Nach dem Erfolg des absoluten Überwerks und Bestselleralbums Untitled / IV aus dem Jahre 1971, welches von Hits übersät war, war es nun für die Londoner Giganten an der Zeit, an diesen Erfolg anzuknüpfen. Obwohl die Scheibe erst 1973 veröffentlicht wurde, haben Led Zeppelin schon 1971 direkt im Anschluss an die IV den Aufnahmeprozess begonnen und waren bereits im Sommer ’72 fertig mit Houses of the Holy.
Zu diesem Zeitpunkt hatten sowohl die Riff-Maschine Jimmy Page als auch der musikalische Tausendsassa John Paul Jones eigene Heimstudios eingerichtet, wodurch sie mit fast fertigen Arrangements im Studio auftauchen konnten, wobei es Mobile Studio besser trifft. Houses of the Holy wurde wie bereits große Teile von III und IV im Mobile Studio der Rolling Stones aufgenommen. Zum Teil auf Mick Jaggers Landsitz Stargroves, wo auch die Stones aufnahmen, und in Headley Grange, einem weiteren Haus, welches Led Zeppelin schon vorher zum Schreiben, Musizieren und Aufnehmen verwendeten. Wie gewohnt ist Jimmy Page der Produzent des Albums, auch wenn als Executive Producer ihr damaliger Manager Peter Grant gehandelt wird. An den Reglern sitzen auch keine Unbekannten. Eddie Kramer, der schon alle Jimi Hendrix Veröffentlichungen gemixt hat, sowie Keith Harwood und George Chkiantz. Mit zwei Monaten Verspätung, die mit Verzögerungen in der Herstellung des aufwändigen Covers des Designstudios Hipgnosis zusammenhing, das auf einem Foto der Basaltfelsen Giant’s Causeway in Nord Irland basiert, erblickte am 28.03.1973 das erste Album von Led Zeppelin, das einen Titel erhielt, das Licht der Welt. Es sollte das letzte Album auf Atlantic Records sein, da sie mit Swan Song ihr eigenes Label gründeten.
Den Start macht das fanfarenartige Gitarrenintro von „The Song remains the same“. Es gibt von Sekunde eins an mächtig was auf die Ohren. John Bonham zerlegt typisch für ihn gewaltvoll die Drumfelle. John Paul Jones unterlegt subtil und angenehm das brachiale Spiel von Herrn Page. Mit dem Einstieg von Robert Plants Gesangsteil nimmt das Tempo ab, und die Nummer wird grooviger, verfällt in der Folge aber wieder dem selben Muster und wechselt sich immer wieder mit dem schnellen verspielten Abschnitt ab. Besonders die tiefen Noten in den Riffs geben dem ohnehin schon recht abwechslungsreichen Eröffnungsstück eine mitreißende Dynamik.
Es wird deutlich ruhiger in Stück Nummer zwei, das den längsten Track des Albums darstellt. Aufgrund von George Harrisons Kritik, Led Zeppelin schrieben leider keine Balladen, taten sie genau das. Eine ruhige schöne Akustikgitarre, die sich notentechnisch an „Something“ von den Beatles orientiert, wird im durch ein von Jones am Mellotron erzeugtes Orchester gestützt und saugt den Hörer in eine verträumte Welt, die Plants zu Beginn ruhige Stimme passend untermalt. Die Drums setzen wie schon bei „Stairway to Heaven“ erst recht spät ein, wodurch der Song ein wenig mehr Fahrt aufnimmt. „The Rain Song“ wirkt durch das Arrangement sehr komplett. Hier sind es wieder die kleinen Fills, sowohl von Schlagzeug als auch E-Gitarre, die das Ganze abrunden.
Wir bleiben bei der Akustikgitarre und einem meiner absoluten Lieblingsriffs auf diesem Instrument. „Over the Hills and far away“ ist ein vielseitiges Stück, da in der Mitte zur elektrischen Gitarre gewechselt wird und der verspielte folkige Start sukzessive in feinsten Rock übergeht. Lyrisch bezieht sich Robert Plant auf das Leben auf Tour, woher auch der Titel fußt.
Seite eins endet mit einem jamartigen Funkstück mit improvisiert wirkenden Gesang. Es ist das erste Stück, das nicht lediglich aus den Federn Pages und Plants stammt. Sowohl Bonham als auch Jones haben writing credits für „The Crunge“.
Seite zwei wird sehr groovy begonnen mit „Dancing Days“. Die Musik passt zum Titel. Anders als „The Crunge“ ist es definitiv tanzbar und macht gute Laune und Lust auf mehr.
Dann mal was ganz was anderes. Auf „D’yer Mak’er“ machen die Jungs aufs John Bonhams Idee hin Reggae. Der Titel heißt, wenn er richtig ausgesprochen wird, Jamaica (D’yaMaik’a), ist aber auch Slang für die Frage, ob man mit einer Frau geschlafen hat – Did you make her? Auch wenn John Paul Jones den Song seinerzeit als Scherz abtat, gibt der Erfolg der Nummer recht und sie wurde als Single ein Top-20-Track in den Vereinigten Staaten. Das dominante Schlagzeug trommelt den Hörer durch den Song. Plants Stimme passt extrem gut zu „Dyer Maker“, genau so wie das ausgeklügelte Gitarrenspiel von Jimmy Page. Und um auf Jonesys Statement einzugehen – ein verdammt guter Scherz.
Vielseitigkeit ist der rote Faden, der sich durch das Album zieht. „No Quarter“ ist wohl der Song aus dem Repertoire von John Paul Jones. Psychedelisch verträumt und von spaceigen Synthesizer Sounds getragen, wird für das Stück das Thema gelegt. Gehoben wird die düstere Stimmung von Pages Riff mit ordentlich Fuzz-Effekt, um dann wieder zurückzukehren zur Ruhe, respektive den leisen Tastentönen. Die Schlagzeugeinsätze verstärken „No Quarter“s Wirkung und tragen das Stück noch eine Sphäre weiter.
Zum Abschluss hebt der Zeppelin nochmal in klassische Gefilde ab. „The Ocean“ funktioniert nach dem altbewährten Rezept. Ein direkt ins Ohr gehendes Riff von Page. Es ist einfach der Wahnsinn, mit welcher grandiosen Begabung Jimmy Page Gitarrenriffs aus den Ärmeln schüttelt. Aber zurück zum Rest der Band. Die extraordinären Drums Bonzos lassen ein letztes Mal die Lautsprechermembranen flattern und donnern durch die Gehörgänge der Hörer. Dazu gibt Robert nochmal stimmlich Gas und geht in sein klassisches hohes Register.
Typisch für Led Zeppelin waren die Kritiker auch 1973 nur mäßig begeistert von dem Werk und tadelten insbesondere die Funk und Reggae Experimente. Dabei ist gerade diese Experimentierfreudigkeit das, was das Album so besonders macht. Die Platte ist vielseitig und bleibt trotzdem klar ein Led Zeppelin Album. Sie blieben ihrer Linie mit Houses of the holy treu, aber erweiterten ihren Sound noch mehr, wodurch dieses Album den Übergang zwischen den unbetitelten ersten vier Klassikern zu den Spätwerken der damals (wie vielleicht auch noch heute) größten Band der Welt bildet. Heutzutage wird es glücklicherweise von Experten mit dem nötigen Respekt betrachtet. Ein Album, welches vielleicht nicht so viele auf ihren Zetteln haben, aber definitiv auf eben diese gehört. Sozusagen „A must have for every serious collector“.
Led Zeppelin – Houses of the Holy
A1 – The Song remains the same
A2 – The Rain Song
A3 – Over The Hills and far away
A4 – The Crunge
B1 – Dancing Days
B2 – D’yer Mak’er
B3 – No Quarter
B4 – The Ocean
Robert Plant – Vocals
Jimmy Page – Guitars
John Paul Jones – Bass, Keyboards, Mellotron
John „Bonzo“ Bonham – Drums
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