Live: Lieder auf Banz – Klosterwiese Banz – 02.07.2022


Der Anfang dieses Festivals im fränkischen Bad Staffelstein reicht weit zurück ins Jahr 1987, als der ehemalige BR-Moderator Ado Schlier ein zweitägiges Festival ins Leben gerufen hatte. Schwerpunkt sollte die Liedermacherei sein und so fanden seitdem die Songs an einem Sommerabend statt. Bis 2016 zumindest, dann veränderte sich der Schwerpunkt. Es sollte kleiner und intimer werden und an wechselnden Orten stattfinden. Als Nachfolgeprojekt finden am Kloster Banz seit 2017 die Lieder auf Banz statt. Ebenfalls als zweitägiges Festival konzipiert, wo an beiden Tagen das selbe Programm stattfindet. Der Bayerische Rundfunk zeichnet das Ganze auf und die Hanns-Seidel-Stiftung vergibt einen Förderpreis für junge Liedermacher. In meine Gedanken schlich sich das Festival, als ich vor Jahren eines Nachts den gemeinsamen Auftritt von drei Musikern in der TV-Aufzeichnung sah, von denen ich fast alle Platten in meiner Sammlung stehen hab. Konstantin Wecker, Hannes Wader und Reinhard Mey. Seit damals wollte ich irgendwann mal auf Banz und jetzt, nach den zwei verschobenen Jahren, hat’s endlich geklappt.

Der Wetterbericht sagte Traumwetter an und wir trafen am Nachmittag des zweiten Tages am Kloster ein. Missmutig stellten wir fest, dass sich die Parkmöglichkeiten kilometerweit vom Kloster entfernt befanden: Am Straßenrand der einzigen Zufahrtstraße oder in einer Wiese, an der Feuerwehrler etwas missmutig ihren Dienst verrichteten. Also Fußmarsch von einigen Kilometern und das steil bergauf. Das Wort Shuttlebus scheint im tiefsten Franken noch nicht angekommen zu sein. Am Festivalgelände musste man erst einmal rund ums Gelände, um auf die Wiese zu gelangen. Dort war alles komplett entspannt. Die Security nahm ihre Aufgabe so gut wie gar nicht wahr, außer dass den Leuten ihre 1,5 Liter Plastikflaschen rigoros abgenommen wurden. Komischerweise saßen wir später neben Leuten, die einen vollen Picknickkorb mit Glasflaschen auf dem Gelände dabei hatten. Fast die gesamte Wiese war schon belegt, die Stimmung war locker entspannt. Eine Besonderheit an Banz ist, dass allen Künstlern genau gleichviel Zeit für ihren Auftritt zugeteilt wird, und zwar genau 30 Minuten. Höhepunkte für mich waren die Auftritte von Haindling, Chris DeBurgh und Hubert von Goisern.

Die Preisverleihung des Förderpreises fand anscheinend schon am Freitag statt, so dass pünktlich um 18:30 Uhr der Conferencier Bodo Wartke die Bühne betrat und loslegte. Wartke moderierte sehr kurzweilig mit einigen Anekdoten oder kleinen Songs, mit denen er die kurzen Umbaupausen auf eine nette Art überbrückte. Dies macht er auch schon seit 2001. Als erster Programmpunkt stand die fränkische Formation Kellerkommando auf der Bühne. Als Lokalmatadoren wurden sie vom Publikum auch lauthals gefeiert. Mit Trompeten und Tubagebläse war ihr krachender Sound recht ansprechend. Als zweite kam dann eine der Förderpreisträgerinnen auf die Bühne. Alexandra Janzen hieß die junge Dame, welche am Flügel Platz nahm. Ruhige und besinnliche Töne wurden dargeboten, von einem Gitarristen begleitet. die feisten (extra klein geschrieben) standen jetzt auf der Tagesordnung. Eine 2-Mann-Song-Comedy, die ihre 30 Minuten mit netten Songs und lustigen Anekdoten ausfüllten. Als nächster kam wieder einer der Preisträger, ein Bär von einem Mannsbild, auf die Bühne und wir überlegten uns, woher wir den Kerl kennen. Georg Auf Lieder hieß der und stand alleine mit seiner Gitarre hinter dem Mikro. Man braucht kein Brimborium, um eine Message zu verbreiten. Ein Mann, eine Gitarre – das reicht! Nach einer kurzen Recherche von Kyra stellten wir fest, dass wir den Georg bereits 2014 in München live gesehen hatten, als Support der Post-Punk Band The Stranglers. Schon damals hat er überzeugt, obwohl das Publikum seinerzeit nicht auf Liedermacherei gepolt war. Genau so toll und überzeugend war auch der jetzige Auftritt.

Auf den nächsten Act freute ich mich fast am meisten. Der bayrische Weltmusiker und Multiinstrumentalist Hans-Jürgen Buchner mit seiner Gruppe Haindling war dran. Der Schlagzeuger von Haindling, Peter Enderlein, ist seit gut 30 Jahren ein Spezl von mir, und ich hatte ihn noch nie live gesehen mit Haindling. Enderlein ist übrigens der einzige Musiker, der von Anfang an, also seit fast 40 Jahren dabei ist mit dem Buchner. Jetzt standen Profis auf der Bühne, das merkte man sofort bei den ersten Tönen. Das Ausfahren ihrer Teleskop-Alphörner brachte sofort ein Aha-Erlebnis beim Publikum. Buchners Musik kennt man aus zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen und fast alles wurde in einem Medley zusammengefasst gespielt. Lediglich „Du Depp“ wurde von einigen vermisst.

Anschließend fand eine circa 30 minütige Pause auf dem Programm. Als erster Act nach der Unterbrechung war Sarah Straub aus Ulm an der Reihe. Die studierte Psychologin mit Doktortitel stand in den letzten Jahren bereits mit sehr vielen Weltstars auf der gemeinsamen Bühne. James Blunt, Anastacia, The Hooters, Lionel Richie sind nicht gerade die schlechtesten Referenzen. Ein Pianist und ein Gitarrist begleiteten die junge Dame. Dann endlich … Wer kennt nicht Lieder wie „The Getaway“, „Don’t pay the Ferryman“ oder „Lady in Red“? Seit den Siebzigern ist der kleine Poet Chris DeBurgh auf den Bühnen der ganzen Welt zuhause. Seine Platten stehen allesamt in meinem Regal. Heute allerdings kam der irische Singer und Songwriter komplett auf das Wesentliche reduziert auf die Bühne. Ein Mann mit seiner 12-saitigen Gitarre. So wie er seine Lieder komponiert hatte, so wurden sie heute auch dargeboten. Wunderbar in intimer Stimmung stand der kleine Poet allein auf der großen Bühne, und füllte sie mit seinen traumhaften Melodien doch komplett aus. Bei seiner „Lady in Red“ flossen so gut wie alle Mädels auf der Wiese dahin, obwohl auch sehr viele Männer textsicher mitsangen. Der dritte Preisträger war jetzt an der Reihe. Max Prosa hieß der junge Kerl und ehrlich gesagt, hätte ich auf den komplett verzichten können. Ganze zwei Songs und ein Gedicht … und fertig. Das Ganze nicht einmal gut. Eigentlich überflüssig.

Jetzt darf der Herr Moderator auch mal selber etwas länger ran. In unnachahmlich lustiger Weise verwob Bodo Wartke deutsches Liedgut mit einigen Zoten und Anekdoten, so dass das Publikum aus dem Lachen nicht mehr herauskam. Große Klasse Bodo. 2004 kam ein Name in Deutschland auf, der mit dem Song „Das Spiel“ auch sehr schnell die Charts hierzulande stürmte. Annett Louisan hieß die kleine Lady hinter dem Hit. Und eben genau diese kleine Lady stand jetzt auf der Bühne und brachte ihre Songs vor. Begleitet von einem Gitarristen und einem Mann hinter dem Flügel.

Als letzten Künstler sagte Bodo Wartke jetzt den Hubert von Goisern an. Bekannt wurde der Alpenrocker aus dem benachbarten Österreich durch seine Hits „Hiatamadl“ oder „Brenna tuats guad“. Die letzten Jahre aber verlegte Hubert seinen Schwerpunkt weg vom üblichen Alpenrock. Stattdessen fanden weltmusikalische Einflüsse aus seinen Reisen und Expeditionen durch Tibet oder Afrika den Weg in seine Musik. Nachdenklicher ist er geworden. Sehr viele wollten offensichtlich seine Hits hören … mir persönlich war der nachdenkliche von Goisern gar lieber als der Alpenrocker. Viel genug Anschub leistete seine grandiose Band. Unaufgeregt und druckvoll wurden auch leisere Melodien ins lautere Gewand gekleidet. Die Güteklasse der Musiker wurde zum Beispiel auch bestätigt, dass einige Musiker von Haindling mitten im Publikum standen und sich den Auftritt gönnten.

Als letzter Programmpunkt steht bei diesem Festival seit jeher der gemeinsame Auftritt aller beteiligten Künstler als Höhepunkt an. Da wir allerdings noch gut drei Kilometer Fußmarsch zum Auto vor uns hatten, ließen wir diesen außen vor und machten uns auf den Weg. Und der hatte es in sich. Die einzige Zufahrtstraße zum Kloster war als Einbahnstraße angelegt. Die zweite Spur als Parkplatz für die Autos. Und eben auf der einzigen freien Spur der komplett unbeleuchteten Straße fuhren jetzt die abfahrenden Autos zwischen den Fußgängern. Manche im ruhigen Schritttempo, aber so einige hatten es etwas eiliger. Geisteskrank … da sollten die Veranstalter wirklich mal über eine Shuttlebus-Regelung nachdenken, oder zumindest die Straße ausleuchten. Parkwiesen am Fuße des Klosterberges gäb’s mit Sicherheit. Am Festival selbst gibt’s nichts auszusetzen. Die Stimmung war komplett entspannt mit freundlichen Leuten. Essen gab’s reichlich und zu annehmbaren Preisen. Lieder auf Banz waren die Reise wert.

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