Viele Monate währte die Ankündigung auf neues Material von PeroxWhy?Gen. Die amerikanische Band bestehen aus Wrestler Jeff Hardy und Musiker Junior Merrill hatte lange Zeit ihren Fans versprochen, an neuer Musik zu arbeiten. Immer wieder wurden Termine verschoben, doch die Community bliebt relativ gespannt und gelassen. Seit einigen Monaten gab es verstärkte Social Media Aktivitäten, freitagabends folgten schließlich auf Twitter Gesprächsrunden, meist im kleinen Kreis mit Freunden und seltsamerweise wenig Fans. Man hatte erwartet, dass Hardy sich auch einmal blicken lassen und zu Wort melden würde, doch Fehlanzeige. Der hatte genug zu tun mit seiner Entlassung aus der WWE, dem Neustart bei der AEW und zuletzt unrühmlichen News über Alkohol am Steuer und einer nicht ganz freiwilligen Auszeit von seinem neuen Arbeitgeber. Während es um ihn still wurde, machte Junior die ganze Arbeit und brachte das neue Baby auf den Weg. Merch in Form von Shirts wurden angepriesen, es gab Soundschnipsel, die Veröffentlichung des Covers, natürlich wieder aus der Feder von Hardy, und schließlich den Release. Der war dann so etwas wie eine Überraschung – oder auch eine Enttäuschung. Denn was die beiden auf die Downloadkanäle schmissen, war weder das Album, das alle erwartet hatten und nun auf ein unbekanntes Später verschoben wurde, noch eine EP, sondern eine Single, zwei Songs, A-Seite, B-Seite, fertig. Immerhin haben die beiden eine Überraschung im Gepäck, denn der Sound hat sich geändert.
„Every Other Year“ beginnt mit Trommeln, man hört sofort den anderen Stil im Vergleich zu den Alben und EPs, die man davor von PeroxWhy?Gen kannte. Etwas schneller, abwechslungsreicher, weniger verspielt, was sehr positiv ist, dafür auch eher zu den 1990ern passend. Hardy klingt entfernt, der Gesang nicht ganz abgerundet, er wirkt sehr angestrengt. Das Thema ist dafür recht ähnlich. „Every other year I shed my fear, every single day I’m blessed to be here“, das sind alte Parolen, die im typischen Hardy-Stil rausgehauen werden und man fragt sich zuweilen: Kannst Du nicht über anderes singen oder es zumindest ein bisschen anders verpacken? Wird es langweilig? Scheinbar nicht. Die Fans sind – das liegt in der Natur der meisten Fans – begeistert und feiern größtenteils den Song. Klar, er geht ins Ohr, der Text ist einfach, man singt schnell mit. Klar ist aber auch, dass sich hierdurch die eine oder der andere abgeholt und verstanden fühlen, das muss man auch erstmal schaffen. Außerdem fühlt man sich dem gebeutelten Hardy dann ein bisschen nahe. Das Lied endet abrupt. Man weiß noch gar nicht so recht, was man davon halten und damit anfangen soll. Bei zwei Songs ist das auch nicht so einfach.
„Atmosphere I Fear“ beginnt mit Gitarrensound, der auf eine gute Rocknummer schließen lässt, einem schnellen Rhythmus, der dem singenden Hardy einiges abgewinnt. Es klingt wie aufgenommen im Studio zu Hause, was es wohl auch ist. Ein bisschen weniger Autotune als früher. Die Musik erinnert ein bisschen an Ende der 1990er, Anfang der 2000er Jahre, warum auch immer, ich muss sofort an die damals beliebte Teenieserie Dawson’s Creek denken und all die Filme über Teenies und junge Liebe, die damals von der Jugend verschlungen wurden. Der Song hätte perfekt in die Zeit gepasst. 2022 ist er ungewöhnlich, zieht aber mit. Wenn man mitsingt, kommt man schnell außer Atem, weil das Gesangstempo nicht ohne ist. Hardy singt etwas gepresst, angestrengt. Trotzdem recht kurzweilig.
Noch kurz ein Satz zum Artwork. Alte Elemente wie das stilisierte P und G sind beibehalten, es fehlt aber der typische Hardyismus, die Gesichter, die harten gezeichneten Kanten. Dieses Mal wirkt es wie schlicht am PC entworfen, nachgemacht und doch weit vorbei. Ein Tempel, eine Pyramide vor anderen, die wie von Aliens aus dem All mit Lichtstrahlen beworfen werden, irgendwo ein Planet. Das bringt natürlich ein bisschen die Verbindung zu anderen Alben.
PeroxWhy?Gen lässt eine dieses Mal etwas fragend zurück. Sie erfinden sich neu, aber mit nur zwei Songs schließen sie diese Entwicklung nicht ab und geben nur grob eine Richtung vor. Ein bisschen fragt man sich, wie viel Hardy steckt hier noch drinnen und wie viel ist Merrill und vor allem: Wann kommt das versprochene Album und warum schiebt man erst diese Single auf den Markt? Es wirkt alles nicht ganz rund, auch wenn „Every Other Year“ durchaus eine Verbindung zu früherer Musik darstellt. Trotzdem bräuchte man mehr. Manches wirkt gehetzt, als wolle man die Fans bei Laune halten, weil eben doch ein paar zu viel gemeckert haben, dass nichts Neues kommt. Lernt man PeroxWhy?Gen mit den Omega Sessions kennen, wird man überrascht sein, was früher war und das vielleicht gar nicht mögen. Es ist launiger, hat mehr Chancen darauf, gespielt zu werden, ist noch entfernt von Radio und Bühnen, bewegt sich aber langsam darauf zu. Man entdeckt das Potential, das hier drin steckt und ist bereit, der Gruppe eine Chance zu geben – solange man nicht wieder zwei, drei, vier Jahre auf Neues warten muss, denn dann sind sie vergessen. Etwas Neues muss her, am besten ein Album und das innerhalb von sechs Monaten – höchstens.
3,5 / 5
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PeroxWhy?Gen – The Omega Sessions
Independent, 2022
Tracklist:
Every Other Year
Atmosphere I Fear
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