KISS – Olympiahalle München – 18.05.2017


Eines gleich vorweg – Bei KISS bin ich parteiisch, bin ich doch seit 1978 bekennender KISS-Fan. Ausserdem waren die Maskenmänner der Headliner meines ersten live erlebten Konzertes im September 1980, nebst der damals relativ unbekannten Vorgruppe Iron Maiden, noch mit Paul DiAnno. Seitdem habe ich mit Ausnahme der unmaskierten Phase kein Konzert in München versäumt, war bei der Reunion ’96 in Frankfurt live dabei oder auch in Stuttgart.

Nun war es wieder einmal soweit. Die maskierten New Yorker Hardrocker, denen zwar ein großer Teil der Musikfans nichts abgewinnen kann, die aber trotzdem zig Millionen Fans rund um den Erdball haben, belegten die Olympiahalle in München. Schon seit geraumer Zeit war das Konzert restlos ausverkauft, was bedeutete, dass ca. 12.000 Fans den Weg in die Olympiahalle gefunden hatten. Bei Ankunft an der Halle sahen wir eine ewig lange Schlange von Anhängern, die Einlass begehrten. Da wir noch auf zwei Begleiter warteten, saßen wir auf einem Betonpoller, wo wir mit Paul, einem netten Kanadier aus der Nähe von Edmonton ins Gespräch kamen, der uns um unsere vielen Gelegenheiten für Konzerte großer Bands beneidete und uns gleich eine Demo-CD der Band seines Sohnes (The MNKD) in die Hand drückte. Da KISS-Fans eine eigene Gattung sind, sahen wir auch eine Menge maskierter Gesichter unter den Leuten.

In der Halle noch schnell mit Futter und Getränken versorgt, machten wir uns auf in die Arena als der Support Raveneye, eine englische Band aus Milton-Keynes, sein Set startete. Von außen hörte sich das Ganze nicht so begeisternd an. Relativ gleichbleibender Sound ohne große Einfälle. Als wir unten in der Arena waren, klang das dann doch etwas besser. Der normalerweise vorherrschende Klangbrei, der der schlechten Akustik der Oly-Halle geschuldet ist, war so gut wie nicht vorhanden. Anscheinend beherrschte der Mann am Mischpult sein Handwerk. Der Sound vom Trio Raveneye ist ein Mischung aus Grunge, Garage und Blues Rock. Nett anzuhören war das allemal, aber es fehlten mir irgendwie die Highlights. Da die Band erst seit 2014 existiert, ist das aber noch ausbaubar, vor allem das Songwriting. Beste Ansätze sind aber vorhanden. Gut 45 Minuten dauerte der Set von Raveneye und mit verdientem Applaus wurden die Engländer verabschiedet.

Nun war es aber soweit … der letzte Song der Musik während der Umbaupause, „Rock’n’Roll“ von Led Zeppelin war gerade verklungen, als es dunkel wurde in der Halle. Rote Lichtkegel wanderten durch das Rund als die legendäre Ansage erklang, auf die die gut 12.000 sehnsüchtig gewartet hatten. „Aaaaallll rrriiight …. You wanted the best, … you got the best, … the hottest band in the World – KISS„. Der Vorhang fiel und die harten Riffs des Openers „Deuce“ vom 74er Debütalbum erklangen während die drei Saitenschwinger auf einer dampfenden Plattform zu Boden schwabten. Frenetische Jubelarien begleitete die Band hinüber zum zweiten Track „Shout it out loud“, zu finden auf der Destroyer LP. Zwischen den Songs machte Paul Stanley meistens seine obligatorischen Ansagen. Mit „Lick it up“ gings ab ins Jahr 1983, dem Jahr, in dem damals die Masken fielen, wie immer mit den Anklängen des The Who-Klassikers „Won’t get fooled again“ im Mittelteil. Weiter in den Achzigern blieb man mit „I love it loud“ vom Creatures of the Night Album. Anschließend wurde wieder das Debüt bedient. Mein ewiger Lieblingssong (neben „Charisma“) war an der Reihe – „Firehouse“. Ein seltener gespielter Song, „Shock me“ vom Love Gun Album bot Tommy Thayer die Gelegenheit, seine Gesangskünste zu zeigen. Der machte das ziemlich gut und es war eine Wohltat, nicht immer bloß den Titeltrack „Love Gun“ zu hören, sondern auch mal die Songs aus der zweiten Reihe. Klasse! Anschließend durfte Thayer gleich noch ein Gitarrensolo dranhängen. Paul wies in seiner Ansage dann auch drauf hin, dass fast alle Fans die alten Kracher wie „Detroit Rock City“, „Deuce“ oder „Rock and Roll all Nite“ kennen würden … aber wer kennt zum Beispiel „Flaming Youth“? Und genau den Song, der sich auf dem 76er Destroyer Album findet, brachte die Band jetzt. Anschließend wurde es dunkel und ein klagender, lang gezogener Laut aus dem Viersaiter von Gene Simmons ertönte. Alle wussten, was jetzt kam – richtig – das obligatorische Bassgewitter von Gene, bei dem er Blut spuckt, ehe er an Seilen hängend unter die Hallendecke schwebte. Der Dämon flog. Seinem Ruf als Gott des Bass-Donners gerecht werdend, erklang seine Hymne „God of Thunder“. Es ging anschließend wieder vor in die Achtziger. Der Titeltrack vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 87, „Crazy crazy Nights“ donnerte durch die Oly, gefolgt von „War Machine“ von Creatures of the Night, auch wieder einem etwas seltener gespielten Song. Mit „Say Yeah“ vom Sonic Boom Album wurden die Zweitausender-Jahre bedient. Alles wurde begeistert angenommen, egal ob alt oder neu. Die Jungs aus Queens wurden gefeiert. Paul Stanley zeigte sich immer wieder beglückt über die Stimmung, die der Band entgegengebracht wurde. „Ihr kommt zu uns und jetzt komme ich zu euch“ sagte er. Der Seilzug rauschte nach vorne und nachdem Paul aufgestiegen war, brachte der ihn zur kleinen Extra-Stage hinten in der Halle beim Mixer. Mitten in der Menge sang Paul den Titelsong des 98er Albums – „Psycho Circus“. Nach einem schnellen Gitarrenwechsel erklangen aber schon wieder Klänge aus dem ersten Album aus dem Jahre 1974. „Black Diamond“, bei dem Drummer Eric Singer die erste Strophe singen durfte, bevor Paul wieder zurück auf der Main Stage war.

Noch eine Anmerkung zu Eric Singer. Ich habe KISS mit allen drei Schlagzeugern live gesehen, aber mit welcher Lässigkeit Eric da auf die Felle haut und trotz aller Leichtigkeit einen Mordspunch darbringt, ist schlichtweg ein Hammer. Singer ist einfach der beste Drummer für KISS. Bei den folgenden Drumschlägen wusste jeder, was jetzt kam – eine der KISS-Hymnen schlechthin: „Rock and Roll all Nite“ vom Dressed to Kill Album. Bei den ersten Tönen wurden die Papierkanonen von den Roadies befeuert und die weißen Papierschnipsel machten Frau Holle Konkurrenz. Kreuz und quer durch das Papierschneegestöber schwebten Gene Simmons und Tommy Thayer an Kranauslegern durch die Halle und über den Köpfen der Fans. Alles war weiß. Der reguläre Set endete mit einem finalen Knall, bei dem riesige Luftschlangen durch die Halle flogen. Die Band verließ die Bühne aber nur für ein paar wenige Minuten. Befeuert von massiven Flammensäulen und untermalt von Kanonenschlägen ertönte darauf aus den Boxen – Der Megahit der Band , „I was made for lovin‘ you“. Der einzige Disco-Song der Band, aber ihr größter kommerzieller Erfolg. Den glorreichen Abschluss bildete wieder einmal das unverwüstliche „Detroit Rock City“ aus dem Jahre 1976.

Fazit: Wer brilliantes Songwriting oder überperfekte Musiker sehen will, der braucht nicht unbedingt auf ein KISS-Konzert zu gehen. Da gibts weit bessere Bands. Nope – wenn ich eine KISS-Show besuche, dann will ich die komplette verrückte Hardrock-Muppetshow sehen mit allem, was dazu gehört. Blut und Feuer spucken, den fliegenden Gene, die feuerspeiende Gitarre, Flammensäulen mit Knalleffekten, Konfettiregen und geschminkte Fans. All das wurde an diesem Tag geboten, so wie bei fast allen KISS-Shows. Der erfreuliche Unterschied war die heutige Setlist. Kein „Love Gun“, „Beth“ oder „Cold Gin“, kein „Strutter“, „C’mon and love me“ oder „Calling Doctor Love“ … die hört man immer wieder mal. Stattdessen seltenere Perlen wie „Shock me“, „Flaming Youth“ oder „War Machine“.

Alles in allem wieder einmal ein klasse Abend, und wenn KISS in 30 Jahren immer noch auf der Bühne stehen, werde ich die Jahre über immer wieder dorthin pilgern – weil: „I want the best, I got the best … the hottest Band in the World – KISS

5/5

Setlist:
01 – Deuce
02 – Shout it out loud
03 – Lick it up
04 – I love it loud
05 – Firehouse
06 – Shock me
07 – Guitar Solo
08 – Flaming Youth
09 – Bass Solo
10 – God of Thunder
11 – Crazy crazy Nights
12 – War Machine
13 – Say Yeah
14 – Psycho Circus
15 – Black Diamond
16 – Rock and Roll all Nite

17 – I was made for loving you
18 – Detroit Rock City

 

2 Kommentare

  1. Sehr schön beschrieben, dem ist nichts hinzuzufügen als: Es war eine tolle Stimmung und wie oben schon geschrieben, wenn sie wiederkommen bin ich wieder sofort dabei !

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