Buch: Michael McDowell – Die Elementare


An der Golfküste in Beldame stehen drei altehrwürdige Häuser, die den Familien McCray und Savage als Feriendomizile dienen. Seit Jahrzehnten zieht es die Familienmitglieder immer wieder dorthin, um zu entspannen, vergessen, sich zu erholen. Doch nur zwei Häuser sind bewohnt, das dritte wird langsam von einer Sanddüne verschluckt – und niemand betritt das dritte Haus, weil keiner lebend zurückkehrt…

Geistergeschichten finden ihre Höhepunkte meist in der Nacht. Das liegt vermutlich auch mit an den Urängsten, die einsetzen, wenn es um die Dunkelheit geht. Das Sichtfeld ist begrenzt, man ist auf Lichtquellen angewiesen, die gerne ausfallen, wenn es drauf ankommt. Doch hier ist alles anders und das macht Die Elementare aus. Man schert sich nicht drum, ob es taghell oder stockdunkel ist. Es kann jederzeit etwas geschehen. Der Leser wird auf die Geduldsprobe gestellt, wann denn nun was passiert, weil man kaum abschätzen kann, worum es eigentlich gehen soll. Geplänkel, Familiengeschichten, aufgearbeitete Vergangenheiten. McDowell erzählt und erzählt und nichts passiert, trotzdem fängt er den Leser ein und nimmt ihn mit. Es wird nicht langweilig, weil man plötzlich zu einem Teil der Familien wird, zum stillen Begleiter, der immer dabeisitzt und nichts sagt, aber ständig mitfiebert und die Ortswechsel mitmacht.

Die Charaktere sind gut gezeichnet, keine aalglatten Protagonisten, sondern mit Ecken und Kanten, mit ihren Fehlern, Schwächen, Abneigungen. Was mir persönlich zu kurz kommt, ist die Abneigung der McCrays untereinander. Man kann sie zu jederzeit deutlich spüren und sie wird stellenweise auch ganz klar benannt, aber eben nur bruchstückhaft begründet. Klar, das reicht schon aus, aber manchmal wünschte man sich doch ein oder zwei Sätze mehr über die Vergangenheit.

Noch ein Minus: Die Geschichte des dritten Hauses wird etwas zu schnell abgehandelt, es fehlt die Neugierde, vielleicht auch die mutigen Kinderversuche, der Sache auf den Grund zu gehen, auch wenn dies partiell erklärt wird. Aber wird das Buch dadurch schlecht? Überhaupt nicht! Es ist eine Geistergeschichte ohne Geister, aber mit vielen Gruselelementen und mal so ganz anders der Mainstream. Ein absolutes Must-Read für fast jeden – und es hilft nichts, wenn man nachts das Licht brennen lässt…

5/5

Michael McDowell – Die Elementare
Festa Verlag, 2019
416 Seiten
Hardcover: 34,99 €
Festa-Verlag

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