Von zahlreichen Videos kennt man ihn, wie er auf lustige Art und frei Schnauze Stellung bezieht: Den Addnfahrer. Was 2015 mit einem Video aus Gaudi begann, ist mittlerweile auf der Bühne angelangt. Der Gaißacher hat eine zweite Karriere gestartet, nachdem er einen schweren Arbeitsunfall erlitten hatte. In Sauerlach war es dann fast ein Heimspiel für ihn auf der Bühne. Eine halbe Stunde, bevor es losging, gab es den Soundcheck, der schon mal einen guten Einstieg in den Abend brachte. Unter dem Motto „S’Lem is koa Nudlsubbn“ standen die folgenden drei Stunden – denn wir alle sollen ja auch was haben für unser Geld. Der Anfang ist ein bisschen schleppend, die ersten Minuten sind eher abwartend, anscheinend auf beiden Seite. Aber das gibt sich recht schnell, der Addnfahrer legt los.
Das Programm soll ein kleiner biographischer Abriss werden. Der jüngere von zwei Brüdern, der halt auch immer Pech hatte, oder einfach ein Depp war, das kann man sich dann aussuchen. Es geht um die kleinen Streiche, das unbeabsichtigte Anzünden des Bahndamms, die Schellen, die er bekommen hat, den schulischen Werdegang. Manche Witze sind altbekannt, passen aber trotzdem sehr gut und sorgen für viele Lacher. Doch es wird auch klar, dass man das Programm und die Späße nur versteht, wenn man aus Bayern kommt, besser noch aus Oberbayern. Nicht nur, dass die Preißn sprachlich einige Probleme hätten, es geht auch um das ganze Drumherum. Wer hier aufgewachsen ist, der kennt das, die Umgebung, die Streiche, die Watschn, die man dafür kassiert hat – und da war es auch egal, ob man wirklich der Schuldige war, man hatte bestimmt irgendwas angestellt, so dass sie gerechtfertigt waren. Der versteht auch so manchen Witz und weiß sehr gut, dass nichts besser gegen einen Brand hilft als Paulaner Spezi. Der Addnfahrer trinkt bei der Show selbst aus der Flasche, öffnet diese mit dem Meterstab, wie sich das für einen Handwerker gehört – wohin der Kronkorken fliegt, ist Glückssache. Aber seit Beginn wissen wir, dass es in der ersten Reihe gefährlich ist. Zwischendurch gibt es immer wieder ein jauchzendes Lachen, das aber irgendwann seinen Sinn verliert und eher ins Nervige abdriftet.
Anderthalb Stunden lang witzelt sich der Addnfahrer durch seine Jugend, erzählt von ersten Küssen, von enttäuschten Frauen, VHS-Abenden und einem blutigen, zerstörerischen ersten Mal, das man sich so bildlich vorstellen kann, als würde ein Film ablaufen. Dann gibt es eine Pause, in der man am Merchstand einen besonderen Flaschenöffner kaufen kann, 9 Euro, fairer Preis, der Erlös wird gespendet an Kinder, die einen Elternteil verloren haben und finanzielle Unterstützung brauchen, und an die Rentner, die auf der Straße leben und Flaschen sammeln müssen. Schnell sind die Öffner weg, es sind zwei tolle Projekte und mal was anderes.
Nach zwanzig Minuten geht es weiter, dieses Mal in die Jetztzeit und in den Urlaub, nach Thailand. Dabei wäre Südtirol so viel schöner gewesen, wo man Deutsch sprechen kann, alles kennt und in der Sofaritze noch die Erdnüsse als Notvorrat vom letzten Jahr findet. Aber Thailand soll es sein, stundenlanger Flug, eingepfercht zwischen anderen, in unmittelbarer Nähe sitzen drei Damen aus Großbritannien, die unentwegt Sonderwünsche haben und mit einem schrillen, plärrigen „EXCUSEEEEE MIIIIIIII!“ alle auf Trab halten und dem Addnfahrer so richtig auf die Nerven gehen. Das gebrüllte „Excuse me!“ wäre übrigens ein sehr guter Klingelton. Angekommen im Hotel mit Pool und allem, wird es nicht besser, leidtun kann der Oberbayern einem da schon.
Manches geht an diesem Abend unter die Gürtellinie, es ist harter, bayrischer Humor, der kein Blatt vor den Mund nimmt und an dem man durchaus Anstoß nehmen kann – wenn man eben nicht aus dem Gäu kommt. Dabei sind die Oberlandler recht harmlos und meinen das meiste wirklich auf eine nette, liebevolle Art. Müsste man einschreiten, dürfte man nicht lachen, müsste man einen virtuellen Shitstorm zelebrieren? Sicherlich nicht, aber verstehen muss man es halt auch. Nach der Pause blieben einige Plätze leer, bereits während des ersten Showteils sah man einige Damen mit hochgezogenen Augenbrauen. Vielleicht hätte man vorher mal beim Addnfahrer auf die Seite schauen müssen, dann wäre die Überraschung vielleicht geringer gewesen.
Ganz am Schluss wird es ernst. Das Programm ist an sich vorbei, aber der Addnfahrer möchte noch etwas Wichtiges loswerden. Dann man aufhört, aufeinander rumzuhacken, zu allem seine Meinung abgibt und alles schlechtredet und kritisiert. Dass man das Leben lebt, es genießt und auch wenn es mal scheiße läuft, den Mut nicht verliert, „s’Lem is koa Nudlsubbn“. Und dass wir alle wieder mehr zammruckn.



