Sport: New Reality – 15.01.2023 – Espiritu Fitness Center, San Juan (Puerto Rico)


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2023 – und EPW machen dort weiter, wo sie aufgehört haben. Nach den Schwierigkeiten der letzten Jahre durch Corona, kann das Dojo und mit ihm seine Schülerinnen und Schüler komplett durchstarten. Man erwartet immer Größeres und wird dabei auch nicht enttäuscht. Monatliche Events mit Stars außerhalb von EPW, monatlich ein neues Highlight, das immer mehr Wrestlingbegeisterte anzieht und in das kleine Espiritu Fitness Center lockt, das bald aus allen Nähten platzt. Was einst dazu angelegt war, dem Nachwuchs eine Bühne zu geben und sie vorzustellen, ist mittlerweile eine sichere Bank für einen gelungenen Wrestlingabend geworden. Voller Überraschungen, durchdachten Storylines, voller Entwicklung und immer mehr Aufmerksamkeit genießend. Da ist es kein Wunder, dass sich immer mehr Meldungen häufen, welcher der Schülerinnen und Schüler einen Vertrag bei einer Liga unterschrieben haben. Nachdem LAWE ein großes Ziel hatte und leider recht kläglich gescheitert ist, ist EPW leise und ohne Größenwahnsinn nachgerückt. Es bleibt abzuwarten, wie lange EPW im Fitness Center seine Events abhalten wird und ob wir uns nicht doch auf einen größeren Event gefasst machen können in diesem Jahr. Aber nun zum ersten Event 2023. New Reality hieß es am 15. Januar in San Juan und es war ein bisschen die Vorschau auf das Jahr von EPW, denn dass sich einiges ändern würde, war bereits im Vorjahr klar. CEO Mike Mendoza hatte die Zusammenarbeit mit CCW angekündigt, in zahlreichen Interviews – seit diesem Jahr gibt es gefühlt jede Woche ein neues mit ihm, in dem er über die verschiedenen Promotionen, den Nachwuchs und nicht zuletzt seine eigenen großen Ziele spricht – macht er klar, dass die Wende da ist. Mendoza ist mittlerweile so etwas wie die Stimme und der Manager des puertoricanischen Wrestlings geworden, ein Elon Musk des lucha libre profesional puertorriqueña mit Visionen, Ehrgeiz und der Power, diese Ziele auch zu erreichen.

New Reality beginnt bei IWTV mit neuem Intro. Vorbei ist die Zeit, als der Sensei selbst gezeigt wurde, noch in alten Räumlichkeiten vor dem handgemalten EPW-Logo auftauchend. Stattdessen werden nun zu „Cruel Anger“ von Luigi Seviroli Szenen aus dem anstehenden Match gezeigt. Es stehen sich in einem 6 Mixed Tag Team Match alte Rivalen gegenüber. Auf der einen Seite Nathalya Perez, Hijo del Enigma und El Gentil, auf der anderen Seite Nahir Robles, Eros und Adam Riggs. Dass sich da keine Ringfreunde gegenüberstehen, wissen wir seit einiger Zeit – und was zwischen Eros und Hijo del Enigma abgeht, hat man auch auf den Social Media Kanälen im vergangenen Jahr nachlesen können, die beiden sind irgendwann sehr persönlich geworden. Nun aber im Ring, am vernünftigsten erscheinen hierbei Robles und El Gentil zu sein, sie immer noch mit dem Newbie-Stempel auf der Stirn, er als so etwas wie eine graue Eminenz, man hat Respekt vor ihm – und wir vergessen mal, dass er beim letzten Event demaskiert wurde. Übrigens gehen wir darüber auch hinweg, so ganz passt es nicht in die Storyline von EPW, wer sich unter der Maske verborgen hat – und genau das ist etwas, was man immer noch nicht so verstehen mag. Spoiler: Nur einen Monat später tritt ein Chris Mendoza, Bruder von Mike Mendoza, zu seinem Ringdebüt bei der WWC an und trägt die Ringgear von El Gentil. Während alle nun darauf warten, dass es ein Brüder Tag Team gibt, schließlich hat Mike eine Rückkehr zur WWC in just derselben Woche wie das Debüt nicht ausgeschlossen, und / oder eine astreine Brüderrivalität, ist bei EPW noch immer der Mantel des Schweigens über diese nun offizielle Enthüllung gebreitet. Und so sehr wir Chris Mendoza auch schätzen, wir wollen El Gentil, den maskierten, sanften Gentleman nicht missen. Der fängt nun auch an, steht Adam Riggs gegenüber und zeigt sogleich Dominanz. Die beiden spielen miteinander, tragen zur Belustigung des Publikums bei. Riggs findet es weniger witzig, muss sich dem blau-gelben Gegner aber einmal mehr unterwerfen – und der scheint keinen Gegner zu haben, sondern einen Spielball. Schnell sehen wir den ersten Pinversuch, Jordy als Referee kommt aber nicht weit mit dem Zählen. Riggs klatscht ab mit Eros, da wechselt sich Hijo del Enigma selbst ein, das Publikum johlt. Bevor es zwischen beiden losgehen kann, wechselt Eros aber Nahir Robles ein und damit muss Nathalya Perez in den Ring (ich finde diese Regel immer noch bescheuert, aber ich habe sie nicht gemacht). Die beiden führen das fort, was sie Männer begonnen haben und wir sehen zum ersten Mal ein Schauspiel im Ring. Gehen die Kämpfer sonst recht brachial aufeinander los und zeigen viel Technik und wenig Theater, wird diesmal vielmehr gespielt, angedeutet, das Publikum belustigt. Eros wechselt sich ein und geht auf Perez los, die keine Chance zum Abklatschen hat, ihr Freund springt in den Ring, wird aber von Jordy zurückgehalten. Als Eros weitermacht, stürmen El Gentil und Enigma in den Ring, Jordy kann sie nicht zurückhalten, Riggs stürzt sich auf die Gegner, Enigma fällt auf Jordy, das war so nicht geplant, dann gehen die beiden Gegner auf Perez los. Wechsel, Riggs ist im Ring und Perez chancenlos. Außerhalb des Vierecks geht es weiter, Enigma beschwert sich, was soll das? Dann wird Robles eingewechselt, das Publikum skandiert ihren Namen. Sie ist ein Publikumsliebling – und das hat jede Menge Spaß. Dann ein erneuter Wechsel, Eros geht rein und Nathalya bäumt sich auf, doch das währt nicht lange. Man wundert sich ein bisschen, dass Enigma und El Gentil nicht viel mehr eingreifen, dass nicht viel mehr Chaos entsteht und sie Jordy kurzerhand außer Gefecht setzen. Wieder gehen die beiden Männer auf Perez los. Dann reicht es Enigma, er stürmt doch los, greift Riggs an, wird aber zurückgepfiffen vom Referee. Ein recht komisches Verhalten, warum lässt man das so zu? Man würde mehr Wut aus der Ecke erwarten, aber es sind kurze, zaghafte Versuche. Und El Gentil macht das, was er immer macht: Er steht ruhig, erhaben da, schaut zu, lässt den Dingen ihren Lauf. Dem Publikum wird aber einiges geboten, das muss man schon sagen. Erneut wehrt sich Perez und schafft es endlich, abzuklatschen. Enigma ist wütend, er steht nun mit Erzfeind Eros im Ring und dann wird es schnell und hart. Der griechische Gott hat nicht viel entgegenzusetzen und endlich passiert, was wir erhofft haben: Das Chaos bricht ein bisschen los. Riggs greift Enigma von hinten an, der wehrt sich, Perez kommt zu Hilfe und befördert Riggs aus dem Ring und mit einem gekonnten Sprung zwischen die Stühle. Nur Robles und El Gentil stehen brav am Ringrand, beobachten das Geschehen wie nachsichtige Großeltern ihre Enkel. Dann aber wird El Gentil eingewechselt, nimmt sich Eros vor, der ziemlich viel einstecken muss. Riggs klettert zurück und der bearbeitet El Gentil und bringt sogar einen Pinversuch zustande. Das reicht nun Robles, die sich ihrerseits einwechselt und El Gentil aus dem Ring wirft. Tolle Aktion. Sie lässt sich feiern, wird aber von hinten von Perez angegriffen. Pinversuche auf beiden Seiten, Perez wirkt angeschlagen. Die Herren haben erstmal genug und überlassen den Frauen den Ring. Zack, vorbei. Was? Das ging dann aber sehr schnell. Robles wird gepinnt, nimmt sich das sehr zu Herzen, Eros zeigt den gestreckten Mittelfinger und auch Riggs wirkt wie ein trauriger Clown. Da wird was nachkommen, so viel ist sicher.

Als nächstes betritt das tödliche Duo den Ring, Fuerza Recia. Die geballte Kraft von Baltazar Bruno und Harry William, der niemand etwas entgegenzusetzen hat – und ich warte immer noch darauf, dass Mike Mendoza und Mark Davidson gegen die beiden antreten. Ihre Gegner sind Niche und Felix Aldea. Dass Niche im Ring steht, hatte im Vorfeld die Fans bereits begeistert. So ist es auch kein Wunder, dass er angefeuert wird. Aldea muss sich dann gegen Bruno behaupten und ist eher dessen Spielzeug als ein wirklicher Gegner. Aber Aldea wollen wir mal nicht kleinreden, der hat sich wahnsinnig gemacht in den letzten Monaten – nicht zuletzt sein sehr spontaner Einsatz gegen Lightning bei Immortal Lucha Libres Eternal Rivals im vergangenen Herbst hat ihm einen Push gegeben. Damals in LUMA-Dunkelheit ebenfalls im Espiritu Fitness Center. Zurück in den Ring, mittlerweile sieht er sich Harry William gegenüber und kann einiges einstecken – muss man in diesem Sport auch können. Als letzterer allerdings auf die Seile steigt, springt Aldea auf und kann ihn zu Fall bringen. Beide bleiben liegen, werden angezählt. Niche will in den Ring, es erfolgt ein beidseitiger Wechsel. Niche versucht einiges, um den Riesen zu Fall zu bringen, doch alles scheint an Bruno abzuprallen, bis ihm ein Bein gestellt wird. Auf den Knien ist er scheinbar angreifbarer, aber nur kurz, dann steht er wieder. Das Publikum johlt, Niche bringt Bruno erneut zu Fall, dann sind plötzlich alle vier Wrestler im Ring. Aldea nimmt sich William vor, kickt ihn raus, der Sprung danach misslingt, das hätte nicht so gut ausgehen können für den jungen Wrestler. Und man schaut auch erstmal, ob es ihm wirklich gut geht. Er steht wieder, alles fein, gut abgefangen, aufatmen. Aldea stürmt zurück in den Ring, legt Bruno auf’s Kreuz, doch der Sieg steht nicht an, denn William ist zurück. Auf den stürzt sich schließlich Niche und alle vier liegen am Boden. Jordy zählt die Wrestler an, die rappeln sich auf, Bruno kriegt das oberste Ringseil zwischen die Beine, Aldea befördert ihn vom Ringrand auf den Boden. Zum zweiten Mal an diesem Abend ist der Stützpfeiler im Weg. Der war bereits bei einigen anderen Aktionen und Events ein kleines Problem und man wartet fast darauf, dass er für eine ernste Verletzung verantwortlich ist. Nun gut, den kann man nicht absägen, sorgt er doch nicht nur für Stabilität, sondern auch mal für schöne Aktionen. Weniger schön wird es im Ring, William und Niche, prügeln sich, letzterer fliegt raus, Aldea sieht sich Fuerza Recia alleine gegenüber, bäumt sich auf, muss sich dann aber doch geschlagen geben. Ein sehr guter Kampf.

Edrax und Xavier Millet stehen nun Macho Navarro und Christian Melendez gegenüber. Edrax spuckt vom Rand aus große Töne, während Millet sich Christian und Navarro vornimmt. Der Referee ist Many, der zu Beginn wenig zu tun hat, bis es zu einem schnell Pinversuch kommt. Man sieht hier ein anderes Niveau, viel Ringerfahrung, das Publikum freut sich, und doch fehlt mir mal wieder ein bisschen die Begeisterung, das Feuer, die Chants, nun ja, einfach die Party. Aber die Fans sind dabei, feuern an, reagieren auf die Wrestler, mittlerweile stehen Navarro und Christian alleine im Ring, stürzen sich dann auf die Gegner außerhalb. Christian will es schnell beenden, doch Millet zieht ihn vom Ringrand. Ob er wirklich auf die Fresse fällt oder das nur gespielt ist, lässt sich schwer sagen, aber er wirkt angeschlagen, als Edrax ihn nun rannimmt und eine unflätige Geste in die Ringecke des Gegners schickt. Dann die Diskussion, als der Pinversuch schiefgeht. Das waren 3, nein, nur 2, sagt Many. Es folgen einige Beleidigungen vom Publikum und in dessen Richtung. Die Stimmung ist schon aufgeheizt, das muss sie auch sein, wenn man bedenkt, was uns noch alles bevorsteht. Christian muss an diesem Abend deutlich mehr einstecken, auch den nächsten Pinversuch, den Navarro durch einen Schlag auf den Rücken von Edrax unterbricht. „Mexico, Mexico“ ertönt es aus den Zuschauerreihen, die Sympathien sind sehr klar verteilt, auch wenn der Tequilla heute anscheinend zu Hause geblieben ist. Schnelle Wechsel, gute Moves, viel Technik und Interaktion mit den Zuschauern. Das macht ein gutes Match aus und das hier ist schon eine andere Liga, muss man ehrlich sagen. Diese Begegnung könnte auch im großen Ring vor erheblich mehr Publikum stattfinden. Die Kräfte scheinen recht gleichmäßig verteilt, man kann nicht vorher sagen, wer gewinnen wird. Als er Millet mit einer Close Line zu Fall bringen will, trifft Navarro Many, der zu Boden geht und liegenbleibt. Die Kämpfer achten nicht weiter drauf, Navarro springt vom Seil, pinnt Millet, das muss es gewesen sein, das Publikum zählt bis zehn, aber Many bleibt liegen. Als Navarro ihn schließlich hochreißt und einen erneuten Pin anbringen will, folgt die Disqualifikation – und die Diskussion. Navarro geht erneut auf Many los, der sich angeschlagen aus dem Ring rollt. Party im Fitness Center.

Der Ex-Champion Manu trifft nun auf Alfredo Melies. Das wird auch ein High Class Kampf, da kann man sich sicher sein. Wer gewinnen wird, ist völlig offen. Die geballte Übermacht und Wut eines Manu kann auch schnell dahingehend umschlagen, dass er sich mit einem Kendostick bewaffnet. Ganz Gentleman hält Melies ihm aber zuerst die Hand hin, die Manu skeptisch beäugt. Die Stimmung im Dojo ist gut, viele Zwischenrufe, noch ist etwas unklar, auf wessen Seite sich die Zuschauer schlagen. Beliebt sind beide, gute Wrestler ebenfalls. Manu verlässt den Ring, schöpft Kraft, holt tief Luft, scheint sich eine neue Strategie zurecht zu legen. Er kommt zurück und muss erneut feststellen, dass sein Gegner alles andere als leicht zu besiegen ist. Harte, laut klatschende Schläge gegen die Brust von beiden. Der Kampf wird kurzzeitig in den Ecken ausgetragen. Von der sonstigen Übermacht Manus ist nicht viel zu sehen. Die beiden werden sich müde kämpfen und dann auf etwas Glück hoffen müssen, wer zuletzt noch einmal alle Kraft zusammenkratzen kann. Das ist ein richtiger Mainevent, den wir hier sehen. Nach einem Frog Splash sieht es nach Sieg für Melies aus, doch Manu reißt im letzten Moment die Schulter hoch. Beide bleiben liegen, Many zählt die Kämpfer an. Sichtlich angeschlagen geht es weiter. Erneuter Pinversuch von Melies. Das muss doch mal klappen. Solche Kämpfe wünscht man sich öfter im Dojo, möchte man auch endlich mal wieder mit Mendoza sehen, aber das ist ja ein bekanntes Problem. Nun versucht Manu, dem Ganzen ein Ende zu setzen, doch auch er scheitert. Da prallen zwei Topwrestler aufeinander, Kraft, Technik, alles passt. Das Publikum ist kaum noch zu halten, Melies auch nicht. Manu kann ihn einfach nicht bezwingen. Erneuter Versuch, dann versucht Melies, seinen Gegner zur Aufgabe zu zwingen. Keine Chance. Es wird immer spannender, die Kräfte der beiden Wrestler schwinden zusehends. Ein gewaltiges Match, das hier geboten ist. Am Ende ist aber doch Manu, der den Sieg einfährt und danach deutlich macht, dass er wieder an die Spitze von EPW möchte. Doch etwas passiert noch, oder? Manu reicht seinem Gegner die Hand, eine Kampfansage. Melies bleibt zurück und greift seinerseits nach dem Mikro – und gibt seinen Abschied bekannt. Das Publikum schreit „No!“, aber niemand kann ihn aufhalten. Es gibt nun mal ein Leben neben dem Wrestling, das die Rechnungen bezahlt. Und wir verlieren einen großen Wrestler an den Alltag. Gracias Alfredo! Wir werden Dich und Deine Kämpfe vermissen.

Last but not least, der Titelkampf. Lehrer gegen Schüler, Skorpion gegen Drache, Mike Mendoza gegen Androide787. Es ist ein Kampf, den nicht nur Androide787 herbeigesehnt hat, sondern auch viele Fans. Mendoza zieht seine Show ab. Spielt sich als großer Wrestler auf, der obligatorische Handschlag zu Beginn. Er denkt, er hat es leicht, schließlich war Androide doch einer seiner ersten Schüler, der von ihm alles gelernt hat. Doch Androide ist den Kinderschuhen entwachsen. Ein bisschen Ringen, dann sieht sich Mendoza einmal mehr dem Spott seines Publikums ausgesetzt. Seine Kämpfe in seinem Haus laufen mittlerweile alle gleich ab. Die Choreografie der Kämpfe, die Zwischenrufe, seine Mimik, Gestik, der Ablauf. Mendoza macht sich selbst zu einer Marionette, sein Talent und sein Können absolut in den Schatten stellend. Er lässt sich vorführen, und auch wenn man immer sagen konnte, es geht nicht um ihn, sondern eben um die Schüler seines Dojos, so ist es manchmal geradezu traurig, dass man von ihm nur eine abgemagerte Version sieht. Wo ist der ehemalige Champion, die Hoffnung des Wrestlings, wo ist der GOAT, der sich einen unvergesslichen Kampf beim LAWE Summerfest gegen La Pesadilla geliefert hat, der einen waghalsigen Sprung bei Cima de Campeones von der Empore gewagt hat? Möchte Mendoza überhaupt noch im Ring stehen oder liegt der Kämpfer in ihm im Sterben und der Manager gewinnt die Oberhand? Auch hier ein kleiner Spoiler: Ende Februar sah man ihn an der Seite von Angel Fashion bei UCP kämpfen und dies verstärkte den Eindruck, dass er dort eigentlich gar nicht mehr sein möchte. Kein Wrestler, eher ein Ringer (hier gibt es einen Unterschied), ein lästiger Termin, den er absolvieren muss. Das Feuer, das man von diesem Kämpfer kannte, ist erloschen. Was auch immer in ihm vorgehen mag, es ist als Zuschauer sehr traurig. Beim Titelkampf bei EPW sieht man kurzzeitig richtig Spaß bei ihm. Er hat einen Gegner und Androide scheint sich sehr gut vorbereitet zu haben. Auch wenn er zwischenzeitlich ziemlich in den Seilen hängt und sich Mendozas Spott ausgesetzt sieht – der wirklich auch wieder diese Dominanz zeigt, diese Arroganz, die man immer wieder mal gesehen hat und die die Stimmung ordentlich anheizen. Als Androide ihn in die Ecke drängt, lässt er es geschehen, doch dann stürzt er sich auf den Jüngeren, ringt ihn zu Boden und schimpft gleich noch mit dem Publikum. Nun aber Ruhe, die harten, lauten Schläge auf die Brust hallen durch das Fitness Center. Das tut richtig weh. Zweimal schafft es Mendoza, dann rappelt Androide sich auf und wehrt sich. Aber nur kurz. Mendoza spielt mit ihm, Tritte, Schläge, Sprünge, die Choreografie, Mendoza tanzt auf dem Ringrand, ihm werden die Beine weggezogen, er knallt drauf, bleibt längere Zeit kniend am Boden. Plötzlich passiert etwas, plötzlich sieht es mehr nach Kampf aus, mehr nach Technik, mehr nach Action, nach Kräftemessen. Bis Mendoza weiterspielt, den Stützpfeiler einbezieht und Androide schließlich gegen den und gleich darauf gegen den Ringrand knallt. Die alte Arroganz ist da, die Übermacht. Es geht zwischen die Stühle. Mendoza ist sich des Sieges sicher und Androide scheint nichts mehr entgegenzusetzen zu haben. Doch dann kann er sich aufrappeln und beide schlagen sich lautstark gegen die Brust. Zurück in den Ring. Es sieht wirklich danach aus, als könnte El Escorpion das Match gewinnen. Aber wird sich Androide seinen hart erkämpften Titel so einfach entreißen lassen? Das Publikum feuert ihn lautstark an und das gibt neue Kraft. Mendoza will ihn zur Aufgabe zwingen. Mit Hilfe von Jordy kann Androide das Seil greifen, doch sein Gegner lässt nicht locker. Sie rappeln sich hoch, Mendoza versucht den Pin, nein. Wieder redet er mit dem Publikum. Es wird Zeit, dass man zum Ende kommt, es wird kaum reagiert, man merkt es. Wenn man ehrlich ist, ist es ein unwürdiger Titelkampf, da haben wir bei Manu vs. Melies erheblich mehr zu sehen bekommen und erheblich besseres Wrestling. Wieder in die Ringecke, wieder Schläge auf die Brust, Mendoza ist der Größte, es ist sein Haus, er ist der wahre Champion. Ehrlich, hast Du das hier nötig? Mehr Show als Wrestling? Mehr Gelaber als Kampf? Dann die Ansage: Nur noch fünf Minuten Kampfzeit. Das ist ja auch was Neues. Androide bäumt sich auf, das Publikum ruft: Du bist Champion. Und als hätte die Ansage einen Schalter bei den beiden umgelegt, sehen wir kurzzeitig sowas wie einen guten Kampf. Mendoza flieht wieder aus dem Ring. Das hatten wir doch alles schon. Vier Minuten. Pinversuch, doch Mendoza kann sich befreien. Warum auch immer, er wirkt nun angeschlagen, wovon denn? Ey, Dein Motto war: „No Actors, Wrestlers!“ – zeig uns das doch bitte wieder! Immer öfter sieht man bei ihm, dass er Pins abbricht. Jetzt wieder. Endlich passiert mal was. Drei Minuten. Einige Kicks treffen Androide, dann treibt er seinen Lehrer in die Seile. Doch Mendoza rafft sich auf, es sieht nach seinem Finisher aus, Androide kann sich wehren. Er ringt Mendoza nieder, greift sich seinen Arm, hofft auf die Aufgabe des Gegners. Noch zwei Minuten. Wie immer versucht Mendoza das Seil mit dem Fuß zu erreichen. Beide bleiben liegen, werden angezählt. Sie raffen sich auf, schlagen aufeinander ein. Zwei müde Kämpfer, noch eine Minute, Androide bricht einen Pinversuch ab, ich hab auch keinen Bock mehr, das noch hinzunehmen und zu beschönigen. Aber immerhin hat das restliche Schauspiel aufgehört. Zehn Sekunden, die das Publikum runterzählt. Die Glocke. Beiden bleiben liegen. Androide787 bleibt Champion. Nach einer fast schon würdelosen Choreografie. Enttäuschend, von beiden. Was habt ihr euch da gedacht? Mendoza flüstert Jordy etwas zu, der dann zu Androide geht und mit ihm flüstert. Da kommt noch das übliche Gequatsche. Du bist gut, danke, und jawoll, da ist endlich der alte El Escorpion! Es folgt eine Attacke und Androide bleibt benommen am Boden liegen. Ein recht versöhnliches Ende für einen enttäuschenden Kampf – und die Aussicht auf eine Revanche im Februar.

Keiner mag Kritik, EPW erst recht nicht, das ist mir bekannt. Aber nur an Kritik kann man wachsen. Wenn man alles nur bejubelt, weil da halbnackte Männer sich schwitzend kloppen, braucht man kein Review – aber eben auch die Kämpfe nicht. Mir ist bewusst, dass da einiges dahintersteckt, auch hinter dem stark kritisierten Verhalten Mendozas. Die Veränderungen, die Bemühungen, die Entwicklungen sind deutlich und machen wirklich Spaß. Und auch wenn ich mir mal wieder ein wirklich tolles, mitreißendes, leidenschaftliches Match vom GOAT wünsche, New Reality war ein toller Auftakt für das neue EPW Jahr.

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