Tja … die Hollywood Vampires. Gegründet Anfang der Siebziger von Vincent Damon Furnier, besser bekannt als Alice Cooper, als Saufclub für seine Kumpanen in Hollywood. Mitglieder damals waren so illustre Kumpels wie Harry Nilsson, Keith Moon; Ringo Starr oder Bernie Taupin. Im Jahr 2015 beschloss der gute alte Alice zusammen mit seinem Kumpel Jack Sparr…äh… Johnny Depp den alten Club wieder aufleben zu lassen. Aber diesmal ohne das Trinken. Die Musik der alten Helden sollte das Motto sein, und so nahmen sie noch im gleichen Jahr eine Platte auf mit Coverversionen und eigenen Songs. Ein Spaßprojekt unter Freunden – mehr nicht. Aber das Interesse der Allgemeinheit war riesig als die ersten Informationen kursierten. Bands aus den USA kommen wegen der hohen logistischen Kosten oftmals nicht nach Europa und so waren Konzerte der Hollywood Vampires hier bisher Mangelware. Lediglich in Hessen spielte die Gruppe 2017 einen einzelnen Gig. Für dieses Jahr waren ganze fünf Shows in good old Germany angesetzt, und das Karteninteresse war erwartungsgemäß riesig. Wir hatten unsere Tickets sofort bei Vorverkaufsstart gesichert und freuten uns auf den Abend. Am ersten Tag des Sommer-Tollwoods 2018 war es dann soweit. Die fünf Konzerttermine waren natürlich längst ausverkauft und abenteuerliche Ticketpreise kursierten im Internet.
Bei Ankunft in der vollen Arena, einem großen 8-Mast-Zelt war die Supportband bereits auf der Stage zugange. The Weight hieß das Quartett, beheimatet im schönen Wien in Österreich. Recht anständiger Rock krachte da aus den Boxen. Erdig, bluesig mit einem Schuss Progressivität klang das, ganz im Stil der alten Helden von Led Zeppelin, den Black Crowes oder den Who. Keine Coverversionen sondern allesamt Eigenkompositionen waren zu hören und das klang richtig gut an. The Weight wurden auch gut gefeiert von der anwesenden Masse. Nach einer guten halben Stunde mussten die vier aber leider die Bühne räumen, denn alle Anwesenden waren natürlich gekommen, um Captain Jack Sparrow zu sehen, der vom Steuerrad seines Schiffes hinter die Gitarre gewechselt hatte. Zusammen mit dem alten Schock-Rocker Alice Cooper und deren beider langjähriger Freund Joe Perry, seines Zeichens Gitarrenschwinger bei Aerosmith bilden die drei den harten Kern der Hollywood Vampires. Zum Umbau der Stage erklang Musik vom Tape. Aber was klang da gleich als erstes aus den Boxen? The Band war’s … mit ihrem Mega-Hit namens … „The Weight“. Nettes Schmankerl für die Kundigen im Zelt.
Pünktlich um 20:00 Uhr erlosch das Licht in der Arena und düstere Klänge kamen als Intro vom Band. „Bela Lugosis‘ dead“ von Bauhaus war zu vernehmen, und schon kurz darauf nahm der Drummer hinter der Schießbude seinen Platz ein. Glen Sobel, seit 2011 etatmäßiger Drummer bei Alice Cooper. Die ersten krachenden Gitarrentöne klangen aus den Speakern und Joe Perry wurde beim Betreten der Stage bereits gefeiert und bejubelt. Mit zwei eigenen Songs begann die Show einer Band, die eigentlich nur des Vergnügens wegen auf den Bühnenbrettern steht. „I want my now“ und „Raise the dead“ wurden bejubelt wie alte Klassiker. Kaum kam Johnny auf die Bühne, fing der Kreischorkan an, wie eine Luftschutzsirene im Zweiten Weltkrieg. Jede Geste der drei Protagonisten wurde lautstark gefeiert. Man merkte den Musikern richtig an, dass sie mächtig Spaß hatten. Johnny Depp wirkte zwar anfangs noch etwas gehemmt hinter seinen sechs Saiten, aber das legte sich im Lauf der Show. Dann ging es zurück in die glorreichen Zeiten der alten Helden. „I got a Line on you“, im Original von der Band Spirit und dem alten Love Klassiker „7 and 7 is“ waren sichtlich zurecht im Programm. Die krachenden Versionen wurden auch dankbar angenommen, ehe mit „My dead drunk Friends“ wieder ein eigener Song von der HV Platte zum Zuge kam. Nebst dem eigenen Material standen ja Songs auf der Setlist, mit denen die Vampires an ihre toten Helden gedenken wollten. Randy California von Spirit und Arthur Lee von Love waren ja auch Musiker von Weltruhm. Einem Teenageridol über Generationen wurde jetzt die Hommage zuteil. Jim Morrison mit seinen Doors war jetzt an der Reihe. „Five to One / Break on through“ sorgte für Begeisterung im Rund. Ebenso wie „The Jack“, mit dem die beiden AC/DC Legenden Bon Scott und Malcolm Young geehrt wurden. Nahtlos übergehend in ein Bassgewitter eines Songs, den mittlerweile jeder kennen dürfte: „Ace of Spades“ von Motörhead wurde gesungen vom Basser Chris Wyse. Leider klang der Fender von Wyse bei weitem nicht so knackig brachial wie Lemmys Rickenbacker. Dem Spaß tat das aber keinen Abbruch. Jetzt kam die Hommage an eines der Gründungsmitglieder der Hollywood Vampires. „Baba O’Riley“ von The Who, bei denen seinerzeit ja bekanntlich Keith Moon die Drumsticks gewirbelt hatte. Im instrumentalen Mittelteil durfte jetzt Drummer Glen Sobel sein Können zeigen. Zu einem Farbengewitter aus bunten Strahlern bekam er Platz für sein Drumsolo. Mittlerweile war Johnny Depp ein wenig warm geworden und wechselte sich mit Joe Perry und Tommy Hendriksen von der Alice Cooper Band an Lead- und Rhythmusgitarre ab. Jeder hatte seinen Platz und ließ den anderen ihre Freiheiten. Johnny ist mittlerweile ein ganz passabler Gitarrist geworden, auch wenn er bei weitem nicht an das Können eines Perry oder Hendriksen rankommt. Aber aufs Können kam’s heute überhaupt nicht darauf an. Hier zählt nur das Vergnügen und der Spaß. Hier war Depp nicht das Aushängeschild, die Ikone im Vordergrund, sondern „nur“ der Gitarrist und das genoss er sichtlich. Immerhin hat es Johnny in jungen Jahren mit seiner ersten Band The Kids zum Support von Iggy Pop und auch den Talking Heads geschafft. Er legte nach und nach ein ums andere seiner Klamotten ab. Mit „As bad as I am“ und „Mr. Boogieman Surprise“ kamen wieder zwei eigene Songs zum Zuge. Letzterer noch relativ neu und nicht auf der Platte drauf. Jetzt durfte der Herr Furnier mal ein eigenes Liedchen trällern. „I’m eighteen“ von Alice Cooper sorgte für Jubelstürme. „Combination“ von Aerosmith gleich drauf war vielen jetzt nicht so bekannt. Die Jubelstürme kamen aber sofort nicht nur zurück, sondern schwollen auf Orkanstärke an, als Johnny Depp jetzt mal ans Mikro durfte und „People who died“ von der Jim Carroll Band zum Besten gab. Der Post-Punk Song stand Captain Sparrow sichtlich gut und er brachte seinen Lead Vocals Einsatz bestens über die Bühne.
Ein langes Intro mit Gitarrenklängen, die von einer Voicebox mit Hilfe eines Luftschlauches modifiziert wurden, ließ so manchen Altrocker aufhorchen. Na logisch – kennt man doch … „Sweet Emotion“, der alte Aerosmith Klassiker donnerte jetzt in einer Vollgasversion aus den Boxen. Einfach klasse diese Frischzellenkur für so manchen alten Hit. Genauso frisch, nämlich wieder relativ neu, war der Track, der jetzt an der Reihe war. „Bushwackers“, ein eigener Hollywood Vampires Song, wurde genauso abgefeiert, wie der Klassiker zuvor. Die Kreischsirenen heulten erneut auf Volllast, als Johnny wieder ans Lead-Mikro durfte und den alten David Bowie Hit „Heroes“ sang. Er kann halt nicht bloß schauspielern … oder über die sieben Meere segeln auf der Suche nach Beute. Der reichhaltige Schatz, der heute eingefahren wurde, bestand aus dem mehr als verdienten Applaus der gut 5.000 Fans in der Arena. Tiny Bradshaw werden jetzt die wenigsten kennen. Dessen Hit „Train kept a-rollin“ von 1951 schon eher. Der wurde in zig Versionen gecovert und eine der bekanntesten Versionen ist die von den Luftschmieden um Joe Perry und Steven Tyler. Mit diesem letzten Song ging die Band von der Bühne und wurde umjubelt wie der aktuelle Papst daheim in Argentinien. Die Pause dauerte aber nicht allzu lange und Alice Cooper kam back on Stage. Gewandet in schwarzer Jacke mit Goldtressen und Zylinder. Schon beim Gitarrenintro ging der Jubelorkan wieder auf Rekordhoch. Alice Coopers Megahit „School’s out“ krachte aus den Boxen, veredelt mit Strophen von „Another Brick in the Wall“.
Der Pink Floyd Klassiker passte aber auch hervorragend zum Riff des Alice Cooper Songs und so entstand ein Bastard-Mix der Extraklasse. Die Bandvorstellung wurde ebenfalls geschickt eingeflochten. Begleitet von „Anarchy in the UK“ von den Sex Pistols, leider nur vom Tape, verließen wir beglückt die Arena.
Sicherlich wirds‘ wieder viele geben, die Johnny Depp mangelndes Können an Vocals und der Gitarre vorwerfen oder meinen, wie kann man einen solchen Klassiker wie „Heroes“ nur von nem Schauspieler verhunzen lassen. Scheiß auf alle Kritiker! Hier geht’s nicht um Profis und Amateure, hier geht’s weder um Können und Professionalität – hier zählen ausnahmslos der Spaß und das Vergnügen, wenn Kumpels zusammen Musik machen. Die volle Arena samt Jubelarien gab diesem Konzept auch recht.
Setlist:
01 – Intro: Bela Lugosi’s dead (Bauhaus)
02 – I want my now (HV)
03 – Raise the dead (HV)
04 – I got a Line on you (Spirit)
05 – 7 and 7 is (Love)
06 – My dead drunk Friends (HV)
07 – Five to One / Break on through (Doors)
08 – The Jack (AC/DC)
09 – Ace of Spades (Motörhead)
10 – Baba O’Riley (The Who)
11 – As bad as i am (HV)
12 – Mr. Boogieman Surprise (HV)
13 – I’m eighteen (Alice Cooper)
14 – Combination (Aerosmith)
15 – People who died (Jim Carroll Band)
16 – Sweet Emotion (Aerosmith)
17 – Bushwackers (HV)
18 – Heroes (David Bowie)
19 – Train kept a-rollin‘ (Tiny Bradshaw)
20 – School’s out/Another Brick in the Wall (Alice Cooper/Pink Floyd)
Lineup:
Alice Cooper – Vox
Johnny Depp – Git / Vox
Joe Perry – Git
Chris Wyse – Bs / Vox
Glen Sobel – Dr
Tommy Hendriksen – Git
Buck Johnson – Key / Git
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