CD: Deep Purple – Fireball


Das sechste Deep Purple Album Fireball erblickte im September 1971 das Licht der Welt und stellt somit den direkten Übergang zwischen den so hoch gelobten In Rock und Machine Head dar. Durch diese unglückliche Platzierung wird dieses Album leider immer ein wenig vernachlässigt – jedoch völlig zu Unrecht.

Allein das Cover ist schon irgendwie geil. Aus heutiger Sicht vielleicht ein wenig schräg, aber die Idee dahinter finde ich total cool und ansprechend. Bestehend aus den Köpfen der Band, zieht dieser Komet, dieser Feuerball, durch den Weltraum.

Ian Paice führt den Hörer nach dem ufomäßigen Sound einer Klimaanlage mit einer schnellen Drumeinlage in das neue Deep Purple Album ein, und zeigt im Titeltrack „Fireball“ sofort an, wo es lang geht. Schnell ist es und es knallt direkt. Roger Glover gibt einen Slide auf seinem Bass zum Besten und schon legt Ian Gillan los, zu singen. Tastenmagier Jon Lord legt passend zum Rhythmus des Songs mit seiner Orgel einen angenehmen fetzigen Klangteppich bereit. „Racing like a Fireball – Dancing like a Ghost“ Diese genialen Textpassagen begleiten den Hörer durch einen der besten Album-Opener aller Zeiten! Dem geneigten Purple Fan wird auffallen, dass dieser Song eine Rarität darstellt, da Ritchie Blackmore keinen Solopart hat. 

Das Basssolo und der Übergang in den genialen Soloteil von Lord geben dem Song sein gewisses Etwas.

Das folgende „No No No“ nimmt ein wenig das Tempo raus und gibt dem Ganzen einen ruhigeren Touch. Der instrumentale Teil hat einen sehr psychedelischen Klang und klingt nach einer Jamsession mit grüner Unterstützung. Der erste Part hat klaren Blackmore-Sound – der letzte Teil hingegen ist eher orgellastiger. Dieser Song lebt genauso wie der erste von dem Zusammenspiel all dieser hervorragenden Musiker auf ihren Instrumenten. Der harte Übergang in die letzte Strophe überrascht, wird aber durch die lauter werdende Orgel angedeutet – ab dann wird’s heavy und zwar richtig geil. Gillan singt ein wenig härter als zuvor und gibt dem Song dadurch einen starken Abklang. Nach einem kurzen Gitarrenlick endet der Song abrupt, aber sehr cool – gibt dem Ganzen ein Gefühl von einem Konzert. 

„Must we let them fool us? No No No“ passt damals wie heute in vielen Bezügen. 

Ein Beispiel für einen Breakup-Song, der nicht zur traurigen Ballade wird, ist „Demon’s Eye“. Das Lord-Solo über Ritchies Riff nach Strophe eins ist einfach cool genug, um die erzeugte Stimmung zu zeigen. Gillan ist offenbar wenig interessiert an seiner derzeitigen Beziehung und schießt die Frau in den Wind. Nach Strophe zwei gibt Blackmore bluesig und stark wie immer ein Solo von sich. Dieses wird nach der dritten Strophe fortgeführt und beendet den Song mit einem gefühlvollen und weniger aggressiv wirkenden Gillan

Ich habe letztens gehört, Deep Purple sei langweilig – von wegen: jeder Song sei irgendwie gleich! Ohnehin eine bizarre Meinung, aber nun ja – jeder hat ja seine eigene. Aber das folgende „Anyone’s Daughter“ widerlegt quasi diese Aussage. Der fast avantgardistische Anfang, bestehend aus gegeneinander spielenden Instrumenten, die offenbar noch nach dem richtigen Key für den Song suchen, stellt dafür schon einen guten Start dar. Was wird jetzt wohl passieren? Ich war sofort begeistert! Zuerst die Gitarre und dann das Einsteigen der Band auf die Melodie – einfach genial! Paicey spielt nur Tambourin, wodurch der Song diesen Hausbank-Charakter bekommt, durch den er so besonders wird. Der Text beschreibt abermals die Liebeleien des lyrischen Ichs, die sich von der Tochter des Bauern über die des Richters erstreckt. Dieses Mal doch auf eine sehr humoristische Weise. „I won’t get no more eggs and water now. I’ve layed the farmers daughter“. Das Instrumental danach passt perfekt und gibt dem Ganzen einen ländlichen Sound. Es wirkt wie von einer angestellten Bar-Band, die für die Hintergrundmusik sorgen soll, mit hervorgehobenem Klavier. 

Dass das Eclipsed Magazin diesen Song als schlechtesten Song des Albums bezeichnet, bringt mich jedes Mal zur Weißglut. 

Der Gitarrenklang im Solo ist auch genial – hier passt alles. Anders als erwartet von Deep Purple, aber genial und das ist die Kunst! „What do you think of that“.

Den Track „The Mule“ kannte ich zuerst vom Made in Japan Album und da fand ich den schon genial. Eigentlich ein Instrumental, aber mit Gesang. Sogar ein teuflischer Text. Der passt sehr gut zu dem, was Ian Paice abliefert. Abartig! Stark! Lord passt sich in seinem Teil sehr der Stimmung des Songs an und Ritchie ist halt Ritchie. Top Notch. Hier passt auch wieder alles zueinander, welch Überraschung. 

„Fools“ fängt überraschend ruhig an, was die Stimme betrifft. Gillan fleht im Intro noch in Trauer, wandelt diese dann aber um, und es wird wieder sehr heavy. Groovy und heavy – genau die richtige Mischung. Dazu noch diese wahnsinnige Stimme und das virtuose Zusammenspiel der Instrumentalisten. 

Die Breaks sind stark, im ersten viel Rassel, im zweiten kommt noch die Orgel hinzu und wird durch die Länge sehr hypnotisch, wodurch der Übergang in die Strophe mit der kräftigen Stimme und den harten Trommeln und Gitarre einen sehr gelungenen Kontrast darstellt. Der Ausklang des Songs wirkt sehr dystopisch und passt zum morbiden Text. 

Wie viel Bass brauchen wir? Ja, perfekt. So beginnt der Schlusssong. „No One Came“. Er ist nicht so catchy wie der Rest und wirkt irgendwo ein wenig repetitiv. Nichts desto trotz ist der Song immer noch gut, er fällt jedoch im Vergleich zu den vorangegangenen Tracks irgendwie ein wenig ab. Hier fehlt mir ein wenig Variabilität und Dynamik, die alle Songs davor hatten. Also Eclipsed – wenn überhaupt einen Song – dann diesen.

Summa summarum verdient das Album die stiefmütterliche Behandlung keineswegs, sondern stellt, wie Jon Lord schon feststellte, einen wichtigen Pfeiler in der Deep Purple Historie dar, da es ohne Fireball auch kein Machine Head gegeben hätte. Vielleicht hätte es ohne das Album auch nie Metallica gegeben, da Lars Ulrich durch Fireball auf die Idee gekommen ist, Musik zu machen. Dies macht das Album nicht nur wichtig, weil es stark ist, sondern auch positiv auf die gesamte musikalische Entwicklung gewirkt hat – innerhalb der Band, aber auch als Inspiration für andere. Das leuchtet insofern ein, denn das Album begeistert durch die Vielseitigkeit des Mixes aus Tempo, Virtuosität, aber auch Gefühl. Jedes Bandmember hat den nötigen Freiraum, ohne es damit zu übertreiben. Auch wenn im letzten Song meiner Meinung nach ein wenig der Eindruck entsteht, als hätte man grad nicht mehr so viele Ideen, ist Fireball eins meiner absoluten, wenn nicht sogar das Lieblingsalbum von Deep Purple.

4.5 / 5

Deep Purple – Fireball
Harvest, 1971
CD: 9,67 €

Tracklist:
01 – Fireball
02 – No No No
03 – Demon’s Eye
04 – Anyone’s Daughter
05 – The Mule
06 – Fools
07 – No One came

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