Nadja wurde vor Jahren dafür verurteilt, ihre Mutter getötet zu haben. Wieder in Freiheit versucht sie sich in einem Leben zurecht zu finden, das ihr fremd ist. Doch dann erhält sie einen Anruf, ein Mord ist geschehen und sie will ihrer Freundin helfen, ihn zu vertuschen. Oder ist Nadja die perfekte Täterin?
Romy Hausmann hat mit ihrem Debüt Liebes Kind die Messlatte sehr hoch gelegt. Da ist es kein Wunder, dass sie mit ihrem neuen Buch aus dem Stand Platz 4 der SPIEGEL-Bestsellerliste erreicht. Doch das muss nicht unbedingt heißen, dass das zweite Werk ebenso gelungen ist, nur, dass die Neugier sehr groß war.
Marta schläft ist ähnlich dramatisch geschrieben, mit Ortswechseln und Zeitsprüngen, die der Leser verstehen muss – notfalls durch mehrmaliges Nachlesen. Der Beginn des aktuellen Thrillers ist recht misslungen. Zu viele Schauplätze, zu viele Zeitsprünge, denen man folgen muss. Jetzt, früher, vor zwei Wochen, damals, hier, da, dort. Das mag toll sein, wenn man eine Geschichte konstruiert und auf einen intelligenten Thriller hinarbeitet, aber für den Leser ist das eher ein langweiliges, verwirrendes Vergnügen, durch das er sich durchbeißen muss – und zwar ziemlich lange.
Die Geschichte ist eher ein Drama als ein spannender Thriller. Spannend wird es erst im letzten Drittel, wenn eine überraschende Wende die nächste jagt und die Story endlich Fahrt aufnimmt.
Laut Klappentext geht es um Schuld und Vergeltung, zwei Themen, die nur seitlich gerammt werden, aber nicht tiefgreifend bearbeitet wurden. Die Schuld wird auf zwei Seiten abgehakt, die Vergeltung zieht sich mit viel gutem Willen durch das Buch hindurch, lässt sich aber auch an zwei Punkten ganz genau festmachen und damit abhaken. Wenn man viel Muße hat, kann man Schuld und Vergeltung aus zwei Blickwinkeln heraus betrachtet vorfinden, festgemacht an genau zwei Punkten. Möchte man viel hineininterpretieren, kann man die Frage stellen, ob es eine gute und eine verwerfliche Schuld gibt, eine gute Vergeltung und eine, die auf Rache basiert und damit als schlecht empfunden wird. Aber ist ein Thriller wie dieser wirklich der richtige Ort für solche Interpretationen und ist das die Intension der Autorin? Schließlich postuliert der Klappentext die Frage nach der Freiheit eines Täters. Das Buch stellt sie weder, noch beantwortet es sie.
Marta schläft. Der Leser hat zu Beginn wirklich gute Chancen, es ihr gleich zu tun. Die Geschichte ist so verfasst, dass Hausmann damit ihren eigenen Stil festigt, war doch das Debüt ähnlich aufgebaut. Die Frage nach einem guten oder schlechten Werk lässt sich nicht so einfach beantworten. Man muss sich durchbeißen, für das letzte Drittel lohnt es sich auf jeden Fall, vielleicht sogar für die zweite Hälfte des Buches. Allerdings bleibt Marta schläft weit hinter den Erwartungen zurück.
3/5
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Romy Hausmann – Marta schläft
dtv, 2020
400 Seiten
Taschenbuch: 16,90 €