugas – Hip Hip Chin Chin (Schizoid Sista Remix)   04:45
    15. Club des Belugas – Animal Parade   02:56

Laufzeit: 1:02:59
CD 2

 

  1. Brenda Boykin – Hard Swing Travellin‘ Man (Club des Belugas Remix) 06:49
    2. Club des Belugas – Serious Woman   04:39
    3. Jojo Effect – Not With Me (Club des Belugas Remix)   04:05
    4. Club des Belugas – Save a Little Love For Me (Zouzoulectric Remix)   03:39
    5. Club des Belugas feat Dean Bowman – Better Run   06:39
    6. Iain Mackenzie – Mambo Tonight (Club des Belugas Remix)   04:01
    7. Club des Belugas feat Brenda Boykin – Iko Iko (Papa Cobana Remix)   04:44
    8. Bahama Soul Club – But Rich Rhythms (Club des Belugas Remix)   05:02
    9. Club des Belugas feat Anna-Luca – Quicker with the Trigger   03:36
    10. Audiogold – You And I (Club des Belugas Extended Remix)   04:30
    11. Zouzoulectric – Round Around (Club des Belugas Remix)   03:38
    12. Club des Belugas feat Veronika Harcsa – Under The Neon Light   05:03
    13. Club des Belugas – Moon Lagoon   04:09
    14. Club des Belugas – Mojo’s Walk   02:03
    15. Club des Belugas feat Anna-Luca – Bye-Bye Baby I Won’t Come Back   03:47

Laufzeit:   1:06:33

 

Gesamtlaufzeit:   2:09:32

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