Nachdem die Bombe gezündet wurde, findet sich eine vierköpfige Familie in einer Hütte im Wald wieder. Was genau passiert ist, wissen sie nicht. Sie sind mit dem Auto angekommen, aber woher, das bleibt ihnen verborgen. Zu Beginn haben sie viele Lebensmittel und hoffen auf Rettung, doch irgendwann sind die Vorräte aufgebraucht – und sie müssen essen, um zu überleben…
Matt Shaw ist ein Englischer Extreme-Horror-Autor, der nun endlich auch in der Festa-Reihe seinen Platz gefunden hat. Mit Perverse Schweine hat er ein gutes Debüt geliefert, das man zwar in drei Sätzen erzählen könnte, das aber von der ersten bis zur allerletzten Seite fesselt.
Man bekommt die Geschichte aus der Sicht des namenlosen Protagonisten erzählt, der das Geschehen gespickt mit Gedanken und Gefühlen schildert. Irgendwann springt die Beklemmung, die er empfinden muss, auf den Leser über. Was ist passiert und wird die ersehnte Rettung wirklich kommen? Die Frage ist schließlich auch: Wenn eine Atombombe gezündet wird, wer überlebt und wie lange wird es dauern, bis diese Überlebenden sich formiert haben und Suchtrupps in die verseuchten Gebiete schicken? Falls sie das tun.
Ein bisschen kommt man ins Überlegen: Draußen ist Wald, es ist alles grün, viele Tiere gibt es nicht, ab und zu mal Insekten, aber mehr sieht die Familie nicht. Ist das denn ein Atomunfall? Was dem Protagonisten seltsam vorkommt, ist die Sonne, die von einem klaren Himmel herab scheint. Kein verseuchter Regen, keine Staubwolke, die über Jahre die Erde bedeckt.
Reden wir nicht lange drumrum: Zwei Frauen, zwei Männer, kein Kontakt zu anderen Menschen, keine Informationen, ob es Überlebende gibt, eine Gemeinschaft, Rettung, die Lebensmittel sind aufgebraucht. Was passiert? Das Unvermeidliche. Man geht auf Nahrungssuche, was reichlich schiefgeht. Vater und Sohn stoßen auf seltsame Wesen, auf Mutanten, die sich brutal ihren Weg freifressen und sich auf den Vater stürzen, der nur mit Glück entkommen kann. Sie sind also nicht alleine, so die Erkenntnis, aber was sie gefunden haben, beruhigt sie überhaupt nicht. Als der Hunger größer wird, will der Sohn dann noch einmal los, schließlich gibt es keinen anderen Ausweg, als irgendwo außerhalb des mittlerweile verbarrikadierten Hauses Nahrung zu suchen. Doch er stößt auf einen anderen Menschen, der genauso hilflos ist wie die Familie und ebenso Hunger hat. Noch ein Maul zu stopfen, wenn man selbst nichts mehr hat, ist schwer, doch den Protagonisten stört das nicht, denn er ist so optimistisch, dass er denkt, einen Ausweg zu finden. Und Wasser ist ohnehin genügend da, da die Wasserversorgung nicht unterbrochen ist.
Es geht um Sex und Kannibalismus, um Menschenfleisch, roh aus den lebenden oder frischtoten Körpern herausgerissen und verzehrt. Die Geschichte ist stimmig, was ich nicht gedacht hätte. Aber selbst brennende Fragen, die sich bei der Lektüre ergeben, beantwortet Shaw. Damit fasziniert er mich als Leserin, denn es hätte mich nichts mehr gestört, als wenn zwei, drei gravierende Fragen unbeantwortet geblieben wären, nur damit die Story irgendwie existieren kann. Sicherlich bleibt das Ende offen und der Phantasie des Lesers überlassen, aber was hinter der Hütte, dem Wald und der Familie steckt, ist eine gut inszenierte Idee, mit der Shaw brillieren kann.
Absolut nichts für schwache Nerven, wie es immer heißt, nichts für Menschen, die ein bisschen paranoid sind – da könnte diese Lektüre echt heftig werden. Ein bisschen klar kommen muss man mit den ständigen Sprüngen zwischen dem Jetzt und dem Damals.
5/5
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Matt Shaw – Perverse Schweine
Festa Verlag, 2017
180 Seiten
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