Buch: M. H. Steinmetz – 666


Lucy ist mit ihrer Band Hell’s Abyss auf dem Weg nach oben. Sie hat viel durchgemacht und nun endlich auch den Erfolg verdient. Doch nach einem Auftritt erwacht sie in einem Hotelzimmer zusammen mit einer Leiche und kann sich an nichts erinnern. Die Blackouts häufen sich und die Morde ebenso…

So ein Gothicroman ist doch mal etwas anderes, dachte ich mir, als ich zu diesem Buch griff. Eigentlich erwartete ich einen spannenden Krimi, der sich in der Gothicwelt, der Schwarzen Szene, dem Mischmasch, das heute daraus geworden ist, bewegt. Ganz davon ab ist das Buch auch nicht. Es malt den düsteren Weg einer Szene, die – das muss man leider mal so aussprechen – heute gar nicht mehr in dieser Form existiert und sich fein selbst ausgelöscht hat. Emos, Gothics, die Welttraurigkeit, schwarze Klamotten und Schminke, die irgendwann so angesagt waren, dass der Trend die Szene kaputt gemacht hat. Gothic und Schwarze Szene sind heutzutage synonym verwendet, von der Musik ausgenutzt, um jedem eine Plattform zu bieten. Die „Alten“ haben die Szene längst verlassen und trauern ein bisschen dem nach, was sie einmal gewesen ist.

Warum diese Vorrede? Weil 666 zwar ein ganz guter Thriller ist, der seine Gruselelemente hat und auch mit der Spannung nicht spart, aber einen riesengroßen Fehler hat: Das Klischee. Der Autor selbst gibt sich als ehemaliges Mitglied der Schwarzen Szene aus, berichtet von Friedhöfen und Gläserrücken, es fehlt nur noch ein bisschen mehr Satanismus in seiner Beschreibung in der Danksagung. Natürlich spielt das Pentagramm eine wundervoll wichtige Rolle. Eigentlich erwartet man ein bisschen mehr Crowley und Möchtegernsatanismus. Ganz so weit geht es dann aber doch nicht in diesem Thriller. Dennoch finde ich die Klischeesau, die durch das literarische Dorf getrieben wird, abstoßend und die vom Autor selbst gelebte Schwarze Szene durch verbreitete Vorurteile verraten und falsch dargestellt. Nun macht ja jeder seine eigenen Erfahrungen, klar, aber wer in diese Szene geht, weil es „cool“ ist, weil er sich abheben will von der Masse und deshalb nur noch schwarze Klamotten anzieht – was heute kein Alleinstellungsmerkmal mehr ist – und sich auf den Weltschmerz besinnt, der durch die Emos zu einer lachhaften „Wir machen alles zu einem Problem und lassen das Leben an uns vorbeiziehen“-Nummer ohne Tiefgang verkommen ist, wer also deshalb da rein geht, der findet sich in diesem Buch verstanden und kann sich hervorragend mit Lucy identifizieren.

Das klingt alles ein wenig fies, das ist aber gar nicht mal so gemeint. Dennoch schlagen zwei Leserherzen in meiner Brust. Man muss Steinmetz zugestehen, dass der Thriller gelungen ist und die Spannung gut aufgebaut wird. Durch Szenenwechsel und die Erzählperspektive kann man gut mit dem Leser und seiner Vorstellungskraft spielen. Glaubt man zuerst noch an einen Rausch oder Drogen, wird der Leser bald in ein ganz anderes Szenario geschmissen, das die Erklärung für manche Ereignisse parat hat, ohne jedoch den ganzen Hintergrund sofort aufzudecken. Das bringt Spannung und sorgt dafür, dass man weiterlesen möchte, ja geradezu muss. Nicht nur, weil man natürlich wissen möchte, wie es ausgeht, sondern weil man auch hinter die ganzen Ereignisse dringen und den Grund dafür erfahren möchte. Wer also Lust auf einen düsteren Thriller mit leichten Horrorelementen hat, hat hier ein gutes Buch in der Hand.

4/5

M.H. Steinmetz – 666
Papierverzierer Verlag, 2015
292 Seiten
Taschenbuch: 13,95 €
Amazon

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