Das Summer Breeze hat Geburtstag und bereits im Vorfeld waren einige Überraschungen, Neuerungen und tolle Acts versprochen worden. Auffällig ist, dass das Zelt fehlt, das durch die T-Stage ersetzt wurde, die den verstorbenen Mitveranstalter Michael „T“ Trengert ehren soll. Auf der Bühne wird gerockt, so viel sei vorab verraten. Was im Vorfeld als Surprising Acts angepriesen wurde, entpuppt sich als erstklassiges Lineup, das einen guten Vorgeschmack auf die kommenden Tage gibt: Powerwolf, Vomitory, Destruction, InEx und Amon Amarth. Wow, eigentlich reicht anderen Festivals ein solches Lineup bereits aus, das Summer Breeze hingegen bestreitet damit gerade mal einen Tag und nur eine Bühne. Naja, es ist Mittwoch, so richtig hat es auch noch nicht begonnen. Wenn man sich umsieht, reisen gerade noch viele an, bauen ihre Zelte auf, köpfen das erste Bierchen. Andere hingegen stehen müde vor den Fressständen und rauchen, während sie sich die Konterhalbe reinziehen. Der Dienstag war wohl schon anstrengend genug. Das Festival beginnt traditionell mit der Blasmusik Illenschwang, die freudig begrüßt wird. Ja, sie rocken das Ding. Gleich danach betritt Bembers die Camel Stage. Der fränkische Comedian mit seiner bedächtigen Art und den markanten Sprüchen haut ein kleines Publikum von den Socken. Auch wenn der Applaus verhalten ist, was der noch geringen Anzahl an Besuchern geschuldet ist, kann Bembers sich über seinen erneuten Auftritt in Dinkelsbühl freuen. Aber wir sind wegen der Musik hier – und die startet jetzt auch auf der T-Stage. Ich brauche ein bisschen, bis ich mir den Namen der Formation gemerkt habe. Born from Pain legen mit Hardcore-Punk los und hauen gleich richtig in die Saiten. Die Gemeinde feiert, jubelt, aber so richtig fette Stimmung ist noch nicht da. Zu viel Aufregung, Anreise, Leute finden, sich zurecht finden, Bier holen, zuhören, Kopf schütteln. Das artet in Stress aus und lässt einen noch zu wenig in die Songs eintauchen. Naja, bei Night Demon kann es eigentlich nur besser werden, oder? Ein bisschen mehr Härte hätte ich irgendwie erwartet, aber ich hatte mich im Vorfeld nicht über die Band informiert, daher konnte alles nur überraschend sein. Das Gitarrenspiel zieht mit. Solides Gezupfe, gutes Midtempo, da kann man endlich mit dem Abfeiern beginnen und die Halsmuskeln langsam aufwärmen. Doch, Night Demon machen schon Spaß mit ihrem gediegenen Metal, der kaum ausbricht.
Doch das Ende des Auftritts erleben nicht mehr viele. Die meisten machen sich rechtzeitig auf zur T-Stage, denn es ist längst durchgesickert, wer dort die Bühne erobern wird: Vomitory! Hä, wie denn das? Ja, die Band hatte sich 2013 eigentlich aufgelöst, was einiges an Bedauern hervorrief. Doch nun stehen sie in Dinkelsbühl und feiern nicht ihr Comeback, sondern nur einen einzigen Auftritt zu Ehren des Verstorbenen Mitveranstalters Michael Trengert. Es ist eine klasse Geste und es tut gut, wie warm und liebevoll dem zu früh Verstorbenen gedacht wird. Publikum und Bands wissen, wie wichtig T für das Festival und die Musik überhaupt war und huldigen ihm. Dass es bei einem einmaligen Auftritt bleibt, stellt Gitarrist Peter Östlund sofort klar. Man werde danach wieder tot sein, schmettert er dem Publikum entgegen, das von dieser Ankündigung weniger angetan ist. Trotzdem wird der Auftritt genossen, denn die Schweden hauen richtig auf die Kacke und präsentieren alle markanten Songs ihrer Karriere. Jubel, Applaus, pure Begeisterung. Wow, das war echt ein genialer Auftritt!
Ab zu den nächsten: Kontinuum. Die Isländer sind bisher nur wenigen bekannt und versuchen sich im Progressive Black Metal, wenn man denn überhaupt eine Einordnung vornehmen kann. Das Publikum denkt sich „Aha“ und geht angesichts des eher ruhigen Sets. Eigentlich schade, denn Kontinuum ist durchaus ein Ohr wert. Man muss sie einfach mal auf sich wirken lassen.
Dafür gibt es den nächsten Überraschungsact – und der wird ordentlich gefeiert! In Extremo sind gern gesehene Gäste auf dem Breeze und mit ihrem Set, das alle wichtigen Songs beinhaltet, erreichen sie die Besucher. Klar wird mitgesungen und mitgeklatscht, die Show passt, die Band ist gut drauf – erheblich besser als auf dem Rockavaria 2016! Das letzte Einhorn wirkt fit und zieht eine geniale Show ab – nicht zuletzt wird sich vor Trengert verneigt, der der Erste war, der an InEx geglaubt hat. Da schwillt natürlich der Jubel doppelt an. Mit dem „Spielmannsfluch“ hört das Set leider auf, so recht will man die Truppe einfach nicht von der Bühne lassen, scheißegal, ob die noch mal kommen oder nicht.
Gut getaktet geht es auf der Camel Stage mit UADA weiter. Eine noch junge Band, gerade mal drei Lenze zusammen und für manche die Neuentdeckung schlechthin. Ich hab am Anfang echt Probleme mit denen. Ein bisschen so, als wollten sie, doch könnten nicht. Sie wirken so gebremst, so verhalten. Man möchte da mal auf die Bühne springen, links und rechts einen Klaps auf die Wangen verteilen und schreien: Jetzt geht doch mal aus euch raus, haut mal ordentlich auf die Kacke! Ansätze sind da, ja, das Growling ist nett, aber der letzte Dammbruch fehlt mir einfach. Das Publikum sieht das größtenteils etwas anders und feiert die Newcomer ziemlich ab. Die Haare fliegen, die Arme wirbeln, alles fein.
Dafür lockt mich die nächste Band auf der T-Stage hinter dem berühmten Ofen hervor. Powerwolf habe ich mittlerweile schon mehrfach gesehen und man sollte denken, dass die fünf irgendwann langweilig werden, aber dem ist nicht so. Klar, die Ansagen sind meist die gleichen, die Performance wandelt sich nicht ab, aber die Songs – ey, die könnte ich im Schlaf mitsingen und abfeiern. Viel Pyro und viel Pseudospiritualität, brachiale Texte, die von Attila Dorn mit seiner klassischen Gesangsausbildung vorgetragen werden, und dazu die Gebrüder Greywolf. Das passt einfach zusammen und das klingt gut. Natürlich ist das wieder langsamere Musik, aber dafür irgendwie stimmiger. Alles passt, die Outfits, die Bühne, die Texte, der Sound – naja, der nicht so, denn der fällt manchmal aus. Trotzdem werden die Wölfe gefeiert, segnen schnell noch die neue Stage und machen sich dann vom Acker. Auf der Camel Stage geht es weiter mit Vital Remains, die ein langes, blutiges Intro haben, das von Schlacht, Krieg, Tod, was auch immer erzählt – und dann bomben sie los. Ein Soundbrei breitet sich aus und frisst sich in die Gehörgänge. Getriggertes Schlagzeug, tiefes, unverständliches Growling, Gitarrengeschrabbel. Das geht schon ab und wird auch gefeiert von einigen, aber mir ist es nach Powerwolf einfach zu viel. Ein so krasser Schnitt, der die Ohren bluten lässt. Auf der T-Stage geht es weiter mit der Größe Amon Amarth. Ein ausgefeiltes Set wird dargeboten, das die Masse zum Toben bringt. Die Schweden sind nun mal eine sichere Bank und kommunizieren permanent mit dem Publikum. Dabei kommt der eigene Bierkonsum auch nicht zu kurz. Was heute allerdings fehlt, sind die Pyroeffekte. Kenne ich so gar nicht, aber stört auch nicht weiter. Dafür gibt es einen Mega-Moshpit vor der Bühne und schließlich auch ein klassisches Sit-In. Passt, musikalisch wie auch performancetechnisch. Das Publikum ist begeistert und keiner hat etwas gegen den zweiten Auftritt der Truppe einen Tag später.
Eigentlich war’s das. Hier einen Cut zu setzen, wäre perfekt gewesen. Aber es geht noch weiter. Sinister heizen auf der Camel Stage ein und auch hier ist die Menge feierwütig. Es ist der erste Tag und bei den meisten sind die Kraftreserven noch voll bis zum Anschlag. Da ist der letzte Überraschungsgast auf der T-Stage auch noch drin. Destruction machen ihrem Namen alle Ehre und zerstören jeden Anflug von Müdigkeit. Feuer stößt in den Himmel, die Menge tobt und singt, klatscht, bangt jeden Song mit. Die Brachialgewalt aus Weil am Rhein ist eine der ältesten Thrash Metal Bands, die noch auf der Bühne stehen. Ein würdiger Abschluss für mich, denn Schammasch und Steve’n’Seagulls sind mir dann definitiv zu spät. Bis 3 Uhr geht die Sause am ersten Tag und das Fazit ist ein gutes: Ein toller Tag mit super Acts auf der neuen T-Stage, die ordentlich vorgelegt haben.
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