Das absolute Muss für Beatles Fans – oder doch nicht?
Das Buch fasst in seiner Einleitung den historischen Kontext und den Zeitgeist der Beatles zusammen. Dabei wird insbesondere die Veränderung im Denken und Handeln zur Kriegsgeneration angeführt. Eben die namensgebende Revolution im Kopf.
Der Aufbau danach erfolgt chronologisch nach Aufnahmedatum ALLER veröffentlichten und unveröffentlichten Songs der Fab Four. Eben dieser Hauptteil ist extrem gehaltvoll, da es für jedes Stück eine Menge Informationen gibt. Klar fallen diese bei besonders bahnbrechenden Tracks größer aus, zum Beispiel bei „Tomorrow Never Knows“, werden jedoch nie unsinnig lang oder uninteressant zu lesen. Man erfährt, wer welches Instrument spielt, wann und wo aufgenommen wurde und wie die Stimmung während der Sessions war. Zudem noch viele fun facts über alles Erdenkliche … seien es Instrumente, Equipment, Motivationen für Songs. Dies kann einen vielleicht erschlagen, aber das Buch ist nichts für Beatles-Anfänger oder zwischendurch. Dem allgemeinen Tenor, unter anderem auch von Oasis-Kopf Noel Gallagher, dass es sich bei dem Werk um ein absolutes Meisterwerk handelt, kann ich nur bedingt zustimmen.
Revolution in the Head ist zum Teil fast schon im wissenschaftlichen Stil verfasst. Das ist an und für sich nicht verkehrt, aber die Sprache, die MacDonald insbesondere in der Einleitung, aber auch gerne in den Songbeschreibungen verwendet, ist sehr hochgestochen und streckenweise schwer zu verstehen und macht den Eindruck, es soll kein Buch für jedermann sein.
Zum Thema wissenschaftlich: Die Fußnoten sind selten nur Verweise auf Sekundärliteratur, sondern größtenteils relevante Ergänzungen und häufen sich so extrem, dass man mehr damit beschäftigt, ist diese zu lesen und somit der Lesefluss arg unterbrochen wird. Was wiederum weniger wissenschaftlich ist, sind die Kritiken des Autors an einigen Stücken. Gerade mein Favorit, der Liverpooler George Harrison kommt nicht sonderlich gut weg, sondern wird eher als Schwachpunkt abgetan, besonders auf dem White Album. „Let it be“ wäre nur ein schlechtes „Hey Jude“. „Helter Skelter“ klänge wie gewollt und nicht gekonnt.
Allgemein kommen die späten Jahre der Beatles nicht sonderlich gut bei Ian MacDonald an. Geschmäcker sind verschieden, aber es fehlen Begründungen, wodurch wieder dieser hochtrabende nahezu arrogante Eindruck, der auch schon durch die Sprache rüberkommt, für mich verstärkt wird. Man kann viel lernen und sehr viel Spaß haben. Man kann sich aber auch gehörig ärgern.
Meine vorliegende Fassung ist die dritte überarbeitete Version aus 2008 und umfasst fast 200 Seiten mehr als die erste Ausgabe von 1994.
2,5 / 5
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Ian MacDonald – Revolution in the Head: The Beatles‘ Records and the Sixties
Vintage, 2008
544 Seiten
Taschenbuch: 14 €
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