Buch: Edward Lee – Hackfleisch


Vier Kurzgeschichten von einem Meister des Extreme-Genre. Der Festa Verlag hat in diesem 59. Band der Festa Extrem-Reihe ganz unterschiedliche Geschichte zusammengestellt. Dabei wird der Leser mal eben in eine Weltraum-Astronauten-Umgebung gebeamt, um sich dort mit etwas zu befassen, das der Besatzung eine Heidenangst einjagt – und menschlicher nicht sein könnte. „Der Dekortikationsspezialist“ ist geschickt aufgebaut und selbst wenn man nicht so sehr auf SciFi steht, kann man doch nicht einfach die Seiten überspringen und zum nächsten Kapitel vordringen. Man möchte wissen, was passiert, denn wenn Edward Lee neben Ekligkeiten etwas kann, dann Spannung aufbauen. Und am Ende ist mal wieder alles ganz anders, als man erwartet hatte.

Bei Lee geht es natürlich nicht ohne Sex, das weiß der erfahrene Leser mittlerweile. So verwundert es auch nicht, wenn „Der Schwangerenfetischist“ einen seltsamen, jedoch nicht ganz verwerflichen Fetisch aufgreift. Soweit so normal. Aber dann driftet die Story ab und ohne in erster Linie blutig und grausam zu sein, packt sie dem Lesenden eine kalte Hand in den Nacken. Man weiß, dass etwas passiert, man weiß, dass es nicht glatt laufen kann, aber was zum Henker wird denn passieren und wann? Hier wird mit Angst gespielt, mit diesem unguten Gefühl, das man hat, bevor etwas gewaltig schiefgeht. Ein bisschen Psycho-Brainfuck, der diese Shortstory ausmacht.

„Zimmer 415“. Wir wissen seit Stephen Kings 1408 und der späteren Verfilmung mit John Cusack, Samuel L. Jackson und anderen, dass solche Zimmer nie gut sind. Da ist immer irgendwas, von dem man gar nichts wissen und mit dem man nicht in Berührung kommen möchte. Hier verhält es sich anfangs ähnlich, wenngleich die Bedrohung aus einer komplett anderen Richtung kommt – und man auch schnell Querverbindungen zu anderen Romanen und Filmen findet, die grausame Szenen wie Vergewaltigung oder Morde beobachten lassen und am Ende findet die Polizei keine Beweise dafür. Aber ganz so einfach ist es dann nicht, schließlich hat Edward Lee hier die Feder geführt und am Ende kommt ein Revenge-Shorty raus mit viel Blut und noch mehr Sperma.

In der letzten Geschichte lernt der Leser etwas über Alomantie. So eine Salzsache, die einen Mann furchtbar reich macht, eine Frau furchtbar habgierig und am Ende von jedem ein Opfer fordert. Auf eine gewisse Weise erinnert „Der Salz-Wahrsager“ an Golem, was aber gar nicht schlecht ist und Lee-Fans werden die Geschichte absolut lieben.

Hackfleisch ist eine gute Sammlung klassischer Lee-Geschichten, die nicht langweilig werden und immer wieder andere Facetten einbringen. Keine gleicht der anderen, nur gewisse Elemente, die typisch für den Stil des Autors sind, kommen immer wieder vor. Wer Edward Lee noch nicht kennt, hat hiermit einen ganz passablen Querschnitt und wird entweder angefixt oder lässt für immer die Finger vom Extremen.

4/5

Edward Lee – Hackfleisch
Festa Verlag, 2020
224 Seiten
Taschenbuch: 13,99 €
EBook: 4,99 €

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