Buch: Albert Camus – Die Pest


In Oran sterben Ratten, doch niemand will dem Arzt Rieux glauben, dass dies die Anfänge einer schrecklichen Epidemie sind. Erst als immer mehr Menschen sterben, Kinder und Gesunde genauso wie Alte und diejenigen mit Vorerkrankungen, ist es bereits zu spät. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf…

Die Pest ist kein neues Buch. Der Roman aus der Feder von Albert Camus stammt bereits aus dem Jahr 1947, hat aber 2020 viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das Buch war schnell vergriffen, gebrauchte Exemplare stiegen deutlich im Preis. Warum?

Camus schrieb fünf Jahre lang an diesem Werk, das heute als einer der bedeutendsten Romane der französischen Nachkriegsliteratur gilt. Hintergrund sind die Kriegserlebnisse des Autors, die er durch die Metapher der Seuche darstellt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Moral und der Widerstand der Bevölkerung. Der Roman ist wie ein Drama klassisch in fünf Akten aufgebaut und beschreibt in jedem Akt eine andere Phase der Epidemie. Von der ersten Entdeckung, die ignoriert und abgetan wird, über den Höhepunkt mit dem Massensterben der Bevölkerung, bis hin zur Eindämmung und der wiederkehrenden Normalität. Die Protagonisten spiegeln alle einen bestimmten Typ Mensch und eine bestimmte Verhaltensweise wider.

Hier nun haben viele die Parallelen für die Corona-Pandemie 2020 gefunden und es scheint wirklich so, als haben Camus über 70 Jahre zuvor das Drehbuch für Ausbruch von Corona und das Verhalten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen geschrieben. Die Leugner, die Hypochonder, die Toten, die Überlebenden, die Politik, die Medizin, die Profiteure und die Verlierer – alles findet sich in dem Roman.

Auch 2020 lohnt es sich, Camus zu lesen. Nicht nur Die Pest, aber es ist ein toller Einstieg in sein Werk und seine Philosophie – und bestenfalls bringt er damit zum Nachdenken über Solidarität und Widerstand. Genauso wie eine politische Situation, der Krieg, als Seuche dargestellt wurde, genauso ist die Seuche unserer Tage zu einem Politikum geworden und zeigt, dass Widerstand falsch sein kann und dass es an Solidarität mangelt. Die Figur des Journalisten in Camus‚ Werk zeigt diesen Wandel von Egoismus zu Altruismus sehr deutlich.

Die Pest ist ein Standardwerk, das man gelesen haben muss. Neben der großen Metapher ist dieser Roman auch ein Mahnmal gegen das Vergessen und gegen Ende lässt Camus seinen Protagonisten, den Verfasser dieser Chronik, wie er es nennt, eine allgemein gültige und aufrüttelnde Erkenntnis niederschreiben: „[…] daß der Pestbazillus niemals ausstirbt oder verschwindet … und dass vielleicht der Tag kommen wird, an dem die Pest zum Unglück und zur Belehrung der Menschen ihre Ratten wecken und erneut aussenden wird, damit sie in einer glücklichen Stadt sterben […]“ – der Tag ist da, die Mahnungen jedoch wurden nicht beherzigt.

5/5

Albert Camus – Die Pest
Rowohlt, 1998
349 Seiten
Taschenbuch: 12,00 €

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