QUEEN – Live in München am 02.02.2015


„The Queen is dead … long live the Queen“

Totgesagte leben ja bekanntlich länger, aber als Freddie Mercury im November 1991 Made in Heaven wurde, war eigentlich allen klar, dass es ein Ersatzmann als Queen-Fronter nur sehr schwer bis unmöglich haben würde, die gigantischen Fußstapfen auch nur annähernd auszufüllen. Bereits in den Jahren 2004 bis 2009 versuchte es der ehemalige Free- und Bad Company-Sänger Paul Rodgers, aber mehr als ein Achtungserfolg sprang dabei nicht raus. Zu unterschiedlich waren die stimmlichen Charakteristika der beiden. Der nächste Kandidat namens Adam Lambert, ein damals 30-jähriger US-Amerikaner, der 2009 zweiter bei American Idol wurde und sich bei den Auditions mit Bohemian Rhapsody vorstellte, kam ab Mitte 2012 ins Spiel und machte seine Sache mehr als nur recht. Und genau mit eben diesem Adam Lambert kam die britische Rockinstitution Queen jetzt zu uns nach München in die Olympiahalle. Ruck-zuck waren die 12.000 Karten vergriffen und die volle Olympiahalle wartete nun gespannt auf die Band.

Vorgruppe gabs keine, der Vorhang der die Bühne verhüllte, wurde vom weltbekannten Queen-Logo angestrahlt und das Synthesizer-Intro brodelte bereits an die zehn Minuten vom Band, als um kurz nach 20:00 Uhr die Lichter ausgingen und die riesige Silhouette von Brian May auf dem Vorhang auftauchte, begleitet vom Gitarrenriff von One Vision aus dem Jahr 1986. Kurz drauf war das Tuch verschwunden und die Band legte los als gäbe es kein Halten mehr. Sofort war beste Stimmung in der Halle und Lambert, der keinerlei Anzeichen von Nervosität zeigte, wurde sehr dankbar von den Münchnern angenommen. Unter Jubelarien ging es zurück in die Siebziger. Stone cold crazy aus dem Sheer Heart Attack-Album folgte, und fegte den 12.000 das Ohrenschmalz regelrecht aus den Gehörgängen. Another One bites the Dust war der dritte Streich, der die ausgelassene Stimmung noch weiter anheizte. Der „Neue“ machte seine Sache sehr gut. Er versuchte in keinster Weise Freddie zu imitieren, dazu fehlt ihm noch etwas die Bandbreite in seiner Stimme. Er kokettierte vor den Münchnern und strahlte dabei eine Selbstsicherheit und Apartheit aus, dass ihn jede Mutter mit Sicherheit sofort als Schwiegersohn genommen hätte.

„Are you gonna take me home tonight“ … Diese erste Zeile des nächsten Songs aus dem 78er Jazz Album reichte völlig aus, um die ganze Olympiahalle mitsingen zu lassen. Fat Bottom Girls war der nächste Knaller, bei dem Brian May sein Solo auf dem Steg mitten im Publikum spielte, bevor es mit In the Lap of the Gods … Revisited wieder etwas ruhiger zurück ins Jahr 1974 ging. Noch älter, genauer gesagt vom Debutalbum war der folgende Song, Seven Seas of Rhye, bevor mit Killer Queen aus dem Sheer Heart-Album eine weitere Hymne aus den Boxen knallte. Apropos Boxen … normalerweise ist die Olympiahalle ja eine akustische Missgeburt, wenn es um große Konzerte geht. Den Tonmeistern an diesem Abend muss man ein sehr großes Kompliment machen. Die Halle war nahezu perfekt ausgesteuert. Klasse!

Fast schon schüchtern trat Lambert vor sein Auditorium und bedankte sich bei den Münchnern, dass sie ihn so herzlich aufgenommen hatten. „Thank you for giving me this Chance“, meinte er, und die Leute spendeten ihm warmen Beifall. Man nahm ihm wirklich ab, dass er dankbar ist, die riesige Lücke die Freddies Tod in die Musikwelt gerissen hatte, einigermaßen füllen durfte. Sichtlich befreit schrie er fast die Titelzeile des folgenden Songs ins weite Rund. I want to break free wurde von Somebody to love gefolgt, ehe Brian alleine mit seiner Akustikgitarre auf dem Steg mitten in der Halle auf einem Barhocker Platz nahm. Nachdem May die Band vorgestellt hatte, bei der besonders Keyboarder Spike Edney gefeiert wurde, der schon seit 1984 die Tasten bei Queen drückt, sprach May sogar etwas deutsch. Sichtlich bewegt mit Tränen in den Augen erzählte er, dass Queen früher ja oft in München gewesen waren und sogar einige Songs in den Münchner Tonstudios aufgenommen hatten, Freddie hier quasi sein zweites Zuhause gefunden hatte. Love of my Life unterstrich die Message dieser Ansage zu deutlich und bei dem Song wurde auf der großen runden Videoleinwand der singende Freddie eingeblendet. Jetzt kam die komplette Band auf den Steg und spielte die nächste Hymne, die aus tausenden Kehlen mitgesungen wurde. 39 aus dem 75er Album A Night at the Opera. Zurück in die Zukunft, genauer gesagt ins Jahr 1986, ging es mit A Kind of Magic bei der Drummer Roger Taylor den Gesangspart übernahm. Anschließend wurde es erstmal wieder etwas ruhiger als Bassist Neil Fairclough allein mit seinem Bass auf den Steg kam, und ein langes Basssolo spielte. Sozusagen die Ruhe vor dem Sturm war das, weil ihm schon kurz darauf Roger Taylor auf einem kleinen Drumset vorne auf dem Steg Gesellschaft leistete. Fairclough hatte seinen Part getan und Taylor machte allein etwas Krach. Ein schönes Schlagzeugsolo folgte, bei dem kurz drauf der Perkussionist hinter Rogers Schießbude auf der Bühne Platz nahm und mittrommelte. Der Apfel fällt eben doch nicht weit vom Stamm, wollte man meinen, denn der Jungspund, der sich mit Roger da ein Drumbattle lieferte, war niemand geringerer als sein eigener Sohn Rufus Taylor.

Eine der bekanntesten Basslinien leitet den kommenden Song ein, bei der die ganze Band wieder zu Gange war. Mit Under Pressure aus Hot Space, Save me von The Game und Who wants to live forever wurde ein kleiner 80er Jahre-Block vom Stapel gelassen, ehe mit Last Horizon, einem Gitarrensolo von Brian May aus dem Jahr 1993, auch die Gitarrenfreaks bedient wurden. Back to the Roots of 76 ging es bei Tie your Mother down vom A Day at the Races-Album. Roger überließ seinem Sprössling den Drumsessel und spielte dezent im Hintergrund ausschließlich Percussion. Anschließend durfte Lambert allein die Massen unterhalten. Dies tat er mit einem Vocal-sing-along bei dem die Zeilen „Gimme your Love“ und „All your Love tonight“ im Mittelpunkt standen und vom Publikum im Wechselgesang mit Lambert intoniert wurden. Mit I want it all und Radio Ga Ga folgten zwei 80er Jahre-Brocken, die die eh schon ausgelassene Stimmung im Olympia-Rund zum Kochen brachten. Auf Brian Mays Frage „What are you thinking about the new Guy?“ erscholl nur heftiger Applaus, den Lambert sichtlich genoss und in sich aufsog. Crazy little Thing called Love folgte und Adam Lambert spielte Grimassen-Jojo zu Mays Gitarrenläufen. Er freute sich aufrichtig mit den britischen Urgesteinen auf einer Bühne stehen zu dürfen und seinen Teil dazu beizutragen, aus einem Konzertabend ein Erlebnis zu machen.

Die Queenhymne schlechthin bildete den Abschluß des normalen Sets. „Is this the real Life, is this just Fantasy. Caught in a Landside, no Escape from Reality“. Diese ersten Textzeilen aus Bohemian Rhapsody zauberten gespannte Erwartung auf die Gesichter der Menge. Wie würde Lambert den weltbekannten Mittelteil meistern? Ganz einfach: Indem er den Teil gar nicht erst singt bei dem er unweigerlich gegen das Original verlieren muss. Bei der Zeile „I see a little Silhouetto of a Man“ wurde es dunkel und der allseits bekannte Part wurde per Video auf die ovale Leinwand gezaubert. Man integrierte Freddie in die Show und zeigte deutlich auf, dass er auf ewig ein Teil von Queen ist, und auch bleiben würde. Die letzte Strophe durfte Lambert wieder allein singen und bei den abschließenden Worten „Nothing really matters, anyone can see. Nothing really matters, nothing really matters to me. Any way the Wind blows“ sang Adam die Zeilen im Wechselgesang mit Freddie. Das wirkte in keinster Weise peinlich oder deplaziert. Das machte Sinn und bildete den würdigen Abschluss eines Hitfeuerwerks der Extraklasse. Schon nach kurzer Zeit kamen die bekanntesten Drumschläge der Rockgeschichte aus den Kesseln  von Taylor. Die Rockhymne We will rock you mündete in einer Mitklatschorgie. Lambert kam auf die Bühne und den Leuten stockte fast der Atem. Im Leopardenanzug und mit Krone performte der Kronprinz die Zugaben. Das unweigerliche We are the Champions setzte den Punkt auf das I. Begeisterungsstürme umwehten die Band die sich vorne an der Bühne feiern ließ. Die Queen-Hymne und gleichzeitig die Nationalhymne des Vereinigten Königreichs, God save the Queen wehte dabei aus den Boxen.

Das hier war beileibe kein Abklatsch einer ehemals großen Band in einer aktuellen Reservebesetzung, hatte doch John Deacon 1997 schon keine Lust mehr, die vier Saiten bei der Königin zu zupfen. Queen waren groß, sind groß und bleiben groß … vom kleinen Intermezzo mit Paul Rodgers mal abgesehen. Die Fußstapfen von Freddie Mercury werden niemals ausgefüllt werden können und Lambert maßt es sich in keinster Weise an, das schaffen zu können. Er kokettiert vor dem Publikum mit Mercury-ähnlichem Gepose ohne ihn kopieren zu wollen. Er treibt es auf die Spitze, ohne kitschig zu wirken. Manchmal übertreibt er es sogar ein wenig, aber das ist eben die Musicalausbildung und man lächelt nur drüber und nimmt es ihm in keinster Weise übel. Er bringt seine eigene Note mit rein und das passt. Den Mienen von May und Taylor ist anzusehen, wie viel Spaß sie mit dem „Neuen“ haben. Taylor meinte sogar in einem früheren Interview, dass sie es niemals wieder mit einem anderen Sänger versuchen werden, nachdem sie mit dem „wunderbaren“ (O-Ton) Adam Lambert gearbeitet haben. Die Lücke, die Freddie hinterlassen hat, ist nicht auszufüllen, den Weg von Freddie kann Lambert niemals gehen, aber eine kleine Teilstrecke neben Freddie auf dem Weg der Queen. Tja … ich selber und viele begeisterte Queenfans wüssten keinen besseren als den Jungspund, der May und Taylor den Spaß an Queen besser zurückgebracht hätte. Glatte volle Punktzahl erreicht. Spiel, Tour und Sieg.

5/5

Setlist:

01 – One Vision
02 – Stone cold crazy
03 – Another One bites the Dust
04 – Fat Bottom Girls
05 – In the Lap of the Gods … Revisited
06 – Seven Seas of Rhye
07 – Killer Queen
08 – I want to break free
09 – Somebody to love
10 – Love of my Life
11 – 39
12 – A Kind of Magic
13 – Bass Solo
14 – Drum Battle
15 – Under Pressure
16 – Save me
17 – Who want’s to live forever
18 – Last Horizon
19 – Guitar Solo
20 – Tie your Mother down
21 – Vocal-sing-along mit Adam Lambert
22 – I want it all
23 – Radio Ga Ga
24 – Crazy little Thing called Love
25 – Bohemian Rhapsody

26 – We will rock you
27 – We are the Champions

28 – God save the Queen  (Abspann)

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