CD: Motörhead – Under Cöver


Seine Band muss man nicht mehr vorstellen und wir alle vermissen ihn immer noch – und werden es immer tun: Lemmy Kilmister! Im September kam eine Platte auf den Markt, die sicherlich als Kommerz verschrien werden kann, na und? Mit Under Cöver haben Motörhead einen Silberling kreiert, der ausschließlich aus Coverversionen besteht – und die haben wir uns natürlich angehört.

Nun, bei Lemmy bin ich nicht ganz unparteiisch. Unvergessen sind die Auftritte der Band und die Ausstrahlung Kilmisters. Er gehört zu einen von zwei Promis, dessen Tod ich wirklich mit Tränen begossen habe. Warum also nicht mal bekannte Songs aus seiner Kehle und in seiner Interpretation hören?

Judas Priest und das gecoverte „Breaking the law“ habe ich schon live gefeiert. Von mir aus könnten Rob Halford und Co ein komplettes Konzert durch nur diesen Song spielen – auch wenn Priest natürlich noch andere geile Nummern hat. Was machen Motörhead damit? Natürlich bringen sie es gewohnt stimmlich rau – Lemmy erkennt man aus zig Sängern. Die Nummer ist ein bisschen rockiger und das tut ihr ganz gut. Ist sie besser? Nun, ich würde Lemmy live natürlich einem Rob Halford vorziehen, aber letzterer schlunzt das Lied schon sehr geil auf die Bühne. Von dem her ist die Entscheidung schwierig und ich würde sagen, hier ist ein würdiges Cover gelungen, das man immer wieder anhören kann. „God save the Queen“ – kennen wir alle, oder? Aber nicht die wundervolle Nationalhymne des Brexitlandes, sondern eben die Punkversion von den legendären Sex Pistols – und so sehr man die auch mag, sie stinken ein bisschen gegen Motörhead ab. Sicherlich hat Johnny Rotten herrlich punkig seine Version aufgenommen und einige Grenzen überschritten. Aber keiner kann so schön dreckig rocken wie Lemmy, der die Nummer ruhiger, aber erheblich besser rüberbringt. Und wenn er nur mit seinem Rickenbacker starr hinterm Mikro steht, ist das mehr Punk als bei den Pistols. Da steckt einfach mehr Power drin.

Ernsthaft, David Bowie hat mich nie in Euphorie versetzt, wenngleich ich seinen musikalischen Wert absolut nicht schmälern kann und will, es war nur nie so ganz meins. Leider verließ er uns kurz nach Lemmy und hat mit „Heroes“ einen Song hinterlassen, der nach Freiheit schmeckt wie wenig andere. Und was soll ich sagen? Er gewinnt das Duell, denn die rockige Version a la Motörhead ist zwar nett, aber mehr auch nicht. Ich weiß, dass gerade diese Version so gefeiert wurde, vielleicht auch, weil sie zwei verstorbene Musikgrößen ehrt, aber mir sagt das Cover nicht zu. „Starstruck“ – noch so eine Legende, die hier vernascht wird. Der Song wurde zusammen mit Biff Byford von Saxon gecovert, was man auch sofort am Gesang hört. Zu Ehren von Ronnie James Dio wurde die Nummer aufgenommen und ähnelt dem Original doch ziemlich. Lediglich ein bisschen mehr Bass fällt auf – warum wohl?

Auf YouTube findet man „Cat scratch fever“ live aus dem Jahre 1979, gesungen von einem langhaarigen Smartie, der nebenbei seine Gitarre bearbeitet. Wenn die Nummer mitzieht, zieht sie einfach mit, da ist es egal, ob Ted Nugent vor einem steht oder die Rock’n’Roller von Motörhead. Das Cover ist etwas dunkler, da drängelt sich eben wieder ein Rickenbacker nach vorne und das ist schon ziemlich geil im Verbund mit Lemmys rauer Stimme. Ehrlich gesagt sind beide Versionen hammer! Was besser ist, kommt auf die Stimmung an – und liebe Hörenden, auch Phil Campbell und Mickey Dee sind klasse!

Ich oute mich mal, ich mag die Stones nicht so. Zwar würde ich viel darum geben, Keith Richards mal live zu sehen, aber die ganze Truppe muss nicht sein – dabei haben auch sie Musikgeschichte geschrieben und gute Songs gemacht. Klar macht es einen großen Unterschied, ob man die Nummer 1969 auf Platte rausbringt oder 1993 covert – Johnny Winter hat das 1971 gemacht und auch das klingt anders. Für mich nicht die beste Stones Nummer und die nachgespielten Versionen gefallen mir auf jeden Fall besser, weil sie mehr Power haben. „Sympathy for the Devil“ ist nur von Motörhead richtig geil! Und da hilft auch keine Liveversion der Stones von 1969 mit afrikanischen Trommlern. Auch die Rocker von Guns’n’Roses helfen nicht mit ihrer Muschiversion. Oops, so streng? Vielleicht klopfe ich damit einfach ein Klischee ab, aber so eine Teufelsnummer braucht etwas mehr Rauch und Feuer – und da gewinnt einfach Motörhead haushoch. Wenn der Leibhaftige sich schon vorstellen möchte, dann bitte mit rauchiger, kratziger, von Zigaretten und Whiskey geformter Stimmlage (und bestenfalls einem Rickenbacker … ich wiederhole mich). 1992 gabt es auf der March ör Die Scheibe ein Ozzy-Cover. „Hellraiser“ – und ich gebe zu, ich kannte das Original bis zum 2017-Motörhead-Cover-Album nicht. Ist jetzt kein großer Verlust, aber ich muss gestehen, dass Osbourne die Nummer zwar etwas sanfter vorträgt, aber damit trotzdem punkten kann. Da fällt es mir sogar schwer, eine für mich bessere Version zu bestimmen. Klar, Lemmy liegt in den meisten Fällen vorne, Stimme, Bass, das macht mich einfach glücklich.

1977 – Ramones; 2002 – Sahara Hotnights; 2008 – DJ Leao und Natalie Renoir; 2017 – Motörhead. Mit „Rockaway Beach“ wieder mal eine Punknummer – die ich eigentlich skippen würde, weil mich hier der Gesang wirklich verstört und ich lieber einen schreienden, durchdrehenden Sänger hätte – aber der Anfang ist saugeil! Was haben die Ramones 1977 gemacht? Einfach mal legendären Punk. Köppe schütteln und ausrasten, die perfekte Nummer! Sahara Hotnights haben das gleiche in femininer Form gemacht. Saubere Arbeit, kann man nicht anders sagen.  Über die Version von 2008 reden wir nicht, okay? Das ist nie passiert. 2017 können mich aber Motörhead nicht überzeugen. Sorry, Jungs!

Dee Snider und Twisted Sister. Die meisten kennen nur „We’re not gonna take it“ und haben den Gute-Laune-Song ihres Lebens darin gefunden. Mit „Shoot ‚em down“ gibt es eine Nummer, die ein tolles Gitarrensolo beinhaltet, das gerne länger dauern dürfte. Die Nummer ist in einem gediegenen Midtempo und man kann ganz gut mitgehen. Motörhead haben das Rad nicht neu erfunden, aber den Rock’n’Roll in das Lied gepackt. Es gibt die Truppe einfach nicht ohne eine gewisse Härte und einen guten Rhythmus. Das liegt nicht zuletzt an dem dominanten Bassspiel. Das Cover hat mehr Power, klar.

Wisst ihr noch, als Metallica noch gut war? So richtig feiner Metal? 1983, als das erste Album Kill ‚em all die Welt beherrschte? Ja, damals fand sich auch das Liedlein „Whiplash“ auf dem Vinyl. 1:10 Minuten lang nur Musik, Gitarre, Drums, Bass und go! Motörhead klauen hier schlappe 20 Sekunden. Und was ist besser? Einen Rickenbacker hört man immer, absolut immer überall heraus. Ein unvergleichlicher Klang, der so fest mit Motörhead verbunden ist, wie Kaugummi mit Mädchenhaaren. Das liebt man einfach, das ist Lemmy, das weiß man sofort. Aber bei „Whiplash“ hört man doch zweimal hin und fragt sich, ob man hier nicht ausnahmsweise eine dominantere Gitarre mehr schätzt. Das Original ist einen Ticken besser, auch wenn es mir als unsterblicher Lemmy-Rickenbacker-Fan immens schwer fällt, das zu sagen, der Bass ist mir ausnahmsweise ein bisschen zu viel.

Was bleibt am Ende? Eine kleine Erinnerung an Lemmy auf Vinyl.

5/5

Motörhead – Under Cöver
Motörhead Music, 2017
CD: 15,49 €

Tracklisting:
Breaking the law
God save the Queen
Heroes
Starstruck
Cat scratch fever
Jumpin‘ Jack Flash
Sympathy for the Devil
Hellraiser
Rockaway Beach
Shoot ‚em down
Whiplash24

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