Emily betreibt einen feministischen Blog und wehrt sich gegen alles, was mit männlicher Macht zu tun hat. Doch eines Abends klingelt es an ihrer Wohnungstür und anstelle der erwarteten Freundin stehen vier Männer davor und haben nichts Gutes im Sinn…
Wrath James White ist bekannt für seine gesellschaftskritischen, brutalen und gerne mal dem BDSM-verhafteten Geschichten. Matt Shaw hingegen steht für Brutalität. Beides zusammen müsste eigentlich einen recht angenehmen literarischen Zeitvertreib geben. Boys‘ Night versucht es, kann aber die Erwartungen nicht ganz erfüllen. Natürlich sprechen die beiden männlichen Autoren vielen Frauen aus der Seele, wenn sie über Patriarchat und die Gefühle einer vergewaltigten Frauen und die Reaktionen auf die Tat schreiben. Das machen die beiden zu Beginn des Story auch ganz gut und recht einfühlsam. Im weiteren Verlauf jedoch werden Männer viel zu negativ dargestellt. Jeder Mann ist potentieller Vergewaltiger und checkt Frauen ab. Dass man Frauen ganz normal anschaut ohne irgendwelche lüsternen Hintergedanken, auf den Trichter kommen weder die Autoren noch so manche Frauen, die sich zu aufreizend und sexy anziehen und dann wundern, wenn ihnen hinterhergeschaut wird – war das nicht das Ziel? Da macht auch die faule Ausrede, man tue es für sich, wenig Sinn. Die sonst so feine und durchdachte Gesellschaftskritik geht in einer fast schon dummen Hasstirade unter, die Männer in den Dreck zieht, wo sie nur kann. Eine Unterscheidung zwischen sexuellen Tätern und normalen Männern wird nicht mehr gemacht, was ein großer Schwachpunkt ist – übrigens in der ganzen Feminismusdebatte. Zarter Widerspruch findet sich zwar, zusammengequetscht auf wenige Zeilen, aber der kann nichts mehr retten.
Brutal wird es aber in der Geschichte, also sind zumindest nicht alle Vorschusslorbeeren sinnlos verballert worden. Eine Vergewaltigungsszene kriegt man nur schwer eingeordnet, weil man die Personen nicht kennt, nicht zuordnen kann. Dafür wird der Beginn der Erzählung von Emily, die ab und zu eben doch mal einen Mann braucht, irgendwo abgerissen und es fehlen Stunden, in denen etwas passiert ist, der Leser weiß nur nicht, was. Das wäre verschmerzbar, wenn der Übergang etwas sanfter gestaltet und nicht durch einen harten Cut markiert worden wäre. Spannung und Überraschungen sind eingebaut, da kommt beim Leser ab der Hälfte keine Langeweile mehr auf, das ist ganz gut.
Das Fazit ist zwiegespalten. Männer werden in meinen Augen zu sehr verdammt und über einen Kamm geschoren, Frauen als Unschuldslämmer hingestellt. Beides ist zu überzogen. Sonst macht die Geschichte dem Extreme-Horror-Herz aber einigermaßen Spaß.
3/5
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Matt Shaw, Wrath James White – Boys‘ Night
Festa Verlag, 2019
128 Seiten
Taschenbuch: 12,99 €