Die Hamburg Blues Band – wieder einmal. Für Kyra und mich sind die Auftritte der HBB ja sozusagen Pflichtprogramm, sind wir mit der Band doch seit Jahren gut befreundet. Ulm ist allerdings nicht gerade um die Ecke … gut 180 Kilometer sind da zu fahren. Aber da an diesem Abend nicht nur die reguläre Besetzungung auf der Bühne steht, sondern Bandchef Gert Lange einige Gäste eingeladen hat, schwingen wir uns auf die Autobahn und fahren kurzentschlossen ins Württembergische. Das Ulmer Zelt ist ein Kulturprogramm, welches seit 1987 in der Ulmer Friedrichsau stattfindet. Alles eine Nummer kleiner und familiärer und deshalb sehr viel reizvoller als das mittlerweile zu einem Massen-Bio-Kommerzspektakel-Monstrum verkommene Tollwood. Zuerst zeigte Kyra noch Bedenken wegen der langen Anfahrt, aber die Gelegenheit den legendären „God of Hellfire“ persönlich kennen zu lernen ließ sie alle Bedenken schnell über Bord schmeißen. Eigentlich wäre ja die Band Kansas auf dem Programm gestanden, aber anscheinend ließen amerikanische Sicherheitsbedenken den Auftritt platzen. Na ja … man kann sich auch wichtiger nehmen als man ist. Als sozusagen Ersatz war also die HBB verpflichtet worden und Gert würzte den Auftritt mit ein paar legendären Gästen, die auch früher schon öfter mit der Hamburg Blues Band die Bühne geteilt hatten: Clem Clempson (Ex Humble Pie, Bakerloo und Colosseum), Adrian Askew (Ex Atlantis und Tone Band) und der legendäre Arthur Brown. Kenner wissen, dass die HBB mit den Gästen nicht eben „nur“ ein Ersatz für die Amerikaner waren, sondern auch mehr als besser als die ewigen Dust-in-the-Wind-Orgler.
Angekommen und auch keine 200 Meter entfernt sofort einen Parkplatz gefunden, machten wir uns auf den Weg zum Eingang. Gleich als erstes fanden wir den Merchandise-Stand, hinter dem die gute Seele der Band, Bernd Kühl die Tonträger an die zahlreichen Fans brachte. Zu unserer Freude standen da doch glatt ein paar Vinylscheiben von Krissy Matthews, die wir sofort einsackten. Nachdem uns Bernd mit Pässen versorgt hatte, machten wir uns auf hinter die Bühne, wo diverse herzliche Begrüßungen vonstatten gingen. Kyra war erstaunt von der Herzlichkeit, mit der Arthur Brown sie auch gleich mit Beschlag belegte. Ich hab mich sehr gefreut, neben Arthur auch endlich mal wieder Clem und Adrian zu treffen. Den Rest der Band sowieso. Jetzt war Zeit für den Auftritt und wie immer stand zu Anfang die Stammformation auf der Bühne. Hans Wallbaum an den Drums und Bexi Becker am Bass sorgten für den soliden Background, auf dem sich die beiden Saitenschwinger Krissy Matthews und Chef Gert Lange austoben konnten.
Nach den ersten fünf Songs machte Gert die Ansage zwecks den heutigen Gästen und bat Keyboarder Adrian Askew und Gitarrist Clem Clempson zu ihnen auf die Bühne. Clem durfte bei „Down in the Flood“ und „It ain’t right“ auch gleich die Leadvocals bedienen. Erstaunlich zu sehen war, wie sehr sich Krissy Matthews zurücknahm, um Clem die Starrolle zu überlassen. Clem wiederum genoss es sichtlich, neben sich einen Gitarristen zu haben, der ihm ebenbürtig war. Der feinfühlige Gitarrengott Clempson und der Saitenhexer Matthews passten perfekt zusammen. Von Gert Lange wissen wir eh schon, dass dieser gern einen Schritt zurücktritt, um anderen die Reihe Eins und den Lichtkegel zu überlassen. Der genießt dieses sichtlich. Mit dem alten Fleetwood Mac Kracher „Rattlesnake Shake“ beschließt man erfahrungsgemäß den ersten Teil des Auftritts, um die Besucher in den Genuss einer kleinen Pause kommen zu lassen.
Nach gut 20 Minuten ging es weiter. Die alte Free-Nummer „Wishing well“ bildet immer den Start, bei dem Gert die legendäre Blues-Queen of Scotland, Maggie Bell auf die Bühne bittet. Die ehemalige Sängerin der Band Stone the Crows bildete natürlich sofort den Mittelpunkt der Show mit ihrer legendären Blues-Röhre. Fünf Nummern später kam er dann … eingehüllt in Robe und Hut, welche stark an einen alten Zauberer erinnern, mit einem langen Stock, der als Zeremonienstab taktmäßig geschwungen wurde – Arthur Brown. Herr Robert Zimmermann, alias Bob Dylan hätte seine wahre Freude gehabt, mit welcher Inbrunst sein alter Klassiker „A hard Rain’s gonna fall“ hier dargeboten wurde. Anschließend kamen die alten Evergreens „I put a Spell on you“, „Don’t let me be misunderstood“ und „Help me“ an die Reihe. Maggie verlegte ihre Aktivität auf der Stage als Backgoundsängerin und machte Percussion mit Kuhglocke und Tambourin. Zwischendrin machte Brown seine legendären Faxen auf der Bühne, klaute Adrian Askew seine Brille, tauschte mit ihm seinen Hut und zog sich ein paarmal um. Arthur Browns Auftritte sind niemals nur ein normales Konzert. Das ist viel eher eine Performance – ein Schauspiel. Der letzte Song begann mit einem düsteren Intro, in das Brown die berühmten Worte förmlich hineinschrie … „I am the God of Hellfire – and I bring you … Fire“. Sein Megahit aus dem Jahre 1968, der heutzutage auf fast jedem Oldiesampler zu finden ist, der die Sechziger Jahre abdeckt.
Mit orkanartigem Beifall wurde die Band von der Bühne verabschiedet, aber nach nur kurzer Zeit kamen sie zurück, woraufhin den feiernden Zuhören zuerst „Respect yourself“ in die Ohren geblasen wurde, bei dem Maggie wie immer Parts von Kylie Minogue einfließen ließ. „That’s how strong Love is“, bei dem sich Arthur und Maggie die Vocals teilten und „Into the Night“ bildeten den Abschluss mit dem die begeisterten Fans in die Nacht entlassen wurden. Wie sehr die Hamburg Blues Band von der Ulmer Zelt Crew wertgeschätzt wurde, zeigte sich an den Standing Ovations backstage, mit denen die Musiker anschließend vom Team verabschiedet wurden.
In Erinnerung an diesen Abend bleiben wie immer begeisterte Musikfreunde, denen die HBB wahrscheinlich mehr als „nur“ ein Ersatz war, ein fast volles Musikzelt eines sehr feinen Kulturfestivals, eine Kyra, die mir lang von der Herzlichkeit eines God of Hellfires vorschwärmte, und wieder mal ein Auftritt der Hamburg Blues Band, der hinterher sofort wieder Vorfreude auf das nächste Konzert unserer Freunde macht. Wie immer ein genialer Abend.
Setlist:
01 – Rockin‘ Chair
02 – Stony Times
03 – Trouble Man
04 – It ain’t worth it
05 – Language by Injection
06 – Down in the Flood
07 – Get off my Back
08 – It ain’t right
09 – Bubbles
10 – Rattlesnake Shake
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11 – Wishing well
12 – Down in the Hole
13 – As the Years go passing by
14 – Palace of the King
15 – I don’t need no Doctor
16 – A hard Rain’s gonna fall
17 – I put a Spell on you
18 – Don’t let me be misunderstood
19 – Help me
20 – Fire
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21 – Respect yourself
22 – That’s how strong Love is
23 – Into the Night
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