Der in England lebende, gebürtige Südafrikaner Manfred Lubowitz hatte unter seinem Band- und Künstlernamen Manfred Mann seit 1964 bereits die stattliche Anzahl von zehn Alben auf den Markt gebracht, wenn man die regulären Alben mit den speziell für den amerikanischen Kontinent zusammengestellten Ausgaben zusammenzählt. Anschließend kam seine Prog-Jazz Phase mit den beiden Platten unter dem Namen Manfred Mann’s Chapter Three auf dem Vertigo Label, ehe er ab 1971 unter dem Bandnamen Manfred Mann’s Earth Band firmierte. Das erste Album der Earth Band, Steppin‘ Sideways, noch 1971, kam über den Status einer Handvoll englischer Testpressungen nicht hinaus und wurde nie veröffentlicht. Dafür brachte die Band im Jahre 72 gleich zwei LPs auf den Markt. Das selbstbetitelte Manfred Mann’s Earth Band und Glorified Magnified. Anfang des Jahres 1973 fand sich die Band in den Londoner Maximum Sound Studios ein, wo schon die letzten fünf Alben eingespielt wurden. An den Reglern des Mischpultes saß Engineer John Edwards, der beim zweiten Song von Laurence Latham unterstützt wurde. Für das Cover zeichneten Peter Hignett, Peter Goodfellow und William Stone & Associates verantwortlich, welches eine Figur mit einem gasmakenartigen Helm vor einer Wüstenlandschaft zeigt, in dessen Mundstück sich der Erdball im Weltall spiegelt. Bei den ersten Ausgaben war das Cover ein Klappcover und das Mundstück war kreisrund ausgeschnitten. Die Erdkugel war auf der Cover-Innenseite abgebildet.
Los geht es mit dem Titeltrack „Messin'“, dem mit vollen zehn Minuten längsten Song auf dem Album. Geschrieben wurde „Messin'“ von Mike Hugg, seinem langjährigen musikalischen Weggefährten seit 1962, eigentlich noch für ihre Chapter Three Formation. Zu Beginn hört man eine Melange aus Maschinengeräuschen und Tierstimmen aus einem Zoo, welche von Laurie Baker beigesteuert wurden. In dieses Gewirbel setzen die sparsamen Akkorde von Mick Rogers‚ Gitarre ein, die sogleich von der Basslinie von Colin Pattenden gestützt werden. Auf dieser prägnanten, aber einfachen bluesigen Bassmelodie stützt sich der komplette Song. Sehr schön sind die gedoppelten Melodienbögen von Gitarre und Bass. Im Mittelteil darf sich Mick Rogers mit seiner Gitarre solistisch austoben, während der Track an Fahrt aufnimmt. Da Anfang der 70er Jahre der Progressive-Rock der Sound der Stunde ist, wird das progressive Element hier voll und ganz ausgelebt. Harte, laute Teile wechseln mit ruhigen Parts ab, in denen teilweise nur die Backroundsängerinnen mit dem hypnotisch wiederkehrenden „We messin‘ up the Land“ zu hören sind. Die Background-Vocals werden von den Engländerinnen Judith Powell, Liza Strike, Ruby James und Vicky Brown gesungen. Das folgende, falsch geschriebene „Buddah“ beginnt mit einigen ruhigen Gitarrenakkorden auf denen Mick Rogers seine Stimme obenauf platziert. Ruhige Töne aus dem Moog von Mann begleiten den Part der ersten zwei Strophen. Nach den acht Zeilen Text steigert sich das Ganze zu einem harten Zwischenpart aus sägender Gitarre. Dieses wird mit den nächsten zwei Strophen wiederholt, ehe der Song vermeintlich komplett abbricht, ehe Trommelschläge einen komplett anderen schnellen instrumentalen Teil einleiten, wo Manfred Mann die Klänge seines Moog-Synthesizers als Solopart prägnant in den Vordergrund setzt. Das Trommelintro wurde eindeutig von John Bonham und seinen Mannen von Led Zeppelin abgekupfert. „Good Times, bad Times“ stand da unzweifelhaft Vorbild. Colin Pattendens Bass bildet den soliden Boden auf dem sich Gitarre und Synthesizer hoch schaukeln. Progressivität par excellance. Orgelklänge leiten den dritten Song, das Instrumental „Cloudy Eyes“ ein. Rogers Gitarre steht hier glasklar im Vordergrund, teilweise sehr schön gedoppelt. Die zweite Seite beginnt mit einer Coverversion, bei der sich mal wieder aus dem reichhaltigen Fundus eines Robert Zimmerman, besser bekannt als Bob Dylan, bedient wird. Im Spätsommer des Jahres 1967 trafen sich im Keller eines Big Pink genannten Anwesens in der Nähe von Woodstock die Musiker von Dylans Begleitband, um mit vielen Freunden und auch Dylan selbst zu jammen und aufzunehmen. Aus diesen Sessions entstanden die legendären Basement Tapes, auf denen der Song „Get your Rocks off“ das erste Mal zu hören war. Die Version der Earth Band schob im Gegensatz von Dylan und Band mächtig vorwärts und ist mit drei Minuten auch der kürzeste Track auf dem Album. Das folgende „Sadjoy“ stammt wieder aus der Feder von Manfred Mann und fängt mit einer einfachen Melodie auf der E-Gitarre an, die sich in einem elektrifizierten Blues auswächst. Eigentlich fast instrumental gehalten, wenn nicht im Hintergrund als Background ein andauerndes „Na Na Naa“ als Chorgesang zu vernehmen wäre. Die Kapriolen, die Mick Rogers auf seiner Sechssaitigen schlägt, dominieren den Song. Jetzt wird’s richtig bluesig, denn mit „Black and Blue“ bedient sich die Earth Band am Repertoire einer Band aus Down Under. Die australische Bluesband Chain hat den Track 1971 auf ihrer Toward the Blues LP drauf. Erstaunlicherweise harmoniert das Gemenge aus Bluesakkorden bestens mit den Moog Klängen aus dem Synthie von Mann. Das Ganze kommt zeitweise richtig psychedelisch rüber und beweist, dass auch synthetische Klänge zum Blues passen. Eine richtig klasse Nummer, die leider immer im Schatten von „Buddah“ und „Messin'“ steht. Als letzten Song wird wieder eine Coverversion dargeboten. Wir gehen in die tiefsten Südstaaten nach New Orleans und feiern das Ende des Karnevals, den „Mardi Gras Day“. Und aus welcher Feder könnte das Original schon stammen? Natürlich vom Voodoozauberer des Bluesrocks, von keinem Geringeren als Dr. John Creaux alias Mac Rebenack. Der brachte den Song 1970 auf seiner LP Remedy raus. Der Track ist eigentlich komplett untypisch für die Earth Band um Mann, aber um irgendwelche Konventionen hat sich Manfred Mann noch nie geschert.
Mit Messin‘ hat Manfred Mann und seine Earth Band ein sehr gutes Album in den Musikkosmos gestellt, welches den Vergleich mit anderen Meisterwerken nicht zu scheuen braucht. Eine richtig schöne Mischung aus Prog, Blues und Rock. Leider dauerte es noch zwei weitere Jahre, bis sich der Sound der Earth Band im Bewusstsein der Hörer festsetzte. Erst mit Nightingales and Bombers, ihrem sechsten Album von 1975, waren Manfred Mann’s Earth Band in der ersten Liga angekommen. Bei den Prog-Fans steht Messin‘ neben dem Folgealbum Solar Fire zurecht an erster Stelle.
Messin‚
A1 – Messin‘
A2 – Buddah
A3 – Cloudy Eyes
B1 – Get your Rocks off
B2 – Sadjoy
B3 – Black and Blue
B4 – Mardi Gras Day
Mick Rogers – Vocals, Guitars
Manfred Mann – Organ, Synthesizers
Colin Pattenden – Bass
Chris Slade – Drums
