>>> click here for English version <<<
Espiritu hält, was es verspricht. 2023 soll sich einiges ändern, um eine noch festere Größe zu werden – nicht nur in Puerto Rico. Denn längst streckt EPW seine Fühler nach Wrestlingtalenten aus, die noch nie oder schon längere Zeit nicht mehr in Puerto Rico gekämpft haben. Das wissen auch immer mehr Fanatiker zu schätzen und reißen nicht nur dem Dojo die Tickets aus der Hand, sondern verfolgen die Events auch online – außerhalb des Landes. Dieser Event hatte es in sich, denn wir sollten erneut einen Kampf Skorpion gegen Drachen sehen, also Mike Mendoza gegen seinen Schüler und EPW Champion Androide787 – neben Ruhm, Ehre und dem Titel, standen auch Haare auf dem Spiel und damit auch ein bisschen die Schande des Verlierers. Aber von Anfang an.
Den machten ganz andere. Beim Copa Espiritu, der zum ersten Mal ausgetragen wurde, standen sich jeweils vier Kämpfer gegenüber. Auf der einen Seite: JC Navarro, Nathalya Perez, Terror Nocturno und Mad Crowley. Die fühlten sich von vorneherein als Sieger, aber ob sie als solche auch den Ring verlassen würden, war fraglich. Ihnen gegenüber in der Ecke standen Edrax, Sabat, Xavier Millet und Nahir Robles. Und ich muss schon wieder meckern. EPW haben nun ihre Videomitschnitte etwas verändert. Dieses Mal gibt es immerhin wieder einen englischsprachigen Kommentator und die Namen der Kontrahenten werden eingeblendet, so dass man weiß, wer da wirklich zum Ring geht, auch wenn es anders auf der Ankündigung stand. Aber es werden vorab bereits Highlights aus dem Match gezeigt und das sind teilweise atemberaubende Momente, die die Spannung nehmen. Oder etwa doch nicht? Warten wir mal ab, wie spannend das Match jetzt wirklich wird – kleiner Spoiler: Es lohnt sich! Sabat und JC Navarro stehen zuerst im Viereck. Man muss vielleicht noch dazu sagen, dass es sich hierbei um ein Elimination Match handelt, es müssen alle aus dem gegnerischen Team besiegt worden sein. Machbar, oder? Aber bestimmt nicht einfach. Da sind schon gewisse Erwartungen, die die Kämpfer auch an sich selbst haben. Der erste Pinnversuch von Navarro geht daneben, dann machen eben Edrax und Mad Crowley weiter. Die beiden wollen sich so viel Kraft nehmen, wie nur möglich. Irgendwie ist das Publikum sehr still, was ich insofern nachvollziehen kann, als dass auch ich sehr gebannt vor dem Bildschirm sitze und nur hin und wieder mal aufschreie und anfeuere. Die Pinversuche lohnen nicht mal, dass Referee Many auf die Knie geht. Wechsel. Terror Nocturno gegen Xavier Millet. Gegen den scheint der Maskierte vorerst nichts entgegensetzen zu können und rollt auch sehr schnell angeschlagen aus dem Ring. Abklatsch, die Frauen stürmen den Ring und der Sprechgesang geht los. „Nahir, Nahir“ wird gerufen und dazu geklatscht. Man mag Perez, aber gegen „Miss Hola, Hola“ kommt niemand an. Sie ist beliebt und das liegt nicht zuletzt an ihrer liebevollen, natürlichen Art. Aber Nathalya Perez ist eine Maschine und die Queen des Dojos, seit Yaide nicht mehr da ist – oder zumindest nur als Zuschauerin anwesend ist -, also zeigt sie das auch und nimmt es schließlich auch mit den männlichen Gegnern auf, springt vom obersten Seil auf alle vier außerhalb des Rings. Mit wem geht es weiter? Edrax, entscheidet Perez und schmeißt ihn in den Ring, direkt in die Arme von Navarro. In Windeseile stürmen alle acht Wrestler in den Ring und bauen eine mega Suplex-Kette. Das Navarro-Team kann den Suplex schließlich gegen das Edrax-Team anbringen. Was haben wir denn da gerade gesehen? Das ist eine ganz großartige Aktion! Angeschlagen ist danach aber irgendwie erstmal jeder. Edrax und Navarro wollen dann im Ring die Sache beenden, Edrax gewinnt erst die Überhand und wird dann via Crossbody von Nocturno zu Fall gebracht. Robles will sich rächen und schafft es, Nocturno zu pinnen und damit zu eliminieren. Das passt Perez nicht, die nun ihrerseits Robles pinnt, der das gar nicht schmeckt und die Nathalya noch mal ordentlich eine mitgibt, um sie zu schwächen und sich selbst zu rächen. Während also Nathalya Perez angeschlagen in der Ringecke liegt, geht es mit Sabat und JC Navarro weiter. Die beiden schnell aufeinanderfolgenden Pins haben dafür gesorgt, dass das Match Fahrt aufnimmt. Nach einem Splash vom obersten Seil, kann Mad Crowley Sabat rausschmeißen. Edrax macht weiter und rächt seinen Teammate. Der hat natürlich auch einen gewissen Ehrgeiz, hatte er doch erst den Copa Salvador Perez Vikingo gewonnen. Perez hat aber ähnliche Ziele und steigt voll ein, muss sich schließlich aber Edrax geschlagen geben. Der lässt sich feiern und diskutiert erstmal mit dem Publikum. Nun steht es zwei gegen einen, das ist vielleicht nicht fair, aber so ist das nun mal. Millet rollt Navarro in den Ring, das muss ja mal vorbei sein hier. Edrax versucht sofort den Pin, aber scheitert, was er nicht ganz einsehen möchte, egal, denkt sich Navarro und schmeißt nun Edrax raus. Oder war es nur zwei? Es folgt ein kleines Chaos und man versteht nicht sofort, worum es geht, aber dann ist es endgültig, Edrax raus, einer gegen einen, Millet gegen Navarro. Jetzt sehen wir schnelle Moves, als hätten die beiden nur darauf gewartet, sich endlich alleine gegenüberzustehen. Dass Navarro mit seinem Fuß das Seil berührt, verhindert einen Pin. Am Ende gewinnt Navarro, ohne Tequila, sichtlich erschöpft und es scheint auch nicht, als sei hier das letzte Wort zwischen den beiden Kontrahenten gesprochen – und tatsächlich hat der Gewinner noch was zu sagen. Neben dem Dank an die Fans und EPW, hat er auch positive Worte für seinen Gegner, über den er sagt, er sei der große Mann in diesem Dojo und natürlich möchte er im März gegen eben jenen antreten. Während der Kommentator mitten im Wort abbricht, hau ich es mal raus: Schwanzvergleich im Ring, Motherfucker! „Arriba, Cabrones!“
Next. Es ist ja bekannt, dass Eros und Hijo del Enigma nicht die besten Freunde sind. Die beiden hatten sich schon ganz schön angefeindet und im Ring einiges angetan, nun soll noch einmal ausgetragen werden, was zwischen ihnen ist – und am besten für immer geklärt. Schließlich heißt das Motto des Abends nicht umsonst: Verbündete und Feinde. Dass die beiden eher letzteres sind, zeigt sich schon, als Hijo del Enigma gerade aus dem Backstagebereich tritt. Er kann sich gar nicht feiern lassen, sondern wird hinterrücks mit einem Stuhl vom Gegner attackiert. Ein kleines bisschen würde man ja auf die Hilfe von Nathalya Perez oder El Gentil hoffen, aber letzterer hat an diesem Abend Ringfrei. Es geht weiter mit dem Stuhl gegen den am Boden Liegenden. Referee Jordy greift ein, doch eher chancenlos, denn Eros droht ihm. Dann zerrt er einen angeschlagenen Enigma zum Ring, schmettert ihn an den berühmten Stützpfeiler – der im Übrigen der absolut standfestete und stärkste Schüler des Dojos ist und den ich jetzt auf den Namen Victor taufe. Im Übrigen denke ich auch, dass Victor schon längt einen EPW Titel um die schlanke Hüfte trägt. Genug gescherzt, denn das Match ist noch gar nicht losgegangen und wir erleben schon ein hartes Aufeinandertreffen. Jordy gibt sich alle Mühe, Eros klarzumachen, dass er doch bitte, bitte erstmal mit seinem Gegenüber zusammen in den Ring steigen und das Match offiziell beginnen lassen soll. Eros ist das egal. Es gibt ja auch keine Regeln alles ist erlaubt in diesem Match, das hätte man vielleicht vorher sagen müssen, aber da war ja gleich der harte Angriff. Nun sind beide doch im Ring, Eros geht fast auf Jordy los, der erstmal prüfen muss, wie es um Enigma steht und ob dieser noch fähig ist, zu kämpfen. Das Match beginnt offiziell. Enigma wirkt wie ein Spielball für Eros, der immer wieder auf Jordy losgeht, der auf die ein oder andere Regel dann doch pochen muss. Pinversuch, Enigma reißt die Schulter hoch. Wir haben jetzt schon ein klasse Match, dabei hat es vor wenigen Sekunden erst offiziell begonnen und man muss auch sagen: Solche Hardcoregeschichten ohne Disqualifikation sind schon sehr beliebt – ein bisschen möchte man Blut sehen, Stacheldraht, Stühle, Kendosticks, ach und so viel mehr. Allerdings wird man einige Utensilien wohl aus Sicherheitsgründen gegenüber dem Publikum, das ja nun doch direkt am Ring sitzt, niemals im Dojo sehen – für die Kämpfer auch besser, ja, ja. Aber darum geht es ja nicht, sondern darum, ob Enigma hier nochmal punkten kann. Er versucht es, muss sich aber schnell wieder geschlagen geben. Wieder schafft Eros den Pin nur bis zwei, zeigt Jordy den gestreckten Mittelfinger, der sich beim nächsten Pin einfach mal rächt. Respektiere mich, dann respektiere ich Dich, scheint er sagen zu wollen. Der nächste Pinversuch schlägt fehl. Man sieht von Enigma nicht mehr, als das Verhindern des vorzeitigen Aus. Doch dann bäumt er sich auf und kratzt seine Kraft zusammen. Aber auch das währt nur kurz. Geht der Plan von Eros etwa auf, seinen Gegner schon vor Matchbeginn so sehr zu schwächen, dass er schließlich leichtes Spiel hat? Eine Zeitlang zumindest, dann ist die Wut in Enigma endgültig geweckt. Man kann wirklich nicht sagen, wer das Ding gewinnen wird. Vermutlich könnte es bis zur absoluten Erschöpfung der beiden weitergehen. Eros schmeißt Enigma aus dem Ring, der kriecht ein wenig davon, es sieht nach einem Piledriver aus. Man muss sagen, dass hier keine Matte mehr ist, sondern nur harter Boden und Enigma scheint auch durch zu sein. Ob er sich davon nochmal erholt an diesem Abend, ist fraglich. Eros versucht aber gar keinen Pin, sondern will einfach nur noch weiter seine Wut im Ring auslassen. Er steigt auf das oberste Seil, da springt Enigma auf, stößt ihn etwas unsanft für die Eier runter. Suplex, Piledriver nun von Enigma, der auch gleich dem Drama ein Ende setzen will, doch Eros bringt den Fuß ans Seil. Enigma geht nun auf Jordy los und diskutiert, das nutzt Eros und stürmt auf Enigma los, will ihn pinnen, indem er seine eigenen Beine auf das mittlere Seil legt. Das ist normalerweise ein Grund für eine astreine Disqualifikation. Jordy greift ein, wird erneut in die Ecke gedrängt – naja, man wartet eben drauf, dass es da an diesem Abend auch noch zu Handgreiflichkeiten kommt. Enigma versucht das gleiche, Jordy zählt in Rekordzeit drei Sekunden ab, Enigma flüchtet aus dem Ring, die Glocke ertönt, der Sieger ist gekürt. Eros kann es nicht fassen, muss sich aber geschlagen geben. Hier wird das letzte Wort noch lange nicht gesprochen sein.
Es folgt ein Teil der Anexion, derjenige, der das puertoricanische Wrestling repräsentiert, Mark Davidson. Endlich ist er mal wieder bei EPW, darauf hat man warten müssen. Sein Gegner ist Adam Riggs und das verspricht ein kraftvolles Match zu werden. Davidson spielt mit seinem Gegner und hat das Publikum ganz klar hinter sich. Riggs hat es ohnehin nicht mehr leicht, nachdem er sich auf die Seite Portillos und gegen Mendoza gestellt hatte im vergangenen Jahr. Aber das ist eine andere Geschichte. Davidson macht das, was er immer macht. Tolle Sprünge, schnelle Abfolgen der Moves, kraftvolle Aktionen. Der Kerl scheint nur noch aus Muskeln zu bestehen und hat hart dafür trainiert. Riggs allerdings ist voller Wut und macht nun außerhalb des Rings Bekanntschaft mit Stützpfeiler Victor. Aber das hält ihn ja nicht auf. Ein paar Schläge, dann kracht er erneut und dieses Mal mit dem Kopf gegen Victor. Nicht mit mir, denkt er sich, schnappt sich eine Flasche Wasser, nimmt einen Schluck und spuckt seinen Gegner an, der daraufhin zu Boden geht. Es ist eine typische Aktion für Riggs, so etwas wie sein Markenzeichen. Davidson geht auf Riggs los, dann verteilen sich wieder die Kräfte. Ein bisschen ist man erstaunt, hätte man Mark Davidson vielleicht eine absolute Überlegenheit zugetraut. Aber das wäre langweilig gewesen. Er springt aus dem Stand auf das zweite Seil, über seinen Gegner, den er dann gekonnt über die Schulter zu Boden wirft. Mann, das ist erst das dritte Match und wir sehen wirklich hochklassige Matches! Dann macht Mark Davidson einfach mal ein paar Push ups im Ring, warum auch nicht, wenn man gerade Zeit dafür hat? Nun scheint er wieder die Überhand gewonnen zu haben. Doch dann steht er in der Ringecke und ist den Angriffen seines Gegners für eine Weile ausgeliefert. Wieder geht es raus in die Stuhlreihen, zurück in den Ring, es wird schneller und vom obersten Seil gibt es einen Missile Dropkick gegen Riggs, aber auch das schwächt ihn nicht genug, um ihn pinnen zu können. Ach, es ist immer wieder schön, den „Weißen Schatten“ im Ring zu sehen. Aber er schafft es trotzdem einfach nicht, Riggs drei Sekunden auf dem Boden zu halten. Was muss er denn noch tun? Erstmal tut Adam Riggs eine ganze Menge, inklusive einem Kick von schräg hinten an den Kopf, der ihm zumindest einen Pinversuch einbringt und nun den Kontrahenten sichtlich schwächt. Doch dann steht er wieder auf, bearbeitet Riggs, der auf den Ringseilen sitzt. Mit einem Superplex geht es zu Boden, Powerbomb, Pin – nein. Wie weit soll das noch gehen? Riggs zeigt sich hier von seiner besten Seite und kann schließlich den Sieg einfahren. Das kommt recht unerwartet und lässt alle ein bisschen ihre Meinung über den EPW Schüler überdenken. Aber eine Niederlage von Davidson hätte hier wohl niemand erwartet. Immerhin zollt ihm das Dojo Respekt.
Fuerza Recia kommen als nächstes. Was kann denen denn entgegenstehen, wer kann gegen sie bestehen? Niemand, wie es scheint, seitdem Baltazar Bruno und Harry William sich zu einem Tag Team zusammengeschlossen haben. Ihre Gegner hatten bereits im Januar das Vergnügen, Felix Aldea und Niche wollen es noch einmal wissen, aber ob sie dieses Mal bessere Chancen haben? Lassen wir uns überraschen. Bruno gegen Niche. Letzterer war bereits mehrfacher Tag Team Champion außerhalb des Dojos und ist ja im vergangenen Jahr sehr zur Freude des Publikums zurückgekehrt. Bruno ist einfach ein Kraftpaket, an dem alles und jeder abprallt und man weiß nicht so ganz, wie man ihn eigentlich besiegen kann. Schneller Wechsel, weil Bruno etwas angeschlagen aus dem Ring geht, er kommt aber schnell zurück und steht Aldea gegenüber. Dieser junge Mann hat in den letzten Monaten einen großen Schritt nach vorne gemacht. Etwas unvorbereitet durfte er bei Immortal Lucha Libres Eternal Rivals in den Ring gegen Lightning. Ungleicher Kampf, aber eine Feuertaufe für ihn. Seitdem hat sich einiges getan, er hat viel trainiert und sich immens verbessert. Man kann zusehen, wie dieser junge Wrestler wächst, sich selbst, seine Stärke und seinen eigenen Stil findet. Auch wenn da noch ein Weg vor ihm liegt, man sieht viel in ihm – und wir werden mit Sicherheit auch außerhalb von EPW noch einiges von ihm hören. Aber zurück in den Ring. Es geht gegen William, dann gegen Niche, es ist schnell, wird nicht langweilig, es passiert wahnsinnig viel in kurzer Zeit. Die Wechsel sind sehr schnell, die Aktionen kraftvoll, zeigen die Stärke der Wrestler beider Teams. Als Bruno Niche bearbeitet, fordert das Publikum ihn auf, mal zu lachen. Der brüllt aber lieber, schaut noch grimmiger und bearbeitet Niche weiter, der es endlich schafft, sich zu wehren und Bruno sogar auf den Boden kriegt. Das wäre eine große Chance, die er aber verstreichen lässt, stattdessen ein Wechsel auf beiden Seiten. Aldea geht schnell und agil auf William los. Was ihm an Kraft fehlt, macht er mit Schnelligkeit wett. Es sieht dieses Mal so aus, als hätten Aldea und Niche eine echte Chance gegen Fuerza Recia. Das Publikum kreischt – dann aber schlägt William Bruno, da Niche den beiden entwischt und er den Schlag nicht mehr stoppen kann. Nun spielt er mit den beiden Gegnern, die in den Ringecken stehen. Einmal mehr trifft ein Angriff Williams seinen eigenen Teamkollegen, der nun recht ausgeknockt in der Ringecke sitzt. Sehen wir heute Abend die erste Niederlage des Powerduos? Aldea bearbeitet William, muss sich dann aber angeschlagen aus dem Ring rollen. Dafür erhebt sich Bruno. Der Hüne ist mächtig wütend. Allerdings auf seinen Teamkollegen, schlägt ihm auf die Brust, schreit ihn an. Dann springt William aus dem Ring auf die beiden Gegner. Man hatte kurzzeitig erwartet, dass es anders ausgeht. Niche zeigt, was er kann, wir sehen großartige Aktionen von ihm gegen Bruno und damit schafft er es, Fuerza Recia zu besiegen. Das Dojo tobt! Keiner hätte mit diesem Sieg gerechnet!
Der Special Guest an diesem Abend ist der Mexikaner Septimo Dragon. Einen Tag zuvor hatte er im Dojo eine Lehrstunde abgehalten, die Schüler und auch dem einen oder anderen Lehrer ziemlich gut gefallen hat. Nun steht er also im Ring von EPW. Sein Gegner ist der ehemalige Champion Manu, der immer noch viel Wut mit sich herumschleppt und auf jeden Fall eine erneute Chance auf den Titel haben möchte. Septimo Dragon ist zum ersten Mal überhaupt in Puerto Rico im Ring, eine tolle Premiere. Er spielt gerne, scheint gerne diese kleine spezielle Show für das Publikum abzuziehen, eine Art, die man bei mexikanischen Wrestlern öfter sieht. Was er gut kann, sind die Sprünge. Aus dem Stand, vom Seil, auf das Seil oder darüber, aus dem Ring auf seinen Gegner. Jeder im Espiritu Fitness Center scheint auf den Beinen zu sein und begeistert einen der Wrestler anzufeuern. Es ist laut im Hintergrund, Stimmengewirr, man weiß schon, dass man da etwas Besonderes sieht und High Flyer sind ohnehin sehr beliebt. Manu scheint gar nicht viel entgegenzusetzen zu haben. Doch das ändert sich bald. Dann liegt Septimo Dragon etwas angeschlagen auf dem Ringboden und muss Schläge und Tritte einstecken, die hauptsächlich gegen die Brust gehen. Manu macht klar: Das hier ist Puerto Rico, hier weht ein anderer Wind. Kleiner Blick ins Publikum: Neben dem Ring steht Chris Mendoza, der interessiert und stellenweise fasziniert auf das Match sieht, denn da steht jemand, der für ihn eine ziemliche Inspiration war. Es ist schon schön, wenn man so eine Wertschätzung sieht und im Nachgang auch lesen kann, am Ende gibt es halt für jeden Wrestler, für jeden Trainer, egal wie lange er das schon macht, doch diese Idole und auch kleine Fanatikermomente. Septimo Dragon ist längst wieder auf den Beinen und zeigt Manu, dass der zwar große Worte spucken kann, aber jetzt doch wieder viel einstecken muss, einen Sprung auf den Rücken, German Suplex und einiges mehr. Dann aber gewinnt Manu wieder die Oberhand. Die beiden könnten vermutlich noch sehr lange so weitermachen, wenn Septimo Dragon nicht aufgeben müsste. Ein Stück weit sehr schade, aber für die Story muss das eben so sein. „Manu, Manu“ schallt es durch das Dojo und er brüllt in die Kamera, dass er diesen Gürtel wieder haben wird eines Tages.
Main Event, Titelverteidiger und Schüler Androide 787 gegen Herausforderer und Lehrer Mike Mendoza. Es geht, wie schon gesagt, nicht nur um den Titel, sondern auch um die Haarpracht – und irgendwie möchte man bei keinem, dass er seine Haare verliert, weiß im Vorfeld, wer der Verlierer sein wird und freut sich trotzdem auf diese Begegnung. Erstes Minus: Wir sehen nicht den Einzug von Mendoza, sondern ihn gleich vom obersten Seil springen und verstehen gar nicht, warum und was bis hierher passiert ist. Aber das Match startet damit, wie man an der Glocke hören kann. Mendoza präsentiert sich kraftvoll und wild entschlossen, ganz anders als bei der letzten Begegnung im Januar. Kurz darauf sehen wir von ihm einen GTS, den Androide aber abwehrt. Endlich sehen wir mal wieder ein schönes, kraftvolles Match von El Escorpion, endlich strengt er sich mal wieder ein bisschen mehr an. Nun muss er einstecken. Androide möchte seine Haare nicht verlieren, vor allem aber nicht seinen Titel. Irgendwas passiert, hier hängt die Aufnahme, Mendoza rennt auf den am Ringrand stehenden Gegner zu, fängt einen Kick ab und kickt diesem in die Fresse. Er lässt sich dafür mitten im Publikum stehend feiern. Androide liegt erstmal getroffen am Boden. Der Kommentator ist der Meinung, dass Mendoza der brutalste Wrestler in diesem Ring ist, dem würde ich mal entschieden widersprechen, aber darum geht es gerade nicht. Wenn Mendoza nicht im Ring steht, sondern zwischen Stühlen, dann weiß man, dass es ein bisschen brutaler wird, das schon, und dass seine Gegner dann meistens recht wenig zu lachen haben. Da das Publikum nicht so ganz auf seiner Seite steht, gibt es den Mittelfinger vom Meister. Es soll gegen Victor gehen, doch da ist Androide wieder da und schmettert seinerseits Mendoza gegen Stützpfeiler Victor. Das wiederum gefällt den Zuschauern. Es geht mal wieder um die Haare, Androide hat ein sicheres Ziel. Es sollen nicht seine Haare sein, die an diesem Abend fallen werden. Aber auch Mendoza gibt nicht klein bei und wirkt nun erbost. Zurück in den Ring, das wollen wir doch mal sehen, ob Du Deinen Lehrer besiegen kannst. Head lock, sehr beliebt bei Mendoza, damit hat er schon so manchem Gegner schaden und ihn besiegen können. Während Androide mit dem Fuß das Ringseil zu erreichen versucht, lässt sein Gegner das nicht zu. Die Kräfte schwinden, der maskierte und bestiefelte Ringrichter wartet auf die Aufgabe oder den Abbruch des Matches. Aber einen Drachen kriegt man so schnell nicht klein und Androide schafft es auf die Beine. An den Haaren zurückgezogen, hält Mendoza den Schüler fest. Das sieht bisher nicht so gut aus für Androide. Dieses Haarthema steht im Raum und wird recht gut eingebunden in das Match. Body Slam gegen Androide, ein Kick, Schläge, bisher sieht es so aus, als würde der Champion Titel und Haare verlieren. Mendoza lässt die Muskeln spielen. Immer noch ist es anders als beim letzten Mal, immer noch geht es viel mehr ums Wrestling als um die Show und immer noch zeigt Mendoza, dass er eben doch ein guter Wrestler ist. Für Lehrer gegen Schüler top, um nicht zu sagen, gigantisch, was wir hier zu sehen bekommen. So etwas haben wir uns gewünscht und vermisst. Androide bringt einen ziemlich interessanten Move an, der Mendoza nicht nur vom Ringseil befördert, sondern ihm auch einen Kinnhaken verpasst. Beide bleiben liegen. Dann geht es kraftvoll und schnell weiter mit Closelines, Androide wehrt sich nun, sein Lehrer ist angeschlagen. Aber beide wollen sich noch nicht geschlagen geben, rappeln sich hoch. Es ist, in meinen Augen, so etwas wie eine Meisterprüfung, die wir hier sehen, ob Androide sie besteht, steht noch nicht fest. Aber die Fans sind auf seiner Seite, ganz klar. Immer wieder gibt es Pinversuche, immer wieder tritt Mendoza aus. Dann skandiert man doch seinen Namen, als er nach Luft ringend überlegt, wie er seinem Schüler Herr werden kann. Es geht auf dem harten Boden des Studios weiter. Zurück in den Ring, erneuter Pinversuch. Aber beide sind angeschlagen, sichtlich. Androide klettert auf das oberste Seil, Mendoza springt auf, muss sich geschlagen geben, klettert dann aber seinerseits auf das oberste Seil für einen Double Stomp gegen Androide. Das könnte es gewesen sein. Im letzten Moment kickt Androide aus. Wow! Das ist ein tolles Qualitätsmatch! Der Pinversuch schlägt fehl und Androide schnappt sich den Arm seines Lehrers, um seine ohnehin angegriffene Schulter soweit zu schwächen, dass der Meister entweder nichts mehr entgegenzusetzen hat oder aufgibt. Aber nein, das ist nicht das Ende, Mendoza befreit sich. Wie so oft will Mendoza mit dem Titelgürtel zuschlagen, wird vom Ringrichter abgehalten, dann eben ein GTS, der gelingt dieses Mal, Androide wehrlos am Boden, Pinversuch, das muss es gewesen sein! Doch der Referee ist noch nicht über die Sache mit dem Titelgürtel hinweg, Strafe muss sein, er wartet mit dem Zählen, zählt dann langsam und gibt Androide somit die Chance, sich zu befreien. Mendoza kann es nicht fassen! Er geht auf den Ringrichter los, das Publikum schreit, er fragt, ob er etwas gegen ihn tun soll, was automatisch die Disqualifikation bedeuten würde. Beide ringen miteinander und geben Androide somit Zeit, sich zu erholen. Der Referee kann Mendoza von sich stoßen, der über Androide fällt, der wiederum seine Chance wittert und nutzt, Mendoza pint, der aber bei zwei auskickt. Wie wird dieser Abend enden? Wer wird seine Haare verlieren? Anstatt sich auf den Gegner zu stürzen, streitet Mendoza mit dem Publikum, lass das! Dann aber geht Androide wieder auf die Schulter los, Mendoza kann sich nicht mehr wehren, lässt sich pinnen. Ein grandioses Match! Schade um die Haare, aber ein wirklich großartiges Match! Der Schüler hat den Lehrer erneut besiegt. Dass er seine Haare verliert, ist für Mendoza ein alter Schmerz, den er nun, Jahre später erneut ertragen muss. Er wird auf einen Stuhl gehievt und verlangt ein Mikro. Er sagt, dass er die Niederlage akzeptiert, aber dass er gegen jemanden verloren hat, der großartig in diesem Ring ist. Es ein Ritterschlag für seinen Schüler. „Heute verliere ich meine Haare, aber ich verliere nicht meinen Respekt für Dich. Danke!“ Was diese Worte für Androide787 bedeuten, kann man nur erahnen. Wie ehrlich sie von Mendoza sind, steht außer Frage. Das hier ist sein Schüler und er hat ihn geführt. Die Lehrjahre sind vorbei. Die Menge schreit: „Thank you, Mike“, dann fallen die Haare. Und das fällt dem großen El Escorpion dann doch nicht so leicht, wie man meinen mag. Hier steckt viel mehr in dieser Aktion, als nur eine neue Frisur – und am Ende ist Mike Mendoza eben doch der GOAT, der Wrestling lebt und atmet und sich diesem Sport verschrieben hat mit seiner ganzen Seele, und für den eine Niederlage immer ein Schmerz bleiben wird. Gracias, Androide y Mike!
“Espiritu exists because of the dedication of Mike Mendoza, because he is creating a new generation of Pro Wrestling.”
Androide 787
Ein Kommentar