Live: Gotthard + Magnum – 26.04.2022 -Tonhalle München


The times they are a-changing … Die Zeiten ändern sich. Diesen Songtitel von Bob Dylan kann man getrost mehrfach auf den Konzertabend anwenden. Das verschobene Konzert der Schweizer Rockformation Gotthard war angesagt. Supported wurden die Eidgenossen von niemand Geringerem als den englischen Prog-Rockern Magnum. Waren doch 1992 Gotthard die Vorband von Magnum, so ist das heute andersrum, und waren die letzten beiden Jahre konzerttechnisch gebeutelt von diesem elenden Mist-Virus Covid-19, so ist jetzt endlich wieder Leben in den Konzertlocations. Die Halle war nicht ganz ausverkauft, aber gut 2.000 Fans beider Bands fanden sich in der Tonhalle im Münchner Werksviertel ein, um endlich mal wieder lauten Livegenuss zu erleben.

Los ging’s mit Magnum überpünktlich um kurz vor Acht mit einem kurzen Intro und gleich einem wohlbekannten Kracher. „Days of no Trust“ vom 88er Album Wings of Heaven. Urgestein und Leadsänger Bob Catley fand sofort Zugang zum Münchner Publikum und machte seine gewohnten Späße und Ansagen. Außer Catley war von den alten Jungs nur noch Gitarrist und Mitgründer Tony Clarkin mit an Board. Die Briten feiern heuer das halbe Jahrhundert ihres Bestehens – 50 Jahre Magnum. Am Bass ist seit drei Jahren Dennis Ward zugange, und der ist wahrlich kein Unbekannter. Hatte der doch 1987 die deutsche Metal-Band Pink Cream 69 mitgegründet. Komplettiert wurde das Quintett von Drummer Lee Morris und dem Keyboarder Rick Benton, beide schon seit 2017 in Magnums Diensten.

Der Anfangskracher wurde von den Münchnern stürmisch bejubelt. Die folgenden drei Songs „Lost on the Road to Eternity“, „The Monster roars“ und „The Archway of Tears“ handelten die letzten drei Alben der Briten ab und kamen merklich nicht so ganz an bei den Leuten. Bei den hohen Tönen hatte Bob Catley sichtlich einige Probleme diese genau zu treffen, aber da Dennis Ward in gleicher Tonlage Catley beistand, fiel das den meisten vermutlich gar nicht so deutlich auf. Die Refrains wurden von Ward zu 90 Prozent gesungen und Bob setzte seine Akzente obendrauf. Das passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge, die beiden ergänzen sich super. Das bereits 30 Jahre alte „The Flood“ brachte das Publikum aber schnell wieder in die Spur und als aus den sechs Saiten von Clarkins Gitarre das wohlbekannte Riff zu „All Englands Eyes“ krachte, brachten schon die ersten Töne die Münchner zum Mitsingen und grooven. Bob Catley dirigierte mit seiner altbekannten Gestik hunderte Pommesgabeln und mitklatschende Hände, welche die ganz großen Kracher aus den Achtziger Jahren einleiteten. Ihr Megaseller-Album On a Storytellers Night, mit dem ich 1985 Magnum kennen und lieben gelernt hatte, war seinerzeit der ganz große Wurf der Band. Nicht minder bekannt war der nächste Track. „Vigilante“ vom gleichnamigen Nachfolger aus dem Jahr 86 wurde bejubelt bis geht nicht mehr. Anschließend packte Tony Clarkin die Säge aus und schredderte das Mörderriff vom Titeltrack ihres Erstlings durch die Halle. „Kingdom of Madness“ blies den Anwesenden das Schmalz aus den Gehörgängen. Der stürmische Jubel kannte keine Grenzen. Ruhige, fast mystische Tastenklänge und die weltbekannten Lyrics „There´s a Stormlamp on the Table, throwing Shadows to the Gable. And you swallow if your able, on a Storyteller’s Night” brachte die Halle zum lauten Mitsingen. Mit dem Megahit “Sacred Hour” vom 82er Chase the Dragon Album beschlossen Magnum nach gut einer Stunde ihr Set und wurden vom Münchner Publikum lauthals verabschiedet. Seit über 35 Jahren ist München eine Bank für die Briten. Dem Supportstatus war es geschuldet, dass Megakracher wie „The Spirit“ oder „How far Jerusalem“ leider außen vor bleiben mussten. Hoffen wir, dass die englische Legende bald wieder den Weg in unsere Landeshauptstadt finden möge.

Nach eine guten halben Stunde Umbaupause enterten dann die Eidgenossen zu den krachenden Gitarrensalven aus den Sechssaitern von Gründer Leo Leoni und Freddy Scherer die Stage. Leoni hatte 1990 zusammen mit dem legendären Steve Lee und Bassmonster Marc Lynn die Vorgängerband Krak aus dem Taufbecken gehoben aus der dann Gotthard wurde. Freddy Scherer ist ja auch schon seit 2004 dabei. Sofort wurden die Schweizer gefeiert und mit „Every Time I die“ und „10.000 Faces“ vom neusten Album #13 ging’s auch gleich in die Vollen. Gotthard sind immer wieder für eine Coverversion gut, und eine solch krachende kam als folgender Song. Im Original von Joe South 1968 geschrieben, aber von Deep Purple so richtig bekannt gemacht, fegte jetzt „Hush“ durch die Tonhalle ehe mit „Missteria“ wieder der aktuelle Longplayer beworben wurde. Der originale Shouter Steve Lee fiel 2010 leider einem tragischen unverschuldeten Verkehrsunfall zum Opfer. Seit November 2011 ist der Schweiz-Australier Nic Maeder die Nachfolge am Mikro angetreten. Maeder machte ein paar Ansagen, wie sehr er und die Band es freute, endlich wieder auf Tour und hier in München zu sein, was groß bejubelt wurde. Man merkte in jeder Sekunde, dass die Leute ausgehungert waren nach Livesound. Und der wurde ihnen geboten. Mit “Stay with me”, “Feel what I feel”, “Top of the World”, “The Call”, “What you get” und “Master of Illusion” wurde ein schöner Querschnitt durch fast alle Alben der letzten 20 Jahre dargeboten. Mit “Let it rain”, “One Life, one Soul” und “Sweet little Rock’n’Roller” gings dann zurück ins letzten Jahrhundert, was etwas besser ankam als die neueren Songs. Auffallend war, dass viele Songs von der Stimmung ähnlich gleich klangen. Die Vorband Magnum wurde da teilweise schon mehr bejubelt. Handwerklich konnte man Leoni und Co. nichts vorwerfen. Über 30 Jahre auf den großen Bühnen der Welt zuhause wissen die, wie’s geht. Eigentlich wäre ja fast noch ein weiteres Gründungsmitglied dabei, hätte sich nicht Drummer Hena Habegger seit 2019 eine persönliche Auszeit genommen, um mehr Zeit für seine Kinder und Frau zu haben. Aus diesem Grund trommelt seit 2019 Flavio Mezzodi bei Gotthard und der macht seine Sache sehr ordentlich. Im Zusammenspiel mit Basser Marc Lynn legt er den soliden Grundstock, auf dem sich die beiden Axemänner Leoni und Scherer ihre Duelle liefern können. Mit „Mountain Mama“ ging es ganz weit zurück in die Anfangsjahre, ehe mit „Remember it’s me“ und „Starlight“ wieder die Neuzeit zum Zuge kam. Schlagwerker Mezzodi durfte dann sein Können ganz allein an den Kesseln beweisen, ehe mit „Lift U up“ vom 2005er Album Lipservice den regulären Set abschloss. Den Anfang der Zugaben machte „Heaven“ aus dem Jahre 2000 ehe Gotthard sich mit einem der größten Hits der Schweizer, „Anytime anywhere“, von der Bühne verabschiedete. Lauter Jubel und Zugaberufe lockten Gotthard wieder zurück on Stage und eine erneuten Coverversion, „Quinn the Eskimo“, im Original als „Mighty Quinn“ von Bob Dylan geschrieben, machte dann endgültig den Deckel drauf.

Gut 2.000 Musikfans machten sich anschließend glücklich auf den Nachhauseweg. Wenn man die Jubelarien des Münchner Publikums zu Grunde legen würde, hätten auch Magnum den Headlinerstatus verdient gehabt. Die Stimmung war bei den Engländern jedenfalls zum Großteil besser als bei Gotthard. Der Spirit bei Magnum ist jedenfalls auch nach 50 Jahren noch da.

Setlist – Magnum:
01 – Days of no Trust
02 – Lost on the Road to Eternity
03 – The Monster roars
04 – The Archway of Tears
05 – The Flood (Red Clouds War)
06 – Al England’s Eyes
07 – Vigilante
08 – Kingdom of Madness
09 – On a Storyteller’s Night
10 – Sacred Hour

Setlist – Gotthard:
01 – Every Time I die
02 – 10.000 Faces
03 – Hush
04 – Missteria
05 – Stay with me
06 – Feel what I feel
07 – Top of the World
08 – The Call
09 – What you get
10 – Master of Illusion
11 – Let it rain
12 – One Life, one Soul
13 – Sweet little Rock’n’Roller
14 – Mountain Mama
15 – Remember it’s me
16 – Starlight
17 – Drum Solo
18 – Lift u up
19 – Heaven
20 – Anytime anywhere
21 – Quinn the Eskimo

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