Der junge Bruce Springsteen, von zu Hause aus mit Country im Stile von Roy Rogers und Gene Autry aufgewachsen, verdiente sich seine ersten Sporen in seinen frühen Bands Castiles, Earth oder Child, sowie einer Hardrock Formation mit den Namen Steel Mill. Ein paar Singles wurden aufgenommen und gepresst, aber so richtig zufrieden war der junge Springsteen noch nicht mit seiner musikalischen Laufbahn. Ab Januar 1971 spielte Bruce immer wieder in verschiedenen Jam Sessions, aus denen sich die Band Dr. Zoom and the Sonic Boom entwickelte. Damals schon mit dabei waren einige seiner späteren Mitstreiter wie Gary Tallent, David Sancious, Danny Federici, Vini Lopez oder Steven Van Zandt. Die Sundance Blues Band war ein Übergangsprojekt, ehe Bruce im Sommer ’71 seine eigene Formation, die Bruce Springsteen Band gründete, mit der er seine eigenen musikalischen Vorstellungen bestens umsetzen konnte. Der Talentscout John Henry Hammond III wurde irgendwann auf Springsteen aufmerksam und nahm den jungen Kerl für die Plattenfirma Columbia Records unter Vertrag. Eigentlich war geplant ein Folkalbum aufzunehmen, aber Bruce brachte seine Band mit in die 914 Sound Studios in Blanvelt im Rockland County im Staate New York. Ab Oktober 1972 arbeitete Bruce an den Stücken seines ersten Albums. Als Produzenten waren Mike Appel und Jim Cretecos mit an Bord, an den Reglern des Mischpults saß Luis Lahav. Am 5. Januar 1973 erblickte dann endlich das Debutalbum Greetings from Asbury Park N.J. das Licht der Welt.
Los geht’s mit „Blinded by the Light“, bei dem das Intro fast im Stil der Allman Brothers runtergefetzt wird. Gitarre und Saxophon bestimmen Rhythmus und Melodie, obenauf thront Bruce Springsteens Stimme in prägnanter Weise. Textlich erzählt uns Bruce von einem Girlie, welches „geblendet vom Licht, aufgeleiert wie ein Teufel und nur ein weiterer Flitzer in der Nacht“ war. Probleme und Erlebnisse eines jungen Kerls auf der Suche nach dem Sinn des Lebens.
Ein paar perlende Pianoakkorde aus den Tasten von David Sancious leiten „Growin‘ up“ ein. Bruce’s Stimme steht im Vordergrund und es baut sich eine mittelschnelle Nummer auf, beherrscht von der Akustikgitarre und den genialen Bassläufen von Gary Tallent. Nach gut zwei Dritteln ertönt ein fetzig gespieltes Piano-Solo. Der Song besticht durch sein Auf und Ab aus ruhigen Piano-Parts und dem schneller gespielten Gitarrenteil.
Glasklare akustische Gitarrenakkorde bilden den Einstieg in das verschleppte „Mary Queen of Arkansas“. Springsteen singt ganz im Stile eines Bob Dylan, schleppend, fast schmerzerfüllt, nur begleitet von der Akustischen und einer darüber gelegten Mundharmonika, die ab und zu an das Lied vom Tod aus dem wohlbekannten Film erinnert.
„Does this Bus stop at 82nd Street?“ fragt Bruce im gleichnamigen Song, der im zeitlosen mittelschnellen Americana Stil dahin treibt.
Elegisch ruhig wird’s im folgendem „Lost in the Flood“ und wieder kommt der schmerzerfüllte Touch im Gesang zum Vorschein. Basierend hauptsächlich auf Pianoakkorden fällt einem das sehr im Vordergrund stehende Schlagzeug auf, welches von Vincent „Loper“ Lopez gespielt wird. Je weiter der Song voranschreitet, erklingen pfeifende Töne, eventuell aus einem Mellotron, und eine Orgel, die fast sakrale Klänge von sich gibt.
Fast Endzeitstimmung meint man beim Intro zu „The Angel“ zu spüren. Einzelne Pianotöne mit der elegischen Stimme von Bruce. Die einzelnen Töne werden zu Akkorden und jetzt kommt auch mal der Big Man zum Vorschein. Tiefe schleppende Töne aus dem Saxophon von Clarence Clemons, den man bisher eigentlich fast gar nicht wahrgenommen hatte.
Im schönen Mid-Tempo beginnt „For you“ und trabt dahin. Ein schöner Song zum Cabrio fahren, Arm aus dem Fenster hängend und über eine Küstenstraße am Meer entlang.
Den Big Man kann man dann wieder Anfang des folgenden Songs vernehmen. „Spirit in the Night“ – ein dahin swingender Song, der unweigerlich zum Mitwippen veranlasst und einem ein Grinsen ins Gesicht zaubert. Fingerschnippen ist angesagt. Clemons‚ Variationen bilden ein schönes Bindeglied zwischen den Pianoklängen und der Gitarre.
Akustische Akkorde und ein perlendes Piano bilden den langsamen Einstieg und dann nimmt der Track an Fahrt auf. „It’s hard to be a Saint in the City“ singt der Boss und man kann es ihm nachfühlen, wie es ihm wohl zu Anfang der 70er Jahre als 23jähriger ergangen sein mag. Wehe, wenn sie los gelassen…..
Wer Greetings from Asbury Park N.J. das erste Mal hört, der wird verwundert feststellen, dass er den einen oder anderen Song doch schon mal in einer anderen Version gehört hat. Verkaufstechnisch ist die Platte seinerzeit ziemlich durchgefallen. Bei den Kritikern dagegen wurde sie sehr hoch eingeschätzt und auch die werten Kollegen merkten sofort, welche Qualität da aus der Feder des Herrn Springsteen floss. Der südafrikanische Tausendsassa Manfred Mann mit seiner Earth Band hat bereits Mitte der 70er zwei Songs daraus gecovert, welche im Gegensatz zum Boss auch zu Hits wurden. „Spirits in the Night“ auf dem 75er Album Nightingales & Bombers und „Blinded by the Light“ auf The roaring Silence von 1976. Diese Version von der Manfred Mann’s Earth Band bescherte dem Boss den einzigen Nummer 1 Single Hit in den USA. Und was zwei Mal gut geklappt hat, kann man auch noch ein drittes Mal machen. Auf dem 80er Album Chance ist „For you“ zu finden, welches wiederum zum Hit wurde. Auch David Bowie bediente sich am hervorragenden Songmaterial von der Greetings und coverte ebenfalls drei Songs daraus. „Growin‘ up“ und „It’s hard to be a Saint in the City“ brachte er solo unters Volk, und mit den Astronettes verwurstelte er „Blinded by the Light“.
Lange Jahre war Greetings from Asbury Park N.J. ein ziemlich unterbewertetes Album vom Boss. Von der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen, erblühte es erst nach gut 20 Jahren so richtig und erhielt seinen Status als hervorragendes Debut-Album von Bruce Springsteen.
Greetings from Asbury Park N.J.
A1 – Blinded by the Light
A2 – Growin‘ up
A3 – Mary Queen of Arkansas
A4 – Does this Bus stop at 82nd Street?
A5 – Lost in the Flood
B1 – The Angel
B2 – For you
B3 – Spirit in the Night
B4 – It’s hard to be a Saint in the City
Bruce Springsteen – Vocals, Guitars, Congas, Harmonica
Clarence Clemons – Saxophon
Gary Tallent – Bass
Vincent „Loper“ Lopez – Drums
David Sancious – Piano, Organ
Harold Wheeler – Piano A1 + B3